Österreich

Stichopfer: "Ich werde hier wie ein Täter behandelt!"

Heute Redaktion
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Im Hof eines Simmeringer Gemeindebaus soll Isa O. den Ex-Verlobten seiner Tochter Yunus E. schwer verletzt haben. Nun stand er wegen versuchten Mordes vor Gericht.

Der 57-jährige Isa O. hat 28 Jahre seines Lebens in Österreich als unbescholtener Arbeiter verbracht. Dass er am 22. Juni sein Opfer lebensgefährlich verletzte, ist ihm angesichts der ihm zur Last gelegten Anklage klar. Yunus E. (das Opfer) trägt jedoch eine gewisse Mitschuld, so der Angeklagte.

Dieser hätte nämlich nach der Trennung von seiner Tochter die Familie nicht in Ruhe lassen wollen. Nach dem Vorfall gab die jüngste Tochter des Angeklagten gegenüber der Polizei zu Protokoll: "Er terrorisierte uns mit Anrufen, SMS und per Facebook."

Angeklagter: "Ich wollte ihm eine Lektion erteilen"

Bei der geplanten Aussprache am 22. Juni zwischen Ex-Verlobten und Vater im Hof eines Simmeringer Gemeindebaus kam es zur Gewalttat. Zeugen schilderten einen Streit, bei dem Yunus E. den mutmaßlichen Täter anschrie, während dieser E. mit der linken Hand würgte und mit der rechten auf ihn einprügelte.

Isa O. erinnert sich: "Yunus war am Vormittag bei uns im Hof des Gemeindebaus. Er hat uns in den Monaten zuvor immer wieder aufgesucht. Ich hab ihn angerufen und gesagt, dass ich ihn sehen will und wir das jetzt endlich klären sollten. So konnte das nicht weiter gehen. Als der Streit eskalierte, wollte ich ihm eine Lektion verpassen, aber doch nicht ernsthaft verletzen." Letzte Konsequenz dieser "Lektion" waren vier Messerstiche.

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Yunus E. Verletzungen führten zum starken Blutverlust und einer Halsschwellung, welche die Atemwege dermaßen einengten, dass er daran fast erstickte. Mehrere Tage musste der Verletzte in der Intensivstation behandelt werden.

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Opfer: "Kann niemand verstehen, dass ich verliebt war?"

Angesprochen auf seine früheren Stalking-Tätigkeiten, fühlte sich das Opfer Yunus E. bei seiner Aussage vom Gerichtsvorsitzenden Christoph Bauer in die Ecke gedrängt. Zunächst äußerte er sich sehr zurückhaltend, verwickelte sich dann in Widersprüchlichkeiten, was zu einem emotionalen Ausbruch führte:

"Ich werde hier wie ein Täter behandelt! Wenn ich die Familie mit meiner Existenz terrorisiert haben soll, dann tut mir das leid. Merve (Anm.: Ex-Verlobte) und ich waren drei Jahre zusammen und von einem Tag auf den nächsten war sie spurlos verschwunden. Ich dachte sie wäre tot. Kann niemand verstehen, dass ich mich so verhalten hab, weil ich sie geliebt habe? Ich wollte wissen wo sie war. Ich hoffte das an diesem Tag klären zu können. Aber – ohne ein Wort zu sagen – ging der einfach auf mich los. Ich war völlig perplex."



"Herst, wüst erm umbringen!"

Zeuge Martin K. stand gerade in der Küche seiner Wohnung, als er das Geschrei des Opfers trotz geschlossenem Fenster hören konnte: "Ich weiß nicht worum es gegangen ist, das war alles auf türkisch, aber ich hatte den Eindruck, dass das Opfer ihn provozieren wollte. Er packte ihn mit der linken Hand am Hals und drückte ihn gegen die Mauer. Die Frau des Angreifers versuchte ihn zurückzuhalten, aber der war völlig außer sich. Da hab ich mir nur gedacht 'na bum, bei uns gehts wieder zua' und hab' weiter gekocht."

"Eine Minute später hab' ich noch mal hingesehen, weil das Geschrei einfach nicht nachgelassen hat. In diesem Moment konnte ich sehen, wie er auf das Opfer eingestochen hat. 'Herst, wüst erm umbringen!' hab ich runtergeschrien. Zum Glück kam dann noch sein Sohn und konnte ihn zurückhalten."

3 Jahre Haft

Das Schwurgericht entschied, dass es kein Mordversuch war. Stattdessen wurde der Angeklagte wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig.