Österreich

Wenn's in Wien kracht, sind sie gleich zur Stelle

Heute Redaktion
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Wenn es irgendwo in Wien "scheppert", tritt das Wiener Verkehrsunfallkommando auf den Plan. Die Experten rekonstruieren den Hergang und sichern Beweise.

Die 58 Beamten des Wiener Verkehrsunfallkommandos (VUK) der Wiener Polizei zählen zu jenen "stillen Helden", mit denen eigentlich niemand gerne Bekanntschaft macht – und dennoch sind alle froh, dass sie da sind.

Pro Jahr gibt es in Wien im Durchschnitt 3.500 Verkehrsunfälle mit Personenschaden. Sobald die Opfer versorgt sind, beginnen die Polizisten des VUK ihre Arbeit. Pro Einsatzwagen sind zwei Beamten – ein Wagenkommandant und ein Sachbearbeiter – im Einsatz, um Spuren zu sichern, Zeugen zu befragen und die Unfallsituation zu dokumentieren.

Spezialeinheit für Großstädte

"Die Stadt Wien hat früh erkannt, dass es vor allem in Ballungsräumen eine Sondergruppe braucht, die sich um die professionelle Aufnahme von Unfällen braucht", erklärt Chefinspektor Martin Kramser am Dienstag vor Journalisten.

Seit 2010 steht Kramser dem VUK vor. Die Dokumentation der Unfälle sei wichtig, um den genauen Unfallhergang rekonstruieren zu können und für Staatsanwaltschaft und Gericht die Beweise zu sichern.

"80 Prozent aller Verkehrsunfälle mit Personenschaden in Wien werden durch das VUK aufgenommen", erklärt Kramser. Bei den restlichen 20 Prozent handle es sich um Unfälle, wo erst Tage später Schmerzen oder Verletzungen gemeldet werden.

Experten auch bei Boots- oder Bahnunglücken im Einsatz

Zusätzlich rücken die "Sicherungsexperten" des Verkehrsunfallkommandos auch bei Bootsunfällen, Bahnunglücken oder bei "U-Bahnspringern" aus. "Glücklicherweise geschieht das aber eher selten. Die Mehrheit unserer Einsätze sind normale Auffahrunfälle mit leichten Verletzungen", ergänzt Wagenkommandant Harald Bauer.

Aktuell sind die Unfall-Beamten an Werktagen zwischen 6 und 16 Uhr mit fünf Kommandos, von 18 bis 6 Uhr mit drei Kommandos im Einsatz. An den Wochenenden sind es ebenfalls drei.

Vermessen, befragen und dokumentieren

"Zu unseren Aufgaben zählen die Vermessung der Unfallstelle und möglicher Bremsspuren, die Feststellung der Fahrbewegung der beteiligten Fahrzeuge sowie die genaue Aufzeichnung, wo diese Fahrzeuge und die Opfern aufgefunden wurden. Es ist eine Besonderheit der österreichischen Verkehrsunfallkommandos, dass die Befragung der Zeugen direkt vor Ort erfolgt und nicht erst Tage später. Denn in dieser Zeit können wichtige Informationen verloren gehen", so Kramser.

All diese Daten werden in exakten Skizzen sowie in photogrammetischen Aufnehmen festgehalten. Diese stehen dann den Sachverständigen zur Verfügung, die durch Gerichte bestellt werden.

"Zusätzlich setzen wir vermehrt auf digitale Vermessung. Derzeit sind einige Software-Programme in Evaluierung, bis Oktober oder November soll dann feststehen, welches Programm wir tatsächlich zum Arbeiten bekommen", so Kramser.

Neun Einsatzfahrzeuge für ganz Wien

Unterwegs sind die VUK-Beamten in neun adaptierten VW-Kleinbussen, etwa dem Crafter, in dem ein eigenes "mobiles Wachzimmer" untergebracht ist, von dem die Beamten im Einsatz Zugriff auf das Polizeisystem haben und so Berichte eingeben oder Zulassungen überprüfen können", erklärt der VUK-Leiter.

Vor Ort sind die Beamten mit digitaler Spiegelreflexkameras mit Spezialblitz, Massband und Messlatte sowie Kreide zur Kennzeichen gefundener Gegenstände, wie Fahrzeugteilen, ausgestattet. Im Durchschnitt dauert ein Einsatz des VUK zwei bis drei Stunden, bei großen Verkehrsunfällen können es aber auch sechs bis acht Stunden werden, berichtet Kramser.

Zu den vielen Arbeits- und Überstunden komme bei den VUK-Beamten auch die psychische Belastung dazu. "Wir sind alle keine 'harten Hund'", so Kramser. Weil die Bilder von Unfallsopfern nicht so schnell vergessen sind, stehe den Polizisten die Möglichkeit zur Supervision offen. "Aber auch mit Kollegen reden, hilft oft schon".

Polizisten appellieren: "Mitdenken"

Auf die Frage, was sich die Polizisten des VUK von den Wienern wünschen würde, antwortet Harald Bauer: "Mehr Mitdenken". Denn mehr Rücksicht aufeinander könnte viele Verkehrsunfälle verhindern.

Wenn es dennoch zu Unfällen kommt, rät Kramser dazu, mit dem Handy Bilder zu machen. Diese seien das "Um und Auf" wenn es darum gehe, einen Unfall zu dokumentieren. Die Privatsphäre Dritter gelte es dabei aber immer zu bedenken, so Kramser.