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Studentin (21) zerstückelt: Mörder will neuen Prozess

Heute Redaktion
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Knalleffekt im Fall der im Juli 2010 in Wien-Hietzing grausam getöteten und zerstückelten Studentin Stefanie P.: Der Wiener Rechtsanwalt Nikolaus Rast, der den im Mai 2011 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilten Philipp K. vertritt, hat Freitag beim Wiener Straflandesgericht einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens eingebracht.

Knalleffekt im Fall der im Juli 2010 in Wien-Hietzing : Der Wiener Rechtsanwalt Nikolaus Rast, der den im Mai 2011 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilten Philipp K. vertritt, hat Freitag beim Wiener Straflandesgericht einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens eingebracht.
Die Tat war an Grausamkeit kaum zu überbieten. In der Nacht auf den 2. Juli 2010 wurde Stefanie in der Wohnung ihres Ex-Freundes Philipp K. erstochen und anschließend zerteilt. Stefanie war gefesselt als sie an einer tiefen Stich- beziehunsgweise Schnittwunde in den Hals starb. Vorher hatte ihr der Täter nicht unmittelbar lebensbedrohliche Verletzungen im Brust- und Bauchbereich zugefügt.

Der Tod dürfte zwei bis drei Minuten nach Öffnung der Halsschlagader erfolgt sein. Möglicherweise war Stefanie P. noch am Leben, als ihr zweimal tief in die Nase geschnitten und ein Ohr abgetrennt wurde. Postmortal wurde dem Opfer eine Tätowierung mit dem Schriftzug "Philipp" aus dem Bauch geschnitten. Dasselbe traf auf Verunstaltungen der primären Geschlechtsmerkmale zu.

Leichenteile im Müll entsorgt

Die einzelnen Leichenteile warf K. dann laut Urteil in Müllcontainer in seiner Wohnhaus-Anlage. Die Höchststrafe "lebenslang" hatte das Gericht mit der "besonders grausamen, rücksichtlosen und für das Opfer qualvollen Vorgangsweise" begründet. Stefanie P. sei nach einem "minutenlangen Todeskampf" gestorben. Der Verurteilte bestritt bis zuletzt seine Schuld - er habe aufgrund seiner Alkoholisierung tief geschlafen und am nächsten Morgen die zerstückelte Leiche gefunden.

Nun zeigt sich Rechtsanwalt Rast überzeugt, dass der mittlerweile 26-jährige Jus-Student zu Unrecht verurteilt wurde. In der Hauptverhandlung sei es unterlassen worden, einen Zeugen zu befragen, der belegen hätte können, dass Stefanie P. seit längerem von einem Bekannten seines Mandanten bedroht worden war. Für Rast stellt dies eine "unentschuldbare Nachlässigkeit dar, die geeignet ist, im konkreten Fall die zu postulierende Gründlichkeit des Gerichtes bei Erforschung der materiellen Wahrheit in Zweifel zu ziehen", wie es in dem 18 Seiten umfassenden Wiederaufnahmeantrag heißt.

Studentin soll drogenabhängig gewesen sein  

Dieser Zeuge - ein 31-jähriger Bosnier - hatte in der Bundeshauptstadt Drogen verkauft und soll auch Stefanie P. mit Suchtgift versorgt haben. Der Mann behauptet, die Studentin habe ihm erzählt, dass sie von dem Bekannten ihres Ex-Freundes Philipp K. "verfolgt" werde. Er selbst habe gehört, dass der Bekannte "Russen" suche, "die jemanden umbringen". Das hat der nach Verbüßung einer Haftstrafe wegen Drogen-Delikten inzwischen wieder in Bosnien lebende Zeuge auch in notariell beglaubigten eidesstattlichen Erklärungen deponiert. Daraufhin soll er im April und Mai 2014 von vier verschiedenen, im Wiederaufnahmeantrag namentlich genannten Männern in seiner Heimat massiv bedroht worden sein.

Für Rast liegt auf Basis all dessen der Verdacht nahe, "dass Stefanie P. nicht durch Philipp K., sondern durch andere Täter umgebracht wurde". Der Anwalt geht davon aus, dass es in der Wohnung des Jus-Studenten zu Vorgängen gekommen sein muss, die dieser nicht mitbekam, weil er nach dem Konsum von Alkohol "weggekippt" und in einen Tiefschlaf gefallen sei. Als Philipp K. aus diesem aufwachte, habe er den von Personen, die nach seiner Ansicht während seines Schlafes in die Wohnung gekommen waren, zerstückelten Leichnam der 21-Jährigen entdeckt.

DNA-Spuren gefunden  

Diese Darstellung stützt Rast auf ein Gutachten des bekannten Psychiaters Reinhard Haller, der den "Lebenslangen" zwei Mal untersucht hat. Der Sachverständige hält es für möglich, "dass bei Philipp K. zur Tatzeit eine schwere Berauschung verbunden mit einem anamnestischen Syndrom vorlag", so der Anwalt. Rasts Fazit: "Unter diesen Voraussetzungen ist es daher möglich und nachvollziehbar, dass Philipp K. von der Mordtat überhaupt nichts mitbekommen hat. Diese Tat könnte von anderen Tätern begangen geworden sein, die möglicherweise von Stefanie P. in die Wohnung gelassen wurden, während Philipp K. bereits 'weggekippt' war."

Darüber hinaus weist der Verteidiger darauf hin, dass auf im Müll gefundenen Einweghandschuhen DNA-Spuren einer bisher unbekannten Frau und eines unbekannten Mannes nachgewiesen wurden. Diese wurden in jenem Container entdeckt, in dem der Torso der Ermordeten abgelegt wurde. Schließlich verweist Rast noch darauf, dass Philipp K. an einer schweren Gelenksarthrose leide. Aufgrund dessen wäre er "rein physisch gar nicht in der Lage, 200 Mal mit einem Messer zuzustechen", argumentiert der Rechtsvertreter des 26-Jährigen.

Richter entscheidet über Wiederaufnahme  

Ob die Wiederaufnahme genehmigt wird und Philipp K. tatsächlich einen neuen Prozess erhält, muss nun ein Einzelrichter des Wiener Straflandesgerichts entscheiden. Chancen darauf hat ein rechtskräftig Verurteilter dann, wenn er neue Tatsachen oder bisher nicht bekannte Beweismittel beibringt, die geeignet erscheinen, eine Freisprechung oder mildere Verurteilung zu begründen.