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Studieren in Zeiten von Corona: "Mimik fällt weg"

Studiengangsleiterin der Fachhochschule Bfi Wien Marion Roßhap (46) erzählt, wie sie die Veränderung vom Klassenzimmer auf den Laptop erlebt hat.

Heute Redaktion
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So sieht der Klassenraum online aus!
So sieht der Klassenraum online aus!
Bild: Screenshot Team

Am zehnten März erreichte Österreich die Nachricht, dass die Universitäten vorübergehend auf "E-Learning" umgestellt werden. Die Fachhochschulen bestätigten dieselbe Umstellung kurz darauf. Studenten mussten plötzlich von zu Hause aus studieren, Lehrende von zu Hause aus unterrichten.

Eine große Herausforderung, eine große Veränderung

Marion Roßhap (46), die derzeitige Studiengangsleiterin der Fächer "Arbeitsgestaltung und HR Management" und "Strategic HR Management in Europe" an der Fachhochschule des BFI Wien gibt einen kleinen Einblick in diese Veränderungen. Auch sie musste dank der Corona-Krise ins Home-Office. Lehrveranstaltungen fanden plötzlich im Online-Chat statt. In Gespräch mit "Heute" erzählt sie, wie sie persönlich und die FH mit der Krise umgegangen ist.

Wie ist die Fachhochschule mit den Umstellungen durch die Corona-Krise umgegangen? Welche Maßnahmen wurden getroffen?

Die Fachhochschule des BFI Wien hat sehr rasch auf die Corona Krise reagiert und bereits sehr früh ihren gesamten Lehrbetrieb auf "distance learning" umgestellt. Die Studierenden werden nun im virtuellen Raum durch die Lehrenden betreut. Das funktioniert großteils sehr gut, dank dem außerordentlichen Engagement unserer Vortragenden und der Flexibilität unserer Studierenden. Wichtig dabei war und ist, in engem Kontakt mit den Lehrenden und Studierenden zu stehen und so kontinuierlich Vorschläge für Verbesserungsmöglichkeiten zu erhalten. Diese greifen wir regelmäßig auf und machen so unser virtuelles Lehren und Lernen von Tag zu Tag besser.

Wie wurden die Lehrveranstaltungen weitergeführt?

Ein Großteil unserer Lehrveranstaltungen wird derzeit über Live-Stream abgehalten. Wir arbeiten unter anderem mit dem Programm Office 365 Teams. Das kann man sich wie eine Videokonferenz vorstellen, bei der Ton und Bild über den Computer übertragen werden und so ein direkter Austausch zwischen Lehrenden und Studierenden stattfindet. Zusätzlich zu den Live-Streams bekommen die Studierenden Arbeitsaufträge und wir nutzen unsere Lernplattform Moodle zum Bearbeiten der verschiedenen Lehrinhalte und Prüfungen.

Was genau heißt "virtueller Raum"? Mit welchen Tools arbeiten sie hier und wie funktioniert das?

Virtuelle Lernräume entstehen auf verschiedene Arten, manchmal strukturiert - mit Terminvereinbarungen online - wie beispielsweise während unserer online Lehrveranstaltungen, manchmal aber auch ganz spontan, wie in virtuellen Arbeitsgruppen (auch über WhatsApp) von Studierenden oder individueller Betreuung von Studierenden durch Lehrende. Damit ist unser Lehrbetrieb auch ein Abbild des Arbeitslebens, das sich in dieser Krise - aber auch weit darüber hinaus – kontinuierlich verändert: virtuelles Arbeiten, manchmal mit Arbeitskollegen, die an verschiedenen Orten der Welt sitzen, und eine zunehmende Flexibilität und Entgrenzung von Arbeit wird immer mehr zur Normalität. Diese Themen beschäftigen uns stark in unseren Studiengängen im Rahmen unseres Schwerpunkts "New Work New Business" und dem Thema neue Arbeitswelten. Daher greifen wir das Thema virtuelles Arbeiten und damit die Erfahrungen aus der derzeitigen Krise auch direkt in unserer Lehre auf.



Wie ist es Ihnen als Lehrende damit gegangen? Welches Feedback haben sie von den Studenten erhalten?

Die Umstellung auf "distance learning" hat im wahrsten Sinne des Wortes von einem Tag auf den nächsten stattgefunden. Damit war natürlich ein Sprung ins kalte Wasser verbunden, da unser regulärer Lehrbetrieb auf persönliche Betreuung von kleinen Gruppen im Lehrsaal setzt. Ich persönlich habe den Umstieg einerseits als Herausforderung empfunden, da ich mich in kürzester Zeit mit neuen technischen Werkzeugen vertraut machen musste und meine Lehrveranstaltungen so umstellen musste, dass sie mit weniger Interaktivität auskommen, als sie das normalerweise tun. Gleichzeitig macht es mir aber auch viel Spaß, da die Studierenden großteils sehr positiv auf die Live-Streams reagieren und auch im virtuellen Raum mit viel Engagement dabei sind.

Was waren bei dieser Umstellung die größten Herausforderungen?

Neben der technischen Umsetzung war für mich einerseits eine große Herausforderung darin, dass ich viel weniger direktes Feedback von Studierenden auf meinen Unterricht erhalte als im Lehrsaal: Wenn beispielsweise von den Studierenden ihre Kamera während des Unterrichts nicht aufgedreht ist, sehe ich keine Mimik oder sonstige Reaktionen. Und nicht jeder oder jede fühlt sich wohl, in einer Videokonferenz einen Kommentar vor einer großen Gruppe zu machen. Andererseits war sicher eine große Herausforderung, auf den Arbeitsaufwand für die Studierenden zu achten: Gerade bei Arbeitsaufträgen schießt man manchmal – obwohl man gute Vorsätze hat – über das Ziel hinaus.

Wie werden derzeit Prüfungen absolviert?

Neben unserem Lehrbetrieb haben wir seit Ostern an der FH auch unseren Prüfungsbetrieb auf online umgestellt. Wir arbeiten intensiv daran, alle unsere Lehrveranstaltungen und Abschlussprüfungen in unserem regulären Zeitrahmen abzuhalten und diese nicht in den Sommer zu verschieben. Eine besondere Herausforderung bei online abgehaltenen Prüfungen ist, dass die Lehrenden nur schwer überprüfen können, welche Unterlagen zur Beantwortung der Fragen genutzt werden – Stichwort Schummeln. Dem begegnen wir, indem wir unsere Prüfungsfragen noch stärker als in der Vergangenheit auf Verständnis und Anwendung beziehen, als reine Wissensfragen zu stellen. Damit bereiten wir, meines Erachtens nach, Studierende auch durchaus besser auf die Herausforderungen der Arbeitswelt vor.

Was konnten Sie persönlich als Lehrende mitnehmen oder von dieser Krise lernen?

Ich denke, dass wir aus dieser Krise viele Erkenntnisse und Erfahrungen für die Zukunft mitnehmen können: Einerseits hat es sich gezeigt, dass für manche ausgewählte Inhalte Online-Formate sehr gut geeignet sind, um diese den Studierenden näher zu bringen. Durch unseren regelmäßigen Austausch mit den Studierenden verstehen wir immer besser, wie wir auf die Bedürfnisse von Lernenden – gerade wenn sie, wie in meinen Studiengängen der Fall, berufsbegleitend studieren – eingehen können und dabei die Lernziele erreichen. Wir werden diese Erkenntnisse dazu nutzen, in der Zukunft tragfähige und langfristige Lösungen für ausgewählte Online-Lehrformate zu entwickeln. Andererseits habe ich persönlich als Lehrende aber auch als Mutter, die in dieser Krise ihre Kinder im Home Schooling unterstützt, sehr klar erkannt, dass man ein besonderes Augenmerk auf den Arbeitsaufwand und eine ausgewogene Intensität zwischen verschiedenen Arbeitsaufträgen legen sollte.