Experte im Interview

"Support-Teams" sollen bei Schul-Chaos in Wien helfen

Familiennachzug, Sprachprobleme, überforderte Lehrer. Das Schulsystem hat mit vielen Problemen zu kämpfen – Experte Thomas Bulant mahnt Lösungen ein.

Thomas Peterthalner
"Support-Teams" sollen bei Schul-Chaos in Wien helfen
Pflichtschul-Gewerkschafter Thomas Bulant (FSG)
Denise Auer

Pro Monat müssen 350 Flüchtlingskinder in den Wiener Schulen untergebracht werden. Der Platz wird knapp, zum Teil wird in Containerklassen unterrichtet. Durch Sprachprobleme wird es schwierig den Unterrichtsstoff zu vermitteln. Denn schon jeder dritte Erstklässler spricht schlecht Deutsch. Welche Maßnahmen nun dringend nötig wären, erklärt nun Pflichtschulgewerschafts-Vizechef Thomas Bulant (FSG) im "Heute"-Interview.

Problem Familiennachzug?

Da möchte ich widersprechen, weil diese Kinder, die hier nachziehen, die Grundproblematik nicht erst bilden, sondern eigentlich nur verstärken. Die Grundproblematik ist, dass wir einfach viel zu wenige Lehrpersonen in unserem System haben, um allen Problemen, allen Herausforderungen gerecht zu werden."

Zuviel für eine Lehrerin

"Mit dieser Bandbreite, und da kommen noch chronisch kranke Kinder, kriegstraumatisierte Flüchtlingskinder dazu, sonderpädagogisch zu betreuende Fälle, das kann nicht eine Lehrkraft alleine mehr erledigen. Das muss diese Republik endlich mal verstehen, wenn sie ein Interesse hat an der Zukunft dieses Landes."

"System rotiert um Belastbarkeits-Grenze"

"Zusätzliche Schüler erleichtern natürlich nicht die tägliche Arbeit. Wir haben aber auch davor schon die Grundprobleme gehabt, dass zum Beispiel unser hervorragendes, sonderpädagogisches System um die Belastbarkeits-Grenze rotiert, wir fast keine Förderlehrerinnen mehr zur Verfügung haben. Weil jeder Krankenstand, jede frei werdende Klasse durch Pensionierungen, muss durch diese Lehrerinnen abgedeckt werden."

"Brauchen Support-Teams!"

Wir brauchen hier ganz einfach Support-Teams, die die Schule so unterstützen, dass die immer weniger werdenden Lehrkräfte sich wirklich auf den Unterricht, auf die Erziehung, auf die Beziehungsarbeit konzentrieren können. Dann werden wir alle wieder miteinander glücklicher sein und die Republik wird später einmal mit diesen Investitionen heute die beste Wirtschaftsförderung gemacht haben und die beste Absicherung aller sozialen Netze.

Unterricht trotz Sprachproblemen?

Auch das erleichtert natürlich die tägliche Arbeit nicht – und das, was wir uns wünschen: den Kindern die Freude am Lernen zu geben, die Grundkompetenzen zu vermitteln. Das baut natürlich auf einer praktischen und auf einer soziale Intelligenz auf – und auf einen sprachlichen Grunderwerb, der in der Elementarpädagogik gelegt wird, wenn die Familien auslassen.

Thomas Bulant beim Interview in der "Heute"-Redaktion.
Thomas Bulant beim Interview in der "Heute"-Redaktion.
Denise Auer

Haben es Frauen in Schulen schwerer?

Das ist keine Frage, ob Mann oder Frau. Das ist eine Frage der Persönlichkeit. Sie werden sehr viele Lehrerinnen finden, die mit Vätern überhaupt kein Problem haben. Sie werden da oder dort vielleicht sogar einen Lehrer finden, der sich vor einer Mutter glaubt fürchten zu müssen. Weil viele unserer Lehrerinnen auch in dieser Beziehungsarbeit mit den Eltern eigentlich einer vollkommen praxisuntauglichen Ausbildung auf diese Situationen nicht vorbereitet werden.

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    Unsplash / Leserreporter

    Auf den Punkt gebracht

    • Das Wiener Schulsystem kämpft mit Platzmangel und Sprachproblemen, da jeden Monat 350 Kinder untergebracht werden müssen und jeder dritte Erstklässler schlecht Deutsch spricht
    • Laut Thomas Bulant von der Pflichtschulgewerkschaft fehlt es an Lehrern, um den Herausforderungen gerecht zu werden
    • Er plädiert für Support-Teams, um Lehrkräfte zu entlasten und sich auf Unterricht und Erziehung zu konzentrieren
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