Gesundheit

Tablet & Co im Kleinkindalter hat psychologische Folgen

Kleine Kinder mit Smartphone oder Tablet zu beruhigen oder zu beschäftigen, wenn sie anstrengend sind, hat Folgen für ihre psychologische Entwicklung.

Sabine Primes
Es ist bunt, bewegt sich und macht Geräusche: Digitale Geräte üben eine Faszination aus.
Es ist bunt, bewegt sich und macht Geräusche: Digitale Geräte üben eine Faszination aus.
Getty Images

Kinder zu erziehen ist eine komplexe und manchmal überwältigende Aufgabe, die einem alle psychischen Reserven abverlangen kann. Liegen die Nerven blank, sucht man verzweifelt nach etwas, das das Kind beruhigt und – im besten Fall – auch einige Zeit beschäftigt. Mobile Geräte wie Smartphone oder Tablet haben sich da als durchaus wirksam entpuppt. Der Bildschirm ist bunt, bewegt sich und macht Geräusche – und erlangt so die Aufmerksamkeit des Kindes. Aber Allheilmittel ist ist das keines, wie eine neue Studie zeigt. Denn tatsächlich wird das Kind von der frustrierenden Situation zwar abgelenkt, lernt aber nicht das, was es lernen soll – nämlich mit dem Gefühl der Frustration umzugehen.

Mit Emotionen umgehen lernen

Welchen Einfluss mobile Geräte auf die Emotionsregulierung von Kleinkindern haben, untersuchten nun Forscher der Universität von Michigan (USA). Dazu untersuchten sie die Antworten von 422 Eltern und Betreuungspersonen, um festzustellen, wie wahrscheinlich es ist, dass sie Geräte zur Ablenkung nutzen, und wie gestört das Verhalten ihres 3- bis 5-jährigen Kindes über einen Zeitraum von sechs Monaten war. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift JAMA Pediatrics veröffentlicht.

Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass die häufige Verwendung von Mobilgeräten zur Beruhigung von Kleinkindern deren Möglichkeiten zum Erlernen von Strategien zur Emotionsregulierung im Laufe der Zeit verdrängen kann. Daher sollte man alternative Beruhigungsmethoden fördern. "Wenn Sie sehen, dass Ihr 3- bis 5-jähriges Kind einen schwierigen emotionalen Moment hat, es schreit und weint, um sich schlägt oder tritt ... Wenn Ihre Strategie darin besteht, sie abzulenken oder sie mit Hilfe von Medien zur Ruhe zu bringen, dann deutet diese Studie darauf hin, dass das auf lange Sicht nicht hilfreich ist", so die Hauptautorin der Studie, Dr. Jenny Radesky, Kinderärztin für Entwicklungsverhalten.

Begrenzte Bildschirmzeit

Es gibt zwei Probleme mit der Ablenkung durch Medien: Zum einen wird dem Kind die Möglichkeit genommen, zu lernen, wie es auf schwierige Emotionen reagieren kann, und zum anderen wird es darin bestärkt, dass das Zeigen schwieriger Emotionen ein wirksames Mittel ist, um zu bekommen, was es will", meint Radesky.

Die Studie deckt sich mit den aktuellen Empfehlungen der American Academy of Pediatrics, der American Academy of Child and Adolescent Psychiatry und der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass Kinder im Alter von 2 bis 5 Jahren nur eine sehr begrenzte Bildschirmzeit haben sollten.

Nur in ausgewählten Momenten mit ausgewählten Inhalten

Die Studie besagt nicht, dass man ein Kind niemals mit Medien ablenken sollte, aber die Momente sollten ausgewählt sein. "Wenn Sie eine lange Autofahrt vor sich haben oder viele Besorgungen machen und Ihr Kind ruhig halten müssen, kann es hilfreich sein, das Kind mit Medien zu beschäftigen", so Radesky.

Und es gibt Inhalte, die Kinder direkt auf ihre Emotionen ansprechen – wie "Der kleine Tiger Daniel". In der Serie geht es darum, Kindern Lösungen für Alltagsprobleme näherzubringen und für sie verständlich zu machen. Jede Episode besteht aus zwei Geschichten, die beide dieselbe Moral enthalten, die in Liedform und manchmal auch in Reimen erklärt wird.

Wenn Eltern überfordert sind

Kinder zu erziehen ist eine komplexe und manchmal überwältigende Aufgabe und keine Betreuungsperson wird in der Lage sein, ihrem Kind immer alles zu geben, was es möchte, sagt Radesky. Fühlen sich Eltern mit ihrem Kind überfordert, kann der Kinderarzt ein erster Ansprechpartner sein. Die Säuglings-Kleinkind-Eltern Psychotherapie an der Sigmund Freud Universität in Wien etwa ist eine psychoanalytische Methode, um frühe Belastungen und Störungen rechtzeitig und am Ort ihres Entstehens aufzufangen.