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Jergitsch: "Dankbar sind wir Kickl deshalb nicht …"

Heute Redaktion
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Nein, diesmal rettet Lugner die Welt nicht gemeinsam mit Oma Putz – die haben andere Pläne. Dafür enthüllt die Tagespresse alles über "Schwarz-Blau", was wir verschwiegen haben.

Nicholas Ofczarek ist ein hipper Burschenafter mit Influencer-Qualitäten, Eva G. spielsüchtig und Peter Pilz einer, der seine Wähler auf Parship sucht. Unzensuriert und schonungslos deckt das Tagespresse-Rechercheteam um Mastermind Fritz Jergitsch ab 14.2. auf, wie die Regierung den Sozialstaat abbaut – und die Opposition sich selbst. Wir haben die Spaßmacher in ihrem neuen Büro in Wien-Margareten besucht und mit ihnen über Herbert Kickl, Gratismedien und das neue Bezahlmodell gesprochen,

Interview mit dem Team der Tagespresse

"Heute": Die brennendste Frage: Rettet Lugner im neuen Programm wieder die Welt, diesmal vielleicht sogar gemeinsam mit Oma Putz?



Tagespresse: Nein, leider nicht, da es jetzt ja ein neues Setting gibt. Dafür sind via Einspieler u.a. Manuel Rubey, Erwin Steinhauer, Antonia Stabinger und Nicholas Ofczarek dabei. Letztere ist ein hipper Burschenschafter, der Influencer wird.

"Heute": In "Schwarz-Bla unzensuriert" decken Sie laut Pressetext auf, was wir Massenmedien der Welt denn vorenthalten. Zum Beispiel?

Tagespesse: Dass die JVP wie eine Sekte funktioniert. Und wir haben Material von H.C. Sprache ausheben lassen, um seinen Werdegang investigativ zu beleuchten. Und dann sind da ja auch noch die spielsüchtige Eva G. und Peter Pilz, der auf Parship Wähler sucht. Das Stück ist eine Bestandsaufnahme des Status Quo, wir sezieren intensiv, wie die aktuelle Regierung Östererich prägt und wir schauen uns an, wie es zu diesem Oppositionsversagen kommt. Und natürlich geht's um die Rolle der Medien, das Zusammenspiel zwischen ihnen und der Politik, das den Staat als solches und die Meinungsbildung sehr prägt.

"Heute". Sind Sie Herbert Kickl eigentlich dankbar? Er ist er wohl maßgeblich für Ihren monatlichen Gehaltscheck verantwortlich…

Tagespresse: Ja, das wäre die zynische Sichtweise. Wahrscheinlich wären wir ihm in 20 Jahren dankbar. Dann wären wir schon so lange in dem Biz, dass wir nur noch zynisch sind.

"Heute": Gibt's einen spürbaren Zusammenhang zwischen politischem Radau und Ihren Zugriffszahlen?



Tagespresse: Ja. Wenn politisch mehr passiert und wir dann auch mehr zu sagen haben, das eine gewisse Relevanz hat, dann merken wir das bei den Klicks und Abonnenten, die wir dazubekommen.

Was Sie immer schon über "Schwarz-Blau" wissen wollten

"Heute": Hat sich die Umstellung aufs Bezahlmodell rentiert?



Tagespresse: Absolut. Das Ziel war ja, dass wir uns als Satiremedium erhalten können und uns von den Lesern abhängig machen – statt von Facebook und Google. Das ist gelungen. Wir haben 3.000 Abonnenten und beobachten, dass das sehr gut angenommen wird.

"Heute": Was hat sich dadurch an Ihrer Arbeitsweise geändert?

Tagespresse: Unser Grundaufgabe ist die gleiche geblieben: Wir wollen gute Satire für Österreich machen und den Machthabern und der Gesellschaft den Spiegel vorhalten. Aber: Die Neufinanzierung ermöglicht uns, diese Aufgabe noch besser zu erfüllen. Wir achten jetzt noch ein bissl genauer auf die Qualität der veröffentlichten Inhalte. Wenn wir wissen, dass die Leute zahlen, haben wir ein schlechtes Gewisssen, wenn's nicht wirklich gut ist.

"Heute": Wie äußert sich diese vermehrte Achtsamkeit?

Tagespresse: Wir gehen nicht mehr so in die Breite. Früher haben wir die Klicks gebraucht, jetzt können wir mehr für die Abonnenten schreiben. Wir hören mehr auf Intuition. Wenn wir den Witz gut finden, machen wir ihn. Auch, wenn wir damit nur eine Nische bedienen. Es muss nicht mehr alles viral werden.

"Heute": Was hat Sie kürzlich erheitert?



Tagespresse: Die PKW-Maut und die Geschichte des Seeleoparden, der einen USB-Stick verschluckt hat, der jetzt im Kot gefunden wurde. Darauf sind Bilder von Seeleoparden. Das ist die Geschichte des Jahres 2019.

"Heute": In einem Interview beklagten Sie, dass es Gratismedien nicht darum gehe, eine gute Zeitung zu machen, sondern nur um die Reichweite. Warum reden Sie dann mit mir?



Tagespresse: Wenn wir die Arroganz hätten, uns nur mit Medien zu unterhalten, die unsere Qualitätskriterien erfüllen, dann wären das null. Man muss dazu sagen: Wir waren ja auch ein Gratismedium und haben von Inseraten gelebt. In Österreich gibt's ja fast keine Bezahlmedien und da sieht man halt schon sehr, dass die Themensetzung nicht auf Relevanz abzielt, sondern auf Klicks. Wenn die "Bild" wochenlang von einem Buben im Loch berichtet, kann's nur um Klicks gehen. Warum sonst sollte man diese pietätlosen Bilder der weinenden Eltern bringen? Das hat nichts mehr mit Journalismus zu tun. Die Klicks sind viel relevanter geworden, als der journalistische Anspruch. Wenn wir als Tagespresse Headlines parodieren, kriegt jedes Blatt sein Fett ab. Wir machen keine moralisierende Kritik, sondern wir setzen beim Grundproblem an. Und das ist im digitalen Kapitalismus eben jenes, dass Klicks generiert werden müssen. Und das machen die Medien. Ein gutes Beispiel ist "The Time Magazin". Es ist unerträglich geworden! Sie machen nur noch emotionalisierenden Dreck online, um ihren Werbeetat auszubauen. Dafür müssen sie sich harte Kritik gefallen lassen.

"Heute": Ihre Voraussetzung für eine Sendung im ORF (eine Staffel lief 2017, Anm.) war, ein Format zu finden, das den Charakter Ihres Produkts "unangetastet" lässt. Ist das gelungen?



Tagespresse: Ja, aber wir haben gemerkt, dass wir ein Onlinemedium sind und Fernsehen ein ganz anderes Metier ist, wo man eine ganz andere Herangwehensweise braucht. Wir sind mit dem ORF im Guten auseinandergegangen und konzentrieren uns jetzt wieder auf die Webseite und machen nebenbei Bühnenprojekte.

"Heute": Wie hoch waren die Produktionskosten für eine Folge?



Tagespresse: Wir nennen keine Zahlen. Aber wir hatten ein Budget vom ORF, das waren so in etwa drei Kantinengutscheine.

HIER gibt's alle Infos zu "Schwarz-Blau unzensuriert" im Wiener Rabenhof, HIER geht's zur Tagespresse