Österreich

Tanner: "80 % interessiert Herkunft des Essens"

Heute Redaktion
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Bild: Gabriele Moser

Nö. Bauernbunddirektorin Klaudia Tanner (VP) spricht im Interview über Herkunftskennzeichnung, Gemeinschaftsverpflegung, Wertschätzung und Stadt-Land.

"Heute": Der Bauernbund und die Landwirtschaftskammer treten aktuell recht offensiv für die Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln in der Gemeinschaftsverpflegung auf. Wieso?

Klaudia Tanner: Das ist bereits eine langjährige Forderung unsererseits. Heute werden schon mehr als 50 % der Mahlzeiten außer Haus verspeist. Ein Großteil ist in der Gemeinschaftsverpflegung, also in Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern oder Pflegezentren. Hier wollen wir, dass die Herkunft von Fleisch und Eiern auch für die Konsumenten transparent gemacht wird. Acht von zehn Österreicher wollen wissen, woher ihr Essen kommt. Besonders dort, wo sie nicht selbst die Wahl haben, wo sie bei Chefkoch oder Wirt nachfragen können, wollen wir ansetzen.

"Heute": Hat Niederösterreich bei der Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung eine Vorreiterrolle?

Tanner: Ja, in den Einrichtungen des Landes – Landhausküche, alle Kliniken und Pflegeheime, die Landwirtschaftlichen Fachschulen sowie die höheren Bundeslehranstalten Sitzenberg, Wieselburg und Klosterneuburg sind schon Partner der Initiative "Unser Essen. Gut zu wissen, wo's herkommt" und machen die Herkunft sichtbar. Wir setzen uns nun dafür ein, dass diese Praxis auch bundesweit verankert wird. Bei unserem Aktionstag am 20. Oktober vor Supermärkten, bei Direktvermarktern und Großküchen-Partnern werden wir daher Unterschriften für die „Gut zu wissen"-Aktion sammeln. Man kann übrigens auch online unterschreiben auf www.gutzuwissen.co.at.

"Heute": Dürre, Wetterkapriolen, Borkenkäfer – die Bauern haben mit vielen Widrigkeiten zu kämpfen und es gibt im Vergleich zu früher nicht mehr viele Landwirte. Milch zum Beispiel kostet nur 1 Euro, in Aktion oft nur 50 Cent pro Liter. Kann man als Bauer noch ordentlich wirtschaften bzw. überleben? Und was bräuchte es für Maßnahmen, dass Landwirte ordentlich (über)leben können?

Tanner: Nur mehr 4 % der Erwerbstätigen in Österreich sind in der Landwirtschaft tätig: 4 % versorgen aber 100 % mit hochqualitativen, nach höchsten Standards produzierten Lebensmitteln. Was unsere Landwirte brauchen sind echte Preise. Wir wollen auch eine echte Partnerschaft mit Handel und Konsumenten und einen fairen Anteil an der Wertschöpfungskette. Und was man sagen muss: Schlussendlich haben es auch die Konsumenten in der Hand - sie entscheiden mit jedem Griff ins Regal, wie Landwirtschaft von morgen aussieht.

"Heute": Sie sind seit März Abgeordnete zum NÖ Landtag und da auch VPNÖ-Bereichssprecherin für den Ländlichen Raum. Was möchten Sie da gerne in Bewegung bringen?

Tanner: Es ist mir wichtig, dass wir das Leben in den ländlichen Regionen lebenswert erhalten. Das beginnt bei der regionalen Nahversorgung im Gesundheitsbereich (Stichwort: Hausärzte) und reicht bis zur technischen Anbindung bei Mobilfunk und im Breitbandausbau. In den ländlichen Gebieten müssen wir die gleichen Chancen haben wie in der Stadt, nur so kann Abwanderung verhindert werden. Überhaupt ist es mir in meiner Tätigkeit als nö. Bauernbunddirektorin ein Anliegen, Brücken zwischen Stadt und Land zu bauen und einen Dialog zwischen landwirtschaftlichen Produzenten und den Konsumenten zu schaffen. Und ich möchte für unsere Bauern daran mitarbeiten, dass sich die Wertschätzung, die sie für ihre hochwertigen und qualitativen Produkte bekommen, auch in der Wertschöpfung widerspiegelt.

(Lie)