Wien

Tatortreiniger: "Toter lag ein Jahr lang in Wohnung"

Ein Profi-Reiniger erzählt, warum man nie mit Wasser aufwischen sollte, wenn ein Toter am Boden lag – und warum viele Menschen nicht vermisst werden. 

Thomas Peterthalner
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Tatortreiniger in einer Wohnung in Wien. 
Tatortreiniger in einer Wohnung in Wien. 
AK Tatortreinigung

Andreas Karwas betreibt seit zehn Jahren eine Tatortreinigungs-Firma in Wien-Wieden. Der 59-Jährige reinigt Wohnungen nach Verbrechen und Selbstmorden – rückt aber am häufigsten wegen Verstorbenen aus, die einfach niemanden abgegangen sind und zufällig entdeckt werden. Jede Woche werden in Wien etwa drei Personen gefunden, die über eine längere Zeit unentdeckt in der Wohnung lagen. Im Frühjahr gibt es besonders viel zu tun. Denn im Winter konserviert Kälte die Leichen, verhindert oft, dass sich üble Gerüche ausbreiten. Das passiert dann erst, wenn es wieder wärmer wird.

Nie mit Wasser aufwischen

"Ich habe schon einiges erlebt und schreibe gerade ein Buch darüber", so Karwas zu "Heute“. "Bei der Reinigung kommt es darauf an, wo der Tote liegt. Es macht einen Unterschied, ob es im Bett oder am Fußboden ist. Den Boden mit Wasser aufwischen ist keine gute Idee, da das Blut verdünnt und verteilt wird bzw. in Zwischenräume eindringt. "Der Geruch kehrt dann zurück, man muss den Boden rausreißen. Wir spritzen Desinfektionsmittel und Geruchsbeseitiger in die Ritzen." In "zwei bis drei Wochen" sollte sich dann jeglicher Gestank verflüchtigt haben.

Niemand vermisste Seemann

Einige Fälle sind Karwas besonders in Erinnerung geblieben, wie jener eines einsamen Seemanns: Schon vor ein paar Monaten wurde eine Wohnung in Wien geöffnet, weil der Mieter schon lange nicht mehr gesehen wurde. "Der Mann lag ein Jahr lang tot in seiner Wohnung." Ein volles Einkaufssackerl stand im Wohnzimmer, auf dem Kassazettel war das Datum.“ Der Pensionist, ein ehemaliger Matrose ohne Angehörige, verstarb im Badezimmer. "Die Wohnung war neu renoviert und sehr gut abgedichtet. Im Bad lief die Lüftung. Er lag auf den Fliesen, die Badezimmertüre war zu", erklärt Karwas. Deshalb habe niemand seinen Tod bemerkt. "Der Geruch zog über die Lüftung ab, es gab keine Fliegen. Auf den Fliesen waren die Umrisse des Toten."

Die Tatortreiniger bei der Arbeit.
Die Tatortreiniger bei der Arbeit.
AK Tatortreinigung

Bis zu fünf Wohnungen pro Woche

Karwas und sein Team reinigen drei bis fünf Wohnungen pro Woche. Wie lange die Reinigung dauert, hänge davon ab, was passiert sei. "Eine Waffe im Bett ist etwas anderes als ein Mord mit einer Schrotflinte." Oft werde beim Reinigen auch vieles zum Tathergang klar.

Einsatz ab 500 Euro

"Wir arbeiten mit Handschuhen und im Schutzanzug. Man muss aufpassen, dass man nicht mit Viren oder Bakterien über Aerosole in Kontakt kommt. Viele Verstorbene waren krank. Die Luft wird mit Ozongeneratoren gereinigt." Normalerweise wird ein Tatort von einem Zweier-Team gereinigt. "Einer steht bei der Leiche, der Zweite hilft ihm mit Putz- und Desinfektionsmitteln und Werkzeugen, tauscht das Wasser." Ein Einsatz kostet normalerweise zwischen 500 und 1.500 Euro. Ein Einsatz mit sieben Mitarbeitern nach einem Mord auf einem Schloss in Niederösterreich war bisher der größte Fall des Unternehmens. "Das kostete damals 8.000 Euro", so Karwas.

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