Österreich

Taylan: "Nach Streit in der Familie war ich obdachlos"

Heute Redaktion
14.09.2021, 00:51

Die Caritas ist auf der Suche nach leistbarem Wohnraum für Menschen, die sich teure Mieten nicht leisten können. "Heute" hat mit Betroffenen gesprochen.

Steigende Mieten und hohe Betriebskosten bringen immer mehr Wiener in große Bedrängnis – auch viele Junge sind betroffen. Bereits ein Drittel der Menschen, die sich wegen akuter oder drohender Wohnungslosigkeit an die Caritas wenden ist heute unter 30 Jahre alt. "Heute" hat mit Betroffenen gesprochen.

Taylan, 23 Jahre

"Nach einem Streit in meiner Familie stand ich plötzlich ohne zu Hause da. Meine erste Anlaufstelle waren Freunde, dann lebte ich auf der Straße, dann folgte die Gruft." Jetzt lebt der Wiener im JUCA-Haus für Junge Erwachsene der Caritas. "Das größte Hindernis für mich, warum ich keine Wohnung finde, ist das Geld - das ist das Problem."

Philip, 21 Jahre

Auf die Frage warum er seit einem halben Jahr im JUCA-Haus ist, sagt er zu "Heute": "Ich bin zu Hause rausgeflogen, habe zwei Monate auf der Straße gewohnt, danach habe ich eine Woche bei meiner Großmutter am Boden geschlafen. Über einen Freund, der hier selbst gewohnt hat, habe ich vom JUCA-Haus gehört." Philip hat Lücken in seinen Meldungen, das bedeutet, eine Gemeindewohnung kommt nicht für ihn in Frage.

Gesundheitliche Probleme erschweren ihm das Leben zusätzlich. "Eine private Wohnung kommt nicht in Frage, die ist einfach zu teuer." Gesund werden und dann eine Arbeit suchen - zwei Ziele, die Philip bald erreichen will. Zur Wohnraumsuche-Aktion der Caritas Wien hat er eine ganz persönliche Meinung: "Ich finde, die Caritas sollte das eigentlich gar nicht machen müssen. Das sollte die Aufgabe der Politik sein."

Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien sprach mit "Heute" über die aktuelle Situation: "Wir sehen, dass immer mehr Menschen von Problemen rund ums Wohnen betroffen sind und suchen deshalb dringend leistbaren Wohnraum. Das ist ein Appell an alle Wiener, an Wohnungseigentümer, an Hausbesitzer, Immobilienmakler und Unternehmer, diese andere, vielleicht neue Form des Spendens in Betracht zu ziehen. Nämlich: Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Nicht kostenlos, aber zu leistbaren Preisen."

Zu wenig leistbare Wohnungen

Die Caritas Wien bot allein im Vorjahr knapp 1.282 Beherbergungsplätze und Notquartiersunterkünfte für Mütter und Kinder sowie für obdachlose Menschen an. In den letzten eineinhalb Jahren gelang es der Caritas, immerhin 281 Menschen in Privatwohnungen in Wien und Umgebung unterzubringen. Zusätzlich leben 426 Männer, Frauen und Kinder in so genannten Startwohnungen der Caritas. „Doch worum es uns noch stärker gehen muss als bisher, ist, Menschen dabei zu helfen, wieder eine Wohnung am privaten Wohnungsmarkt zu finden", so Schwertner.

Gestiegene Wohnungspreise Schuld

Doch klar ist auch: "Dieses Angebot reicht nicht aus. Die Nachfrage nach leistbaren Wohnungen ist deutlich größer als das Angebot. 1700 Menschen aus Einrichtungen der Caritas oder die von der Caritas betreut werden, könnten in eine neue Wohnung einziehen. Aber sie können es nicht, weil es nicht ausreichend leistbaren Wohnraum gibt."

Aufruf an Besitzer leerstehender Wohnungen

Die Caritas Wien verstärkt das Projekt "Wohnraumsuche". Nach den Caritas-Institutionen in der Steiermark und Vorarlberg werden nun auch in Wien leerstehende, leistbare Wohnungen gesucht. Kleine, abgeschlossene Wohneinheiten mit Kochmöglichkeit und Bad ab 25 Quadratmeter für mindestens fünf Jahre sollen es sein. Viele Betroffene haben nur ein niedriges oder geringes Einkommen - hohe Mieten können sie sich einfach nicht leisten.

Infos zur Aktion finden sie auf der Caritas-Homepage.

(stebo)

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