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Terror-Opfer müssen Taxi-Kosten selbst zahlen

Die Einladung zur Gedenkfeier für die Opfer des Anschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt sorgt bei den Hinterbliebenen für Empörung.

Heute Redaktion
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Die ersten Zeilen sind einfühlsam, der Berliner Bürgermeister wählte seine Worte für die Einladung an die Angehörigen der zwölf Todesopfer und die etwa 50 Verletzten sorgfältig. Zum ersten Jahrestag des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt wird am Berliner Breitscheidplatz der Gedenkort enthüllt. Seine Gedanken und die der Berliner seien jeden Tag bei den Hinterbliebenen und Verletzten, schreibt Berlins Bürgermeister Michael Müller.

Doch auf seinen Brief folgt ein Anhang, der einigen Terror-Hinterbliebenen sauer aufstößt. In mehreren Punkten wird die Erstattung der Anreisekosten erklärt. "Bild.de" liegt das Schreiben vor. Darin heißt es etwa:

"Taxikosten werden nicht erstattet! Es müssen öffentliche Verkehrsmittel benutzt werden." Dabei sei immer das preislich günstigste Verkehrsmittel zu wählen.

Bei Anreise mit einem privaten PKW nach Berlin werden Ihnen 0,20 Euro pro gefahrenen Kilometer erstattet.

Kosten für eine Privatfahrt werden nur bis zu dem Betrag erstattet, der nicht höher ist als der für ein Zug- oder Flugticket.


"Noch zum Schmerz beigetragen"

Yaron, der Schwager einer beim Anschlag getöteten Israelin, kann es nicht fassen: "Sie wollen nur Geld sparen, alles war sehr kalt. Sie haben nicht versucht, uns zuzuhören oder unsere Bedürfnisse zu verstehen. Die Behörden haben mit ihrem Verhalten noch zu unserem Schmerz beigetragen", sagt er zu Bild.de.

Auch Silvia B., eine der Verletzten, hat Mühe mit dem Formular. "Gerade jetzt, wo sich herausstellt, dass die Behörden und somit der Staat eklatante Fehler gemacht haben, eine Mitschuld tragen, hätte ich mehr Grosszügigkeit erwartet", sagt sie.

Senatssprecherin Claudia Sünder bedauert gegenüber der Zeitung den durch die Regeln "möglicherweise entstandenen Eindruck". Das "zugegeben sehr sachliche" Formular sei aber "haushalts- und verwaltungsrechtlich notwendig".

Treffen mit Merkel "zu spät"

Zum Jahrestag durften die Hinterbliebenen außerdem die deutsche Bundeskanzlerin treffen. Für einige fand dieses Treffen jedoch viel zu spät statt: So empfanden manche, dass sie ein Jahr lang warten mussten, bis sich Merkel Zeit für sie nahm.

Das Treffen selbst soll unspektakulär gewesen sein: Die deutsche Bundeskanzlerin habe eine kurze Rede gehalten, mit ein paar Hinterbliebenen geredet und Beschwerden gesammelt. Ein Angehöriger: "Sie sagte nichts Besonderes. Aber sie versuchte, freundlich zu sein."

Im Herbst 2018 möchte sich die Kanzlerin erneut mit den Hinterbliebenen treffen. Dort möchte sie dann über die umgesetzten Änderungen von der Bundesregierung berichten.

Terror in Berlin

Der Islamist Anis Amri war am 19. Dezember 2016 mit einem Lastwagen in den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz gerast. Er tötete elf Menschen mit einem gestohlenen LKW und erschoss dessen Fahrer. Etwa 50 Menschen wurden verletzt. (slo/kko)