Wirtschaft

Tiktok, Lieferando & Co. – neue Player mischen EURO auf

Seit Corona gehen die Digital-Giganten so richtig app: Mit prall gefüllten Börserln schnappten sich Lieferando, Tiktok und Co. die UEFA als Partner.

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Lieferando-Bandenwerbung beim Fußball-Leckerbissen Ungarn-Frankreich in Budapest.
Lieferando-Bandenwerbung beim Fußball-Leckerbissen Ungarn-Frankreich in Budapest.
Pressesports / EXPA / picturedesk.com

Vor allem für Firmen mit starkem Digital-Konzept waren die vergangenen 15 Monate mit den zahlreichen Lockdowns und Kontaktbeschränkungen ein echter Volltreffer. Das zeigt sich nun auch eindrücklich bei der EURO und dort ganz speziell an der Bandenwerbung. Bisher eher unbekannte Firmen wie Alipay, Hisense, Vivo, aber auch der Social-Media-Gigant Tiktok und der Bestelldienst Lieferando  gehören mittlerweile zu den größten Partnern des Turniers.

Lieferando mit prall gefüllter Kasse

"Just Takeaway Food" mit Sitz in den Niederlanden, in Österreich bekannt als Lieferando.at, steigerte seinen Umsatz während der Corona-Krise 2020 um mehr als die Hälfe auf gut 2,4 Milliarden Euro. Lieferando, das Kunden per App oder Web die Möglichkeit bietet, online Essen nach Hause zu bestellen, konnte mit prall gefüllter Corona-Kriegskasse (588 Millionen Bestellungen im Krisenjahr) nun in die Vollen gehen und sicherte sich die Partnerschaft an insgesamt elf UEFA-Wettbewerben, einer davon ist die EURO.

CEO Jitse Groen: "Just Eat Takeaway.com bietet Fans eine unkomplizierte Möglichkeit, Essen zu bestellen, während sie gleichzeitig den größten Fußballstars Europas zuschauen.”
CEO Jitse Groen mit seinen Fahrradkurieren
CEO Jitse Groen mit seinen Fahrradkurieren
zVg

Lieferando setzt auf Marketing-Schlacht

Lieferando spielt auch im Marketing auf Pressing. Durch breitflächige orangefarbene Bandenwerbung bei den EM-Leckerbissen hofft man, die Expansion weiter vorantreiben zu können. 

Umfragen über Essens-Vorlieben

Der guten Stimmung tut dies derweil keinen Abbruch: Lieferando kocht Restaurant-Partner, Fans, Journalisten (auch "Heute" war zu einem EM-Match nach Bukarest eingeladen) mit rund 2.000 Tickets ein; Kunden hatten bei Verlosungen die Chance, an eine der begehrten Karten zu kommen. Garniert wird die Offensive mit regelmäßigen Umfragen. Wenig überraschend steht die italienische Küche (Pizzen) und Cola ganz oben als liebste Match-Unterlage der Österreicher. Das wird sich am kommenden Samstag (der ÖFB kämpft im Achtelfinale gegen Italien ums Weiterkommen) wohl noch steigern.

Tiktok als Vorreiter

Mit ähnlichem Offensivspiel agieren auch andere Firmen – etwa Tiktok. Die Video-App aus China ging als erste digitale Unterhaltungsplattform eine Partnerschaft mit dem europäischen Fußballverband UEFA ein. Als EM-Sponsor sind der Tiktok-Schriftzug und das Logo mit der Achtelnote bei jedem Spiel an den Banden zu sehen.

Auch auf der App begleitet Tiktok das Turnier mit AR-Effekten und interaktiven Formaten wie Hashtag-Challenges, Tiktok Lives und Sounds, wie eine Sprecherin gegenüber der Schweizer Newsplattform 20 Minuten sagte. Auf der Plattform sei Sport im Allgemeinen und Fußball im Besonderen ein wichtiges Thema (siehe Box).

"Tiktok hilft dem Image der UEFA"
Auf TikTok sind über 400 Verbände, Vereine und Spieler aus Europa dabei. So hat etwa Sergio Ramos, der große Abwesende im spanischen EM-Team, 5,6 Millionen Follower. Auch die Berner Young Boys mit 136.000 und der FC Basel mit 25.000 Followern nutzen TikTok. Martin Steiger von der Digitalen Gesellschaft findet die Partnerschaft mit der UEFA ideal. "Tiktok lebt zum Großteil davon, dass Nutzer ihren Alltag und ihre Meinungen in kurzen Filmen teilen. Da sind Clips mit Fussballern, Eigengoals oder dem Greenpeace-Aktivisten im Stadion perfekt. Und schließlich hat jeder eine Meinung über Fussball und kann mitdiskutieren", so Steiger. Außerdem sei Tiktok für die UEFA ein Partner ohne Risiko. "Tiktok ist sehr clean und Anstößiges wird schnell entfernt. Das hilft dem Image der UEFA", so Steiger. Laut einer Untersuchung von Datareportal aus 2020 hat TikTok etwa 800 Millionen Nutzer.

Als offizieller UEFA-Partner will Tiktok laut eigener Aussage neue Zielgruppen auf die Plattform aufmerksam machen. Was die chinesische Firma fürs Sponsoring zahlt, gibt sie nicht bekannt. Laut Martin Steiger von der Digitalen Gesellschaft kann sie sich das aber leisten, weil die Nutzerzahlen der Plattform in den letzten Jahren explodiert seien.

Chinesische Firmen am Vormarsch

Tiktok ist allerdings nicht die einzige chinesische Firma, die sich das leisten kann und nun bei der EM allgegenwärtig ist. War 2016 nur der TV-Hersteller Hisense dabei, ist nun neben Tiktok auch der Handyhersteller Vivo offizieller Sponsor der laufenden EM. Hisense sowie die Ali Baba Group mit ihrer Tochterfirma Ant Group, die den Bezahldienst Alipay betreibt, sind zudem Sponsoren der UEFA-Nationalteams an der EM.

Dass der Fußballverband mittlerweile bereits vier von zwölf Partnern hat, die aus China stammen, sei der Verschiebung der Wirtschaftskraft von West nach Ost geschuldet, sagt Steiger. "Die chinesischen Unternehmen haben oft schon Hunderte Millionen Nutzer in China und treiben jetzt die internationale Expansion voran", so Steiger.

"Asien ist fußballverrückt"

Die Schwellenland-Expertin Christa Janjic-Marti, Partnerin bei der Beratungsfirma WPuls AG, erklärt das Engagement der chinesischen Firmen mit der Fußballbegeisterung in Asien. "Es gibt kaum fußballverrücktere Länder als in Asien. Sie lieben die großen europäischen Klubs wie Manchester United oder Real Madrid und deren Stars, die jetzt bei der EM spielen", sagt sie. Auch Chinas Präsident Xi Jinping gilt als absoluter Fußball-Fan.

Deshalb glaubt sie auch nicht, dass sich die Werbung der chinesischen Firmen an europäische Fußballfans richtet. "Das beweisen auch die chinesischen Schriftzeichen an der Bandenwerbung. Damit wollen die Firmen die chinesischen Fußballverrückten erreichen", so Janjic-Marti.

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    Österreichs EM-Sommermärchen 2021 in Bildern.
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