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Timoschenko kommt vor EM nicht frei

Heute Redaktion
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Bild: EPA

Weiter Streit um Timoschenko: Die Ukraine hat Juristen aus den EU-Staaten als Beobachter zum Prozess gegen die in Haft erkrankte Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko (51) eingeladen. Ministerpräsident Nikolai Asarow wies am Dienstag in Brüssel den Vorwurf zurück, die Regierung von Präsident Viktor Janukowitsch gehe mit politisch motivierten Prozessen gegen die Opposition vor.

In Kiew verschob ein Gericht die Prüfung des Urteils gegen Timoschenko auf den 26. Juni. Damit gilt eine Freilassung der 51-Jährigen, wie sie international gefordert wird, noch vor der gemeinsam mit Polen ausgetragenen Fußball-Europameisterschaft als ausgeschlossen. Timoschenkos Anwalt Sergej Wlassenko kündigte an, den Fall nun direkt vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu bringen. Die Straßburger Richter können aber nur prüfen, ob die Rechte der Politikerin beachtet wurden.

Behandlung abgebrochen

Timoschenko brach unterdessen aus Protest gegen die Veröffentlichung ihres Therapieplans die Behandlung durch einen Berliner Arzt ab. Die Behörden in Charkow hätten mit der Bekanntgabe gegen ihre Rechte verstoßen, teilte die Ex-Regierungschefin mit. Die Leitung des Krankenhauses wies die Vorwürfe zurück. Der Neurologe Lutz Harms kündigte an, die Ukraine zu verlassen. Eine Kollegin werde ihn ersetzen, sagte der Arzt der Berliner Klinik Charité. Der Wechsel habe nichts mit Timoschenkos Behandlungsunterbrechung zu tun.

Nach Gesprächen mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton und EU-Kommissar Stefan Füle sagte Regierungschef Asarow in Brüssel, vor dem Gesetz seien "alle gleich" - auch Timoschenko. Die Politikerin habe "eindeutig" gegen Gesetze verstoßen. Niemand werde in der Ukraine aus politischen Gründen verfolgt, sagte Asarow. "Wir erwarten, dass die Ukraine mit politisch motivierten Prozessen und der selektiven Anwendung der Gesetze aufhört und die Unabhängigkeit der Justiz herstellt", erwiderte Füle. "Wir wollen eine starke Beziehung zu einem wichtigen Land", unterstrich auch Ashton.

Der dänische Außenminister und EU-Ratsvorsitzende Villy Sövndal sagte: "Die Ukraine muss sich unseren Werten verpflichtet fühlen. Und es ist sehr einfach, das zu zeigen: Beispielsweise mit dem Verzicht auf selektive Justiz und durch freie und faire Parlamentswahlen."

In Kiew warf die Verteidigung von Timoschenko der Justiz vor, angesichts politischer Drohungen der EU vor der Fußball-EM im Juni auf Zeit zu spielen. Mehrere westliche Politiker hatten angekündigt, der Ex-Sowjetrepublik wegen des umstrittenen Umgangs mit Timoschenko fernzubleiben. Auch die EU-Kommission hatte geschlossen einen Reiseverzicht zur Euro 2012 erklärt.

Gasvertrag mit Russland als Stein des Anstoßes

Timoschenko will unter Berufung auf Verfahrensmängel erreichen, dass die im Oktober 2011 verhängte siebenjährige Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs aufgehoben wird. Bei dem international umstrittenen Prozess geht es um Gasverträge, die Timoschenko 2009 mit Russland geschlossen hat - angeblich zum Nachteil der Ukraine.