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Tote, Vermisste – "Wasser-Bombe" verwüstet Italien

Nach einer Rekord-Dürre wird Italien derzeit von extremen Niederschlägen getroffen. Zahlreiche Menschen starben in einer Sturzflut.

Leo Stempfl

Die anhaltende Hitze im Rekord-Sommer 2022 sorgte dafür, dass sich das Mittelmeer auf Badewannen-Temperatur aufheizte. Was für viele Urlauber womöglich sogar als angenehm empfunden wurde, wird nun, im Herbst, brandgefährlich. Denn aktuell zieht aus Richtung Norden ein kräftiges Tief in den Süden, die Schneefallgrenze in Österreich sinkt auf bis zu 1.200 Meter – mehr dazu hier.

Dieser erste Kaltlufteinbruch sorgt typischerweise für schwere Gewitter, erklärte UBIMET-Meteorologe Nikolas Zimmermann gegenüber "Heute". Lokale Wetterdienste warnten vor Regenmengen von bis zu 300 Litern pro Quadratmeter, in Kroatien waren sogar Tornados möglich. Schwer getroffen hat es letztlich die gesamte Adria-Region.

Halbjahres-Niederschlag innerhalb weniger Stunden

In der kroatischen Ortschaft Čazma blieb am Donnerstagnachmittag kein Stein auf dem anderen. Dächer und sogar ganze Lastwägen fegte der Orkan davon. Ein Video zeigt, wie dutzende Menschen auf der Suche nach Schutz vor dem Monsun-Regen fliehen.

Wie nun bekannt wurde, hat sich auch über dem italienischen Zentralraum ein heftiges Unwetter gebildet. In der Ortschaft Cantiano in der Provinz Pesaro sind dabei rund 400 Liter pro Quadratmeter innerhalb weniger Stunden gefallen. Zum Vergleich: Normalerweise fallen in der Region auf das gesamte Jahr gerechnet nur rund 700 Liter. Bis vor wenigen Tagen herrschte in der Region eine akute Dürre.

Sturzflut

Die Folgen sind fatal: Eine extreme Sturzflut und Hochwasser haben dutzende Autos mit sich gerissen. Die Straßen waren teilweise meterhoch unter Wasser. Bäche wurden zu reißenden Flüssen, wie die Amateuraufnahmen eindrücklich zeigen. Anwohner liefen panisch im hüfthohen Wasser und fragten nach verbliebenen Menschen in den Autos.

Bürgermeister Riccardo Pasqualini blieb nichts anderes mehr übrig, als zu beten. "Gott, hilf uns", wird er in der "Corriere della Sera" zitiert. Die Comune di Barbara schreibt auf Facebook, dass die Schulen geschlossen bleiben, über 20 Gemeinden sind an den Einsätzen beteiligt. Sogar die Telefonleitung ist beschädigt, was die Situation zusätzlich erschwert. Über dem Fluss Misa sind mehrere Brücken eingestürzt.

Wie die italienische Feuerwehr auf Telegram schreibt, sind auch in der Provinz Ancona rund 180 Feuerwehrleute im Einsatz. Verstärkung musste sogar aus der Provinz Venetien anrücken. Dutzende Menschen mussten von Hausdächern und sogar von Bäumen gerettet werden.

Zehn Tote, zahlreiche Vermisste

Stefano Stefoni, Direktor für Zivilschutz und Sicherheit der Region Marche, berichtet der Agentur "LaPresse" von insgesamt Zehn Todesopfern, die die "Wasser-Bombe" bisher gefordert habe. Fünf weitere gelten als vermisst, darunter eine Mutter mit ihrem 8-jährigen Kind. Die Mutter konnte Freitagfrüh in Castelleone gerettet werden, ihr Kind wird allerdings nach wie vor vermisst bestätigt die Feuerwehr.

Weil auch am Freitag und am Samstag keine Entspannung in Sicht ist, könnte diese Zahl noch beträchtlich steigen. Es drohen abermals extreme Unwetter mit Starkregen, Riesenhagel und Tornados. Ursache ist, dass das Mittelmeer derzeit nach wie vor außergewöhnlich warm ist, in manchen Regionen beträgt die Wassertemperatur 28 Grad. Ab 26 Grad Oberflächentemperatur brauchen Gewitter keine Sonne mehr, um Energie aufzunehmen.

Video: So kommen neue Unwetter zu uns

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