Wien

Trotz Demenz bekam Frau (58) nur 157 Euro Pflegegeld

Elisabeth P. erkrankte vor einigen Jahren an schwerer Demenz. Trotzdem hatte sie nur Pflegestufe eins. Die Volksanwaltschaft setzte sich für sie ein.

Heute Redaktion
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Die Pflegestufe wird bei Demenzkranken nicht immer korrekt eingeschätzt. Je geringer die Pflegestufe ausfällt umso höher ist nachher der Aufwand für die Angehörigen. 
Die Pflegestufe wird bei Demenzkranken nicht immer korrekt eingeschätzt. Je geringer die Pflegestufe ausfällt umso höher ist nachher der Aufwand für die Angehörigen. 
Getty Images/iStockphoto (Symbolfoto)

Elisabeth P. ist kein Einzelfall,  Menschen mit Demenz werden von den Pflegekassen oftmals falsch eingestuft, sagt die Volksanwaltschaft. Körperlich wären sie in der Lage, sich um sich selbst zu kümmern - aber geistig sind sie es nicht. Der Fall von Elisabeth P. aus Sarleinsbach im Mühlviertel (OÖ) beschreibt den Grundkonflikt bei der Einstufung von pflegebedürftigen Demenzkranken.

Die 58-jährige Altbäuerin leidet seit drei Jahren unter Demenz, die nach einem Autounfall aufgetreten ist und sich seitdem schleichend verschlechtert hat. Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder, lebt mit ihrem Ehemann im gemeinsamen Haushalt. Er übernimmt derzeit den Hauptteil der Betreuung. Nach einem Gutachten wurde ihre Pflegestufe herabgesetzt, ihr Zustand habe sich verbessert, so die Einschätzung des Gutachters.

In Zukunft werden immer mehr Österreicherinnen und Österreicher mit der Frage nach der Pflege ihrer dementkranken Angehörigen konfrontiert sein. Allein in Wien gibt es derzeit rund 30.000 Demenzbetroffene. Bis zum Jahr 2050 rechnet die Stadt mit einer Verdopplung der Zahl.

Herabstufung der Pflegestufe war für die Angehörigen nicht nachvollziehbar

Der Volksanwalt Bernhard Achitz konnte für die Demenzkranke nun einen Teilerfolg erzielen, nachdem sich die erschöpfte Tochter nach jahrelanger Pflege an den Anwalt gewandt hatte. Die von ihm angeregte neuerliche Begutachtung durch einen Facharzt brachte der schwer Demenzkranken einen Aufstieg von Pflegestufe eins in vier. Mit Pflegestufe vier erhält Elisabeth P. nunmehr 677,60 Euro monatlich – statt wie bisher 157,30 Euro in Pflegestufe eins.

Das Beschwerdeaufkommen betreffend Pflegegeldeinstufungen ist ungebrochen hoch, informiert das Büro des Volksanwalts. Ein beträchtlicher Teil der Beschwerden betreffe nach wie vor die Einstufung von kognitiv und/oder psychisch schwer beeinträchtigten Personen, insbesondere auch Demenzkranke und Menschen mit Mehrfachschwerstbehinderungen.

"Oft entsprechen Pflegegeldeinstufungen von geistig oder psychisch schwer beeinträchtigten Menschen bei weitem nicht der zeitlichen und psychischen Belastung, die mit ihrer Betreuung verbunden ist“, so die Einschätzung des Anwalts.

Die Qualität der Gutachten muss dringend verbessert werden

In Österreich gibt es sieben Pflegestufen. Der leichte Pflegeaufwand im Umfang von mehr als 65 Stunden pro Monat wird mit 157,30 Euro netto vergütet - der höchste Betreuungsaufwand in Stufe sieben mit mehr als 180 Stunden Pflegestunden pro Monat entspricht einem Pflegegeld von 1.688, 90 Euro.

Hier findest du einen Überblick über die Pflegestufen in Österreich: meinpflegegeld.at/pflegestufen/

Auch wenn ihre körperlichen Fähigkeiten noch vorhanden sind – die Demenzkranke Elisabeth P. kann sie nicht mehr korrekt einsetzen und benötigt erhöhten Unterstützungsbedarf. Pflegegeldeinstufungen sehen über solche Zusammenhänge oftmals hinweg. Auch der seit 2009 bestehende Erschwerniszuschlag für geistig oder psychisch schwer beeinträchtigte Personen hat die Situation kaum verbessert.

Der tatsächliche Pflegebedarf wird von den Pensionsversicherungen meist verkannt

Die Verkennung des Pflegebedarfs ist zum einen auf die oft mangelhaften Kenntnisse medizinischer Sachverständiger über die Auswirkungen der geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen auf den Pflegebedarf und zum anderen auf die Einstufungsverordnung selbst zurückzuführen.

Hier sind der Volksanwalt Optimierungsbedarf: "Die Regeln, mit denen die Höhe des Pflegegelds festgelegt wird, zielen auf körperliche Beeinträchtigungen und Erkrankungen ab. Psychische Beeinträchtigungen wie Demenz werden nicht ausreichend berücksichtigt, obwohl die Betroffenen viel Pflege brauchen", kritisiert Bernhard Achitz.

Fehleinschätzung aus Gründen der Höflichkeit

Wie kommt es nun zu diesen Fehleinschätzungen? Werden Demenzkranke selbst befragt, schätzen sie ihre Selbstständigkeit oft höher ein, als sie tatsächlich ist – während sie ihren Pflegebedarf wiederum als niedriger einstufen, als er der Realität entspricht, so Bernhard Achitz.

Zweitens seien Angehörige im Beisein ihrer demenzkranken Eltern oder Partner gern rücksichtsvoll und möchten der Einschätzung des Demenzkranken nicht widersprechen – eine getrennte Befragung wäre hier hilfreich, so Achitz, um ein realistisches Bild zu erlangen. 

Drittens werden die Begutachtungen oft von Allgemeinmedizinern vorgenommen, während eher Fachärzte aus der Neurologie und Psychiatrie über jene erforderlichen Fachkenntnisse verfügten, um die Auswirkungen der Beeinträchtigungen auf den Pflegebedarf richtig einschätzen zu können.

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