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Wegen Tschernobyl-Feuer flammen alte Ängste auf

Heute Redaktion
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Seit mehreren Wochen brennen Wälder und Wiesen in der verstrahlten Sperrzone von Tschernobyl. Ausgerechnet am Jahrestag der schwersten Katastrophe in der zivilen Nutzung der Atomkraft flammen alte Ängste wieder auf.

Am 26. April 1986 ereignete sich das Reaktor-Unglück des Atomkernkraftwerks Tschernobyl nahe der ukrainischen Stadt Prypjat. Angesichts der seit Wochen rund um die Ruine wütenden Waldbrände schlagen Umweltschützer Alarm. Riesige Flächen sind bereits verkohlt.

"Gefahr besteht noch immer"

Die Feuer in der Sperrzone wühlen die radioaktiven Rückstände auf und tragen weiter zu deren Verbreitung bei. "Die Brände rund um das Atomkraftwerk Tschernobyl zeigen neuerlich – die Gefahr einer neuerlichen radioaktiven Belastung Europas besteht noch immer", warnen Umweltschützer vom Anti-Atom-Komitee.

Mehr als 1.000 Einsatzkräfte sind vor Ort. Armee und Nationalgarde helfen den Feuerwehrleuten im Kampf gegen das Feuer. Die Böden dort sind verseucht mit radioaktiven Stoffen.

"Die verheerenden Feuer zeigen, wie lange die Menschheit mit den gefährlichen Folgen von Atomunfällen zu kämpfen hat", erklärt der Greenpeace-Atomphysiker Heinz Smital. Die Brände seien beunruhigend. Menschen könnten die strahlenden und giftigen Partikel einatmen.

Vor allem in der Ukraine ist die Angst groß. Die Hauptstadt Kiew mit ihren mehr als drei Millionen Einwohnern liegt nur 70 Kilometer von der Sperrzone entfernt. Tagelang hielten sich Rauch und Brandgeruch in der Stadt. Den offiziellen Informationen traut kaum jemand. Es sei unklar, ob die Feuerwehr ausreichend Schutzkleidung zur Verfügung habe.

Luftmassen erreichen Europa

"Große Mengen an radioaktivem Cäsium 137 und Strontium 90, die bei der Atomkatastrophe freigesetzt wurden, sind in Bäumen gespeichert. Fast 50 Prozent dieser Stoffe werden beim Verbrennen wieder freigesetzt, durch die Hitze in hohe Luftschichten transportiert und bis nach Europa verfrachtet", sagt Manfred Doppler vom Anti Atom Komitee.

Das französische Institut für Strahlenschutz (IRSN) hat festgestellt, dass diese Luftmassen bereits weite Teile Europas erreicht haben. "In Österreich seien aber noch keine erhöhten Werte gemessen worden. Allerdings gibt es bei den Messungen einen gewissen Schwankungsbereich", so Manfred Doppler weiter.

Block Vier explodierte 1986

Bei einem missglückten Leistungstest im Kraftwerk explodierte am 26. April 1986 Block Vier der sowjetischen Anlage. Tausende Menschen starben oder wurden verletzt.

Zehntausende mussten das Gebiet verlassen. Viele Einsatzkräfte erkrankten an Krebs oder erlitten Schlaganfälle und Infarkte. Auch Erblindungen und andere strahlungsbedingte Krankheiten traten auf.