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Türkei droht Griechen: Ägäis "griechisch besetzt"

Heute Redaktion
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Türkische Kriegsschiffe und Kampfjets gebaren sich in der Ägäis und im östlichen Mittelmeer immer aggressiver. Besonders der Ton gegenüber Griechenland wird martialischer.

Nach dem erfolgreichen Einmarsch in der nordsyrischen Kurden-Provinz Afrin tritt die Türkei auch im Mittelmeer militärisch zunehmend aggressiver auf. Besonders in der Ägäis kommt es immer wieder zu Zwischenfällen durch türkische Kampfjets gegenüber griechischen Flugzeugen.

Die griechischen Ägäis-Inseln liegen zum Teil nur wenige Kilometer vom türkischen Festland entfernt. Auf diese wirft der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nun offenbar ebenso ein Auge wie auf Seegebiete vor der Küste Zyperns, in denen Rohstoffvorkommen vermutet werden.

Ägäis-Inseln für Türkei nur griechisch "besetzt"

Ein Minister sprach kürzlich im türkischen Parlament laut einem "Standard"-Bericht nicht mehr von griechischen sondern von "besetzten Inseln" in der Ägäis, die eigentlich der Türkei gehörten. Ihre Zahl schwankt wild zwischen 17 und 132.

Ihre Ansprüche untermauert die Türkei mit immer aggressiveren Manövern ihrer Kriegsschiffe und Kampfjets. Zuletzt versuchten türkische Jets den Hubschrauber des griechischen Armeechefs Alkiviadis Stefanis auf dem Weg von der kleinen Insel Ro nach Rhodos abzudrängen. Die griechische Luftwaffe ließ daraufhin Kampfjets aufsteigen, um die türkischen Flugzeuge zu "verscheuchen".

Grenzverletzungen nehmen zu

Solche "Dogfights" sind Alltag, ihre Zahl hat jedoch deutlich zugenommen. Um 200 Prozent mehr Luftraumverletzungen im vergangenen Jahr und 600 Prozent mehr Vorfälle auf See mit der Türkei registrierte der Generalstab der griechischen Armee, gemessen am Durchschnitt der Jahre seit 2010.

Auch vor der Küste Zyperns gebärden sich die türkischen Streitkräfte zunehmend aggressiv gegen vermeintliche Verletzungen. Türkische Kriegsschiffe drohten im Februar ein Bohrschiff des italienischen Mineralölkonzerns Eni vor Zypern zu versenken.

Verurteilung durch EU-Rat

Der EU-Rat hat die türkischen Aktionen nach seinem Gipfeltreffen am Donnerstag als "illegal" verurteilt. Eine Entspannung zwischen den beiden NATO-Mitgliedern Griechenland und Türkei scheint aber nicht in Sicht.

Im Gegenteil: "Erdogans Rhetorik und Taten haben ein höchst unsicheres Umfeld geschaffen. Wir haben in unserer Region in der jüngeren Geschichte nichts Vergleichbares gesehen", sagt Nikolas Katsimpras, ein Professor für Konfliktforschung an der New Yorker Columbia Universität und ehemaliger griechischer Marineoffizier gegenüber dem "Standard".

Kriegsgefahr so hoch wie 1996

Die griechisch-türkischen Beziehungen seien jetzt auf ihrem tiefsten Punkt seit 1996, als die beiden Länder wegen der Inselfelsen Imia beinahe einen Krieg begannen. Das Risiko eines militärischen Konflikts sei beachtlich, sagt Katsimpras: von der Türkei entweder absichtlich herbeigeführt aus strategischen Überlegungen oder aber wegen eines Zwischenfalls, der außer Kontrolle gerät. Davor warnt auch Griechenlands Verteidigungsminister Panos Kammenos: "Wir sind sehr nahe an einem fatalen Unfall." (red)