Politik

Türkisch-Matura: Sogar Mikl-Leitner ist dafür

Heute Redaktion
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ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner kann sich Türkisch als Fremdsprachen-Maturafach vorstellen. "Wenn man es als Fremdsprachen-Fach lernt, habe ich damit kein Problem", so die konservative Politikerin vor dem Ministerrat. Ihr Parteichef, Vizekanzler Michael Spindelegger, ist dagegen nicht begeistert.

ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner kann sich vorstellen. "Wenn man es als Fremdsprachen-Fach lernt, habe ich damit kein Problem", so die konservative Politikerin vor dem Ministerrat. Ihr Parteichef, Vizekanzler Michael Spindelegger, ist dagegen nicht begeistert.

Unvorstellbar wäre es für Mikl-Leitner, in Türkisch anstatt in Deutsch zu maturieren, also das Maturafach Deutsch zu ersetzen oder die Matura gänzlich auf Türkisch abzulegen. Hier gelte weiterhin der Integrationsansatz der ÖVP, dass Deutsch absolute Priorität habe. Aber Türkisch als Fremdsprachenfach findet sie in Ordnung. Auch ihr Parteifreund, Integrationsminister Sebastian Kurz, ist für ein Maturafach Türkisch. SPÖ-Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek sowieso.

Spindelegger: Erdogan-Effekt

Ganz im Gegensatz zu Vizekanzler Michael Spindelegger. "Nur weil Erdogan (der türkische Premier Recep Tayyip) nach Österreich kommt, brauchen wir uns nicht irgendeine Diskussion aufzwingen zu lassen", so Spindelegger. Kanzler Werner Faymann legte sich nicht fest und gab die Frage weiter an seine Unterrichtsministerin.

FPÖ bangt ums Niveau

Für die FPÖ wäre Türkisch als Maturafach sowieso "ein Schlag ins Gesicht jeglicher Integrationsbemühungen". Damit würde nicht Schülern mit türkischer Muttersprache der Zugang zur Bildung erleichtert, sondern die Reifeprüfung verwässert, so FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz. "Bei einer Einführung von Türkisch als Maturafach würde das Niveau der Gymnasien und anderen maturaführenden Schulen sehr darunter leiden."

Fremdsprachen gleich viel "wert"

Der Verein Wirtschaft für Integration unterstützt dagegen die Forderung nach einer Türkisch-Matura: "Warum sollten Französisch oder Latein mehr wert sein als Bosnisch/Kroatisch/Serbisch, Polnisch oder eben Türkisch? ", hieß es von Seiten des Vereins.

Drei Viertel der AHS-Direktoren dafür

Rund drei Viertel der AHS-Direktoren sprechen sich für Türkisch als Fremdsprachen-Maturafach sowie die Einführung eines Lehramtsstudiums Türkisch an einer österreichischen Universität aus. Das zeigt eine Umfrage der Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch unter 50 Schulleitern.

Für Türkisch als Maturafach plädierten 36 der 50 Direktoren (72 Prozent), für das Lehramtsstudium Türkisch 38 (76 Prozent). Nach Bundesländern betrachtet gab es nur in Kärnten keine Mehrheit für eine Türkisch-Matura (drei Direktoren dafür, drei dagegen).

Was dafür spricht

Die meisten Direktoren rechnen bei einer Erweiterung des Fremdsprachenlehrplans mit einem positiven Effekt für die Grammatik und den Wortschatz der Jugendlichen. Außerdem ist die gute Beherrschung der Muttersprache Voraussetzung für das Erlernen weiterer Sprachen, so das Argument. Eine Türkisch-Matura schafft den Rektoren zufolge auch einen Anreiz zu höherer Bildung.

Was dagegen spricht

Als Gegenargumente werden die zu geringe Bedeutung von Türkisch genannt sowie die Schwierigkeit, eine neue Sprache in der Organisationsstruktur von Schulen zu verankern. Nur drei Direktoren befürchten eine Abkapselung von Schülern.

Mehr Zustimmung als erwartet

Für SOS-Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak sind die Ergebnisse der Umfrage "wesentlich klarer ausgefallen als erwartet". Insbesondere an Schulen mit einem hohen Anteil an türkischsprachigen Schülern herrsche große Offenheit, die Potenziale der Jugendlichen zu fördern und voll auszuschöpfen. "Um allfälligen Missverständnissen gleich vorweg vorzubeugen: Kein einziger Schüler soll davon entbunden werden, Deutsch und Englisch zu lernen. Es geht allein darum, den Schülern die Chance zu geben, ihre oft nur umgangssprachlichen Muttersprachenkenntnisse zu vertiefen und auf Fremdsprachenmaturaniveau zu bringen."
Im Gegensatz zu anderen Migrantensprachen wie etwa Russisch, Polnisch oder Bosnisch-Kroatisch-Serbisch gibt es eine Türkisch-Matura derzeit nur als Schulversuch am Abendgymnasium Henriettenplatz in Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus. Insgesamt sprechen laut Statistik Austria 6.300 Schüler in Oberstufenklassen an maturaführenden Schulen (AHS, Berufsbildende Höhere Schule/BHS) neben Deutsch auch Türkisch.