Welt

Über 100 Tote bei türkischem Drohnenangriff in Syrien

Unter den Opfern des Angriffs befinden sich auch Zivilisten. US-Kampfflugzeuge haben versehentlich eine türkische Drohne über Syrien abgeschossen.

20 Minuten
Bei den Angriffen in der Region Idlib wurden mindestens 14 Zivilisten getötet.
Bei den Angriffen in der Region Idlib wurden mindestens 14 Zivilisten getötet.
REUTERS

Bei einem Drohnenangriff auf eine Militärakademie im Zentrum Syriens sind nach Angaben von Aktivisten am Donnerstag mehr als Hundert Menschen getötet worden. Unter den Opfern seien mindestens 14 Zivilisten, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstag mit. Demnach erfolgte der Angriff auf die Akademie in der Stadt Homs, als dort gerade Offiziere ernannt wurden. Bei Drohnenangriffen der türkischen Armee auf Ziele im Nordosten Syriens wurden nach kurdischen Angaben derweil neun Menschen getötet.

Die Beobachtungsstelle sprach außerdem von mehr als 125 Verletzten in Homs. Die in Großbritannien ansässige oppositionsnahe Einrichtung stützt sich auf ein breites Netzwerk von Informanten. Ihre Angaben lassen sich oftmals nicht unabhängig überprüfen.

Zunächst bekannte sich niemand zu dem Angriff. Die syrische Armee machte "terroristische Organisationen" dafür verantwortlich. Die Attacke sei durch "mit Sprengstoff beladene Drohnen" direkt nach dem Ende der Abschlussfeier für die Offiziere verübt worden. Die Armeeführung verurteilte den "feigen" Angriff und kündigte Vergeltungsangriffe an.

Nach dem Drohnenangriff in Homs bombardierten die Regierungstruppen Ziele in der Region Idlib, der letzten Rebellenhochburg des Landes, wie Einwohner berichteten. Nach Angaben der Beobachtungsstelle wurden dabei vier Zivilisten getötet. Bereits in der Nacht zu Donnerstag waren fünf Mitglieder einer Familie bei einem Angriff der Armee auf ein von Rebellen kontrolliertes Gebiet in der Provinz Aleppo getötet worden.

Syrien befindet sich seit 2011 in einem Bürgerkrieg, nachdem Präsident Baschar al-Assad friedliche Demonstrationen gegen seine Regierung niederschlagen ließ. Seitdem sind mehr als 500.000 Menschen getötet worden, die Hälfte der Bevölkerung floh.

Türkei beschießt von Kurden kontrollierte Gebiete

Im Nordosten des Landes kontrollieren syrische Kurden inzwischen ein grosses Gebiet, das regelmässig von der türkischen Armee unter Beschuss genommen wird. Am Donnerstag wurden dort bei türkischen Drohnenangriffen auf kurdische Stellungen nach Angaben pro-kurdischer Kämpfer und Aktivisten mindestens neun Menschen getötet.

Bei einem Angriff auf Amuda in der Provinz Hasakeh am Donnerstag seien sechs Sicherheitskräfte getötet worden, erklärte das Pressezentrum der kurdischen Streitkräfte. Zudem seien "zwei Zivilisten", die auf einem Motorrad unterwegs waren, bei einem weiteren Angriff getötet worden.

Ein Sprecher der kurdisch geführten Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) sprach von einem weiteren Opfer. Die türkischen Drohnen hätten seit dem Morgen militärische Stellungen, zivile Infrastruktur und ein Militärfahrzeug ins Visier genommen, hieß es weiter.

Nach einem Anschlag am Sonntag im Zentrum von Ankara hatte die türkische Führung Luftangriffe auf kurdische Stellungen in Syrien und im Irak angekündigt. Nach Angaben Ankaras wurden die beiden Attentäter in Syrien ausgebildet.

Die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hatte sich zu dem Anschlag im Parlamentsviertel bekannt, bei dem nach türkischen Angaben die beiden Attentäter getötet und zwei Polizisten leicht verletzt wurden. Seit Sonntag griff die türkische Luftwaffe nach eigenen Angaben bereits Dutzende PKK-Stellungen im Nordirak an.

USA schiessen türkische Drohne ab – "bedauerlicher Vorfall"

Das US-Militär hat eine türkische Drohne abgeschossen, die den amerikanischen Truppen in Syrien zu nahe kam. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Washington, Patrick Ryder, sprach von einem bedauerlichen Vorfall und sagte, die US-Soldaten seien gezwungen gewesen, sich in Bunkern in Sicherheit zu bringen, als die Türkei Ziele in der Nähe bombardiert habe. Verteidigungsminister Lloyd Austin habe bereits mit seinem türkischen Amtskollegen gesprochen und die Bedeutung einer engen Koordinierung zwischen den beiden Ländern unterstrichen.

Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Türkei die US-Soldaten absichtlich angegriffen habe, sagte Ryder. Der Abschuss sei um eine angemessene Maßnahme zum Schutz amerikanischer Soldaten gewesen. Die türkische Drohne war nach Angaben des Sprechers am Morgen in der Umgebung von Al-Hasakah im Nordosten von Syrien bis auf 500 Meter an die US-Truppen herangeflogen. Amerikanische Kommandeure stuften sie deshalb als Bedrohung ein, und Kampfjets schossen sie ab. Verletzt wurde dabei niemand, wie Ryder erklärte.

US-Vertreter sagten der Nachrichtenagentur AP, dem Abschuss seien mehr als ein Dutzend Anrufe bei türkischen Befehlshabern vorausgegangen. Darin sei mitgeteilt worden, dass sich US-Streitkräfte in dem Gebiet aufhielten und dass Maßnahmen zu ihrem Schutz ergriffen würden, wenn die Drohne nicht zurückgezogen werde. Die Türkei äußerte sich nicht zu dem Vorfall.

Meist koordinieren das amerikanische und das türkische Militär, die Nato-Verbündete sind, ihre Einsätze in der Region. Die USA haben etwa 900 Soldaten in Syrien stationiert, die gegen die Kämpfer der Terrorgruppe Islamischer Staat im Einsatz sind.

1/63
Gehe zur Galerie
    <strong>26.07.2024: "Solange Putin am Leben ist" – Expertin erstaunt im ORF.</strong> Russland sucht die Ukraine aktuell mit einem Drohnen-Großangriff heim. <a data-li-document-ref="120049963" href="https://www.heute.at/s/solange-putin-am-leben-ist-expertin-erstaunt-im-orf-120049963">Die Professorin Nina Chruschtschowa analysierte die Situation im ORF. &gt;&gt;&gt;</a>
    26.07.2024: "Solange Putin am Leben ist" – Expertin erstaunt im ORF. Russland sucht die Ukraine aktuell mit einem Drohnen-Großangriff heim. Die Professorin Nina Chruschtschowa analysierte die Situation im ORF. >>>
    Screenshot ORF