Ukraine

ORF-Star in Ukraine: "Das könnte schlimme Folgen haben"

Die Sorge um einen Super-GAU im Kriegsgebiet der Ukraine wächst. ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz hat die aktuelle Lage analyisiert.

Roman Palman
ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz berichtet aus der Ukraine. Archivbild.
ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz berichtet aus der Ukraine. Archivbild.
Screenshot ORF

Europas größtes Atomkraftwerk liegt mitten im Kriegsgebiet der Ukraine. In den vergangenen Tagen wurde das seit März von russischen Truppen kontrollierte AKW Saporischschja mehrfach von Raketen getroffen – Ukrainer und Russen beschuldigen sich gegenseitig, diese abgefeuert zu haben. Unter anderem wurde ein Trockenlager für abgebrannte Brennstäbe dadurch beschädigt.

Ob vorsätzlich oder unabsichtlich, alleine die Chance, dass durch die Kampfhandlungen ein neuer Super-GAU ausgelöst werden könnte, bereitet international große Sorgen. Die Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) forderte die Kontrolle durch ein Expertenteam vor Ort – Russland hat dem zugestimmt – und gegenseitige Absicherung beider Kriegsparteien, die AKW-Zone nicht ins Visier zu nehmen. Doch miteinander reden, wollen diese eigentlich nicht.

Zur aktuellen Lage am Tag 167 des Krieges meldete sich Dienstagfrüh ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz aus Kiew. In der Hauptstadt sei es "nach wie vor sehr ruhig", betonte er und verwies darauf, dass die Front im Osten rund zehn Autostunden entfernt liege. "In Kiew gibt es zwar immer wieder Fliegeralarm, aber es ist in der Stadt ruhig und das Leben hat sich hier stark normalisiert. Es ist fast eine absurde Situation, wenn man aus Bachmut und Kramatorsk zurück nach Kiew kommt".

Luftaufnahme des ukrainischen&nbsp;<a href="https://www.heute.at/s/rakete-trifft-erneut-atomkraftwerk-experten-besorgt-100221507">AKW Saporischschja</a>.
Luftaufnahme des ukrainischen AKW Saporischschja.
IMAGO/SNA

Die anstehende IAEO-Inspektion des AKW Saporischschja könnte vor allem zwei Dinge feststellen, so der Kriegsreporter im Interview mit dem "Ö1 Morgenjournal": Zum einen könnten diese kontrollieren, unter welchen Arbeitsbedingungen tatsächlich das ukrainische Personal, das mehrheitlich dort geblieben ist, unter der russischen Herrschaft.

"Neutrale Zone"

Zum anderen müsse der Gesamtzustand der Anlage bewertet werden. Da gehe es darum, sich ein Bild zu machen, ob die Wartung korrekt abläuft, oder die Reaktoren richtig behandelt werden, oder diese durch den Krieg in den Mitleidenschaft gezogen worden sind. Auch das getroffene Brennstab-Lager wird sicher inspiziert werden, so Wehrschütz weiter.

"Eine Inspektion ist sicher sinnvoll. Viel wichtiger wäre es aber, das Atomkraftwerk außer Streit zu stellen – sowohl politisch als auch militärisch – in dem man es zu einer Art neutralen Zone erklärt." Damit könnte man den Ängsten um eine Atomkatastrophe, ausgelöst durch heftige Kämpfe um die Anlage, wieder reduzieren. "Da geht es nicht um einen Zufallstreffer, der nach Angaben der Experten den Reaktoren nichts machen würde, aber sehr wohl, wenn der Reaktorblock wirklich getroffen wird, oder durchbricht. Dann könnte das schlimme Folgen haben."

Seit März wird die Anlage von russischen Truppen kontrolliert.
Seit März wird die Anlage von russischen Truppen kontrolliert.
REUTERS

Scheinreferenden

Im besetzten Gebiet rund um Saporischschja wollen die Russen nun ein Referendum über den Beitritt zu Russland abhalten. "Die Ukraine hat auch nicht anerkannt und wird auch nicht anerkennen – vorläufig einmal bis zu einer möglichen Friedensregelung – die Annexion der Halbinsel Krim. Die Ukraine und die internationale Gemeinschaft hat auch nie anerkannt, die sogenannte Unabhängigkeiten der Volksrepubliken Donezk und Luhansk, aber aus rein russischer Sicht erleichtert das die Kommunikation und Umgang mit diesen Gebieten.

Gleichzeitig verstärke der Kreml durch die Andeutung, diese Gebiete annektieren zu wollen, den Druck auf die Ukraine. "Das zeigt natürlich auch, dass es in Russland nicht um eine Entnazifizierung oder sonst irgendwas geht. Im Grund genommen steht dahinter die Zerstörung der ukrainischen Staatlichkeit in heutiger Form."

Eine Verhandlungslösung des Konflikt erwartet der ORF-Experte aber nicht in baldiger Zeit: "Derzeit ist man so weit weg von irgendeinem Waffenstillstand, dass man davon überhaupt nicht reden kann", schließt Wehrschütz.

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    Feuerwehrleute im Löscheinsatz im ukrainischen Mega-AKW Saporischschja am 4. März 2022.&nbsp;
    Feuerwehrleute im Löscheinsatz im ukrainischen Mega-AKW Saporischschja am 4. März 2022.
    State Emergency Services of Ukraine/Handout via REUTERS
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      Sven Hoppe / dpa / picturedesk.com