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Ukraine-Demonstrant: "Sie haben mich gekreuzigt"

Heute Redaktion
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Bild: AP

Während Ukraines Präsident Viktor Janukowitsch am Freitag die Amnestie für Regierungs-Gegner und die Rücknahme repressiver Gesetze unterzeichnet hat, sprach der eine Woche lang festgehaltene Demonstrant Dmitro Bulatow von schweren Misshandlungen seitens der Sicherheitskräfte. Es gebe "keine einzige heile Stelle" an seinem Körper", sagte der Regierungsgegner. Oppositionsführer Vitali Klitschko besuchte ihn im Spital.

Während Ukraines Präsident Viktor Janukowitsch am Freitag die Amnestie für Regierungs-Gegner und die Rücknahme repressiver Gesetze unterzeichnet hat, sprach der eine Woche lang festgehaltene Demonstrant Dmitro Bulatow von schweren Misshandlungen seitens der Sicherheitskräfte. Es gebe "keine einzige heile Stelle" an seinem Körper", sagte der Regierungsgegner. Oppositionsführer Vitali Klitschko besuchte ihn im Spital.

Der seit dem 23. Jänner vermisste Bulatow, der sich an mehreren Protestaktionen beteiligt hatte, tauchte nach einer Woche in der Gewalt der Sicherheitskräfte wieder auf. Wie er im Fernsehen berichtete, wurde er von seinen Peinigern im Wald ausgesetzt und rettete sich aus eigener Kraft in ein Dorf. Dort nahm er Kontakt mit seinen Freunden auf und wurde in ein Krankenhaus gebracht.Bulatow war seit dem 23. Jänner vermisst worden.

Nun sprach der mutige Mann über sein Martyrium: "Sie haben mich gekreuzigt. Sie haben meine Hände durchstoßen", sagte der 35-jährige Dmitro Bulatow im Fernsehen und zeigte die Wunden an seinen Handrücken. "Sie haben mein Ohr abgeschnitten, mein Gesicht zerschnitten. Es gibt keine einzige heile Stelle an meinem Körper. Aber Gott sei Dank bin ich am Leben."

"Ich kann nicht gut sehen, ich saß die ganze Zeit im Dunkeln." Er habe daher die Entführer nicht sehen können, sie hätten jedoch mit russischem Akzent gesprochen, berichtete Bulatow, dem das Reden offensichtlich schwer fiel.

Klitschko: "Versuch, allen Bürgern Angst einzujagen"

Vitali Klitschko besuchte Bulatow, den er laut "bild.de" im Sommer beim Wakeboarden in Kiew kennengelernt hat, im Spital. "Was sie Bulatow angetan haben, ist ein Versuch, allen Bürgern Angst einzujagen", sagte der ukrainische Oppositionsführer Vitali Klitschko. Die Folter des Aktivisten sei das Zeichen an "alle Gegner des Regimes, dass dies jedem passieren kann."

Bulatows Fall löste am Freitag international Empörung aus. "Ich bin entsetzt angesichts der offensichtlichen Anzeichen von ausgedehnter Folter", erklärte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton am Freitag in Brüssel. Sie forderte ein Ende von "Einschüchterung und Straflosigkeit" in der Ukraine.

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) haben sich besorgt über die Lage in der Ukraine gezeigt. "Die Situation in der Ukraine ist sehr angespannt", sagte Kurz am Freitagabend nach einem Treffen mit Ban bei der Münchner Sicherheitskonferenz. "Ich appelliere an das ukrainische Volk, diese Frage mit friedlichen Mitteln statt mit Gewalt zu lösen", sagte Ban.

Österreich will nach den Worten des Außenministers seine derzeitige Vorsitzrolle im Europarat dafür nützen, "um zu versuchen, dass in der Ukraine eine friedliche Lösung durch Verhandlung erzielt wird und nicht durch Konflikt und Gewalt".

27 weitere Vermisstenfälle

Der Sprecher der UNO-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay verlangte in Genf eine Untersuchung der berichteten Fälle von Folter und Entführungen in der Ukraine. Auch Amnesty International verwies darauf, dass der Fall Bulatow nur einer von mehreren weiteren Fällen spurlosen Verschwindens von Aktivisten sei. Der Regierungsgegner Jurij Werbizkij wurde etwa am 22. Jänner tot in einem Wald gefunden. Zudem äußerte sich Sorge angesichts von Berichten über 27 weitere vermisste Aktivisten.

Die US-Botschaft in Kiew stellte ein Foto Bulatows mit einer klaffenden Wunde auf seiner Wange ins Netz und schrieb: "Die Regierung der Ukraine muss die volle Verantwortung für die rechtzeitige Untersuchung, Festnahme und Strafverfolgung der für diese abscheuliche Tat Verantwortlichen übernehmen."

Janukowitsch unterschrieb Amnestie

Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch nahm am Montag die international umstrittenen Gesetze zur Verschärfung der Versammlungs- und Pressefreiheit zurück. Der angeblich erkrankte Staatschef habe ein entsprechendes Gesetzespaket unterzeichnet, teilte die Präsidialkanzlei in Kiew am Freitag mit. Davor unterzeichnete Janukowitsch die Amnestieregelung für Demonstranten.

Kurz bevor bekannt wurde, dass Janukowitsch das Amnestiegesetz unterzeichnete, forderte US-Außenminister John Kerry den ukrainischen Präsidenten auf, weitere Zugeständnisse an die Opposition zu machen. "Die Angebote von Präsident Janukowitsch haben noch kein angemessenes Maß erreicht", so Kerry bei einem Besuch in Berlin. Der Opposition sei es deshalb noch nicht möglich, in eine "Art Regierung der Einheit" einzutreten.

Putin-Berater: "Rebellion vernichten"

Putins Wirtschaftsberater Sergej Glasjew rief Janukowitsch in einem Interview indirekt zur Niederschlagung der Proteste auf. "Entweder er verteidigt den ukrainischen Staat und vernichtet die Rebellion, die von Kräften aus der Finanzwelt und aus dem Ausland provoziert wird. Oder er riskiert den Machtverlust, zunehmendes Chaos und einen internen Konflikt, aus dem kein Ausweg zu sehen ist", sagte der als Hardliner bekannte Berater.