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Steht ein Krieg am Schwarzen Meer bevor?

Russland rüstet an der Grenze auf, und die Ukraine verhängt das Kriegsrecht. Wie ist es so weit gekommen?

Heute Redaktion
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Seit vier Jahren schwelt der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Vergangenen Sonntag kam es zu einer militärischen Konfrontation im Schwarzen Meer. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko warnte am Dienstagabend vor einem Krieg. Er warf Russland zudem eine massive Truppenverlegung an die Grenze vor.

Wann nahm der Konflikt seinen Anfang?

Im November 2013. Der damalige ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch verweigerte auf russischen Druck hin einem geplanten Partnerschaftsabkommen mit der EU die Unterschrift. Die Bevölkerung reagierte mit massiven proeuropäischen Protesten.

Welches Ausmaß hatten die Proteste?

Sie hielten monatelang an. Zeitweise sollen bis zu einer Million Leute auf die Straße gegangen sein. Im Februar 2014 eskalierte die Situation, es kam zu 80 Todesopfern, und Janukowitsch flüchtete nach Russland.

Wie reagierte Russland?

Mit einem überraschenden Manöver: Stückweise brachte Russland im Frühjahr 2014 die zur Ukraine gehörende Halbinsel Krim unter seine Kontrolle. Der russische Präsident Wladimir Putin bezeichnete das als Umsetzung des "Volkswillens". Die EU, die Nato und die USA sprachen von der "ersten gewaltsamen Grenzverschiebung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg".

Warum hat der Westen nicht eingegriffen?

Weil die Ukraine kein Mitgliedstaat ist, griff die Nato nicht militärisch ein. Die EU reagierte mit Wirtschaftssanktionen gegen Russland, die bis heute Bestand haben.

Wieso ist die Krim so wichtig?

Es geht um den strategischen Einfluss auf das Schwarze Meer, an das auch die Nato-Mitgliedsstaaten Türkei, Rumänien und Bulgarien grenzen.

Wie kam es zur neusten Eskalation zwischen Russland und der Ukraine?

Am Sonntag kam es zu einer militärischen Konfrontation im Schwarzen Meer: Russische Streitkräfte hatten vor der Krim drei ukrainische Marineschiffe beschossen und aufgebracht. Mehrere ukrainische Marinesoldaten wurden dabei verletzt, insgesamt 24 Besatzungsmitglieder wurden festgenommen.

Wie reagierte die Ukraine?

Das ukrainische Parlament beschloss am Montagabend, ein 30-tägiges Kriegsrecht in Teilen des Landes zu verhängen. Es trat am Mittwoch in Kraft. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko warf Russland eine massive Truppenverlegung an die Grenze vor.

Stimmt das?

Teilweise. Russland verstärkt seine Truppen auf der Krim mit Luftabwehrraketen. In "naher Zukunft" sollen weitere Einheiten des modernen Raketenabwehrsystems S-400 auf der annektierten ukrainischen Halbinsel in Betrieb genommen werden, wie der Sprecher des südlichen Militärbezirks der russischen Armee, Wadim Astafijew, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Interfax sagte. Ob diese Aufrüstung als "massiv" betrachtet werden kann, ist Ermessensfrage.

Was sagt die Ukraine?

Am Dienstag sagte Poroschenko, seinem Land drohe "ein großangelegter Krieg mit der Russischen Föderation".

Wie reagiert Russland?

Konstantin Kossatschow, Chef des Außenausschusses im russischen Föderationsrat, entgegnete, sein Land habe einen Krieg gegen die Ukraine nie als Perspektive betrachtet. Er nannte Poroschenko aber einen "Präsidenten des Krieges".

Wie geht es nun weiter?

Zahlreiche Staatsoberhäupter – darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel – rufen die beiden Parteien zur Deeskalation auf. Deutschland und Frankreich boten sich am Dienstag als Vermittler an. Der SPD-Politiker Gernot Erler rechnet aber nicht mit einem Krieg. Dem "Mannheimer Morgen" sagte der frühere Koordinator der Bundesregierung für deutsch-russische Beziehungen: "Die Ukraine ist militärisch viel zu schwach, um eine ernsthafte Konfrontation mit Moskau wagen zu können." (mat)