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Ukraine wies Russen-Attache aus Land aus

Heute Redaktion
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Bild: YURIY MAKSIMOV (EPA)

Mit einer Volksbefragung über die Einheit der Ukraine will die prowestliche Regierung in Kiew die Lage in dem krisengeschüttelten Land beruhigen. Gut zwei Monate nach der Machtübernahme räumte die ukrainische Führung aber ein, die Kontrolle über Teile des russisch geprägten Ostens verloren zu haben. Moskautreue Milizen brachten am Mittwoch weitere Verwaltungsgebäude in ihre Hand. Im Gegenzug wies die Ukraine am Donnerstag einen russischen Militärattache aus. Geld bekommt das krisengeschüttelte Land vom IWF.

. Im Gegenzug wies die Ukraine am Donnerstag einen russischen Militärattache aus. Geld bekommt das krisengeschüttelte Land vom IWF.

Die prorussischen Separatisten in der Ostukraine haben nach eigenen Angaben zwei gefangene Mitglieder des Geheimdiensts SBU gegen eigene Anhänger ausgetauscht. Die Verhandlungen mit der Regierung in Kiew seien erfolgreich gewesen, zitierte die Agentur Interfax am Donnerstag einen Sprecher der Separatisten in der Stadt Slawjansk.

Dort werden seit fast einer Woche auch sieben Mitglieder einer OSZE-Beobachtermission festgehalten, darunter vier Deutsche sowie je ein Beobachter aus Polen, Tschechien und Dänemark. Es sei vereinbart worden, dass die nun freigelassenen Geheimdienstler nicht mehr an Militäraktionen im Südosten der Ukraine teilnehmen dürfen, sagte der Separatistensprecher.

Volksbefragung zur Zukunft des Landes

Die prowestliche Führung will am 25. Mai zusätzlich zur Präsidentenwahl eine Volksbefragung abhalten. Dabei solle es darum gehen, ob das Land als Einheit erhalten bleiben solle, sagte Regierungschef Arseni Jazenjuk. Die prorussischen Aktivisten in der Ost- und Südukraine planen allerdings eigene Referenden für den 11. Mai über eine Abspaltung von Kiew.

Übergangspräsident Alexander Turtschinow räumte ein, die Kontrolle über Teile des krisengeschüttelten Landes verloren zu haben. In den ostukrainischen Gebieten Donezk und Lugansk seien einige Regionen in den Händen moskautreuer Aktivisten. Turtschinow warf den Sicherheitskräften Versagen vor.

Russen-Attache muss ausreisen

Die Ukraine hat indes den russischen Militärattache in Kiew einem Medienbericht zufolge wegen Spionageverdachts festgenommen und des Landes verwiesen. Der Diplomat sei zur unerwünschten Person erklärt worden und müsse ausreisen, berichtete die Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine unter Berufung auf das ukrainische Außenministerium am Donnerstag.

Der Militärattache der russischen Botschaft sei am Mittwoch bei "geheimdienstlichen Aktivitäten" festgenommen worden, die nicht mit seinem Diplomatenstatus vereinbar seien.

OSZE soll vermitteln

Zur Beilegung der Ukraine-Krise hat Russlands Außenminister Sergej Lawrow Verhandlungen zwischen der Übergangsregierung in Kiew und Vertretern der Regionen unter Aufsicht der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) vorgeschlagen. Er hoffe, dass der Westen einem solchen Dialog nicht im Wege stehe, sagte Lawrow am Mittwochabend in der peruanischen Hauptstadt Lima.

IWF stellt frisches Geld zur Verfügung

Der Internationale Währungsfonds (IWF) stellt der Ukraine über einen Zeitraum von zwei Jahren Kredite im Umfang von 17 Milliarden Dollar (12,26 Millionen Euro) bereit. Der IWF-Verwaltungsrat gab am Mittwochabend grünes Licht für die Finanzhilfen.

Diese sollen dazu dienen, die wirtschaftliche Stabilität in der Ukraine wiederherzustellen und ein nachhaltiges Wachstum zu erreichen, wie der Währungsfonds mitteilte. Eine erste Tranche von 3,2 Milliarden Dollar soll umgehend ausgezahlt werden.

"Entscheidende Maßnahme"

IWF-Chefin Christine Lagarde sprach von einer "entscheidenden Maßnahme" zur Stabilisierung der Ukraine. Es sei dringend nötig gewesen, zu handeln. Die Lage für die Ukraine sei aber weiterhin bedrohlich, sagte sie mit Blick auf die Unruhen im Osten des Landes. Zudem müsse die Übergangsregierung die geforderten Reformen umsetzen. Lagarde rief Kiew und Moskau auf, die Streitigkeiten über offene Rechnungen für russische Gaslieferungen beizulegen.

Die politisch und wirtschaftlich schwer angeschlagene Ukraine ist nach Angaben der im Februar an die Macht gelangten Übergangsregierung vom Bankrott bedroht. Im Osten des Landes brachten Separatisten in den vergangenen Wochen etwa ein Dutzend Städte unter ihre Kontrolle.

Kiew muss für Geld Reformen durchsetzen

Der Währungsfonds hatte der Übergangsregierung Kiew vergangenen Monat Kredite im Umfang von 14 bis 18 Milliarden Dollar in Aussicht gestellt. Mit weiteren Zusagen aus den USA und der Europäischen Union könnte sich das Hilfspaket für die Ukraine auf insgesamt 27 Milliarden Dollar belaufen. Der IWF knüpft seine Unterstützung an strenge Sparauflagen und wirtschaftliche Reformen.

Auf Druck der internationaler Kreditgeber hat die Ukraine unter anderem die Gaspreise drastisch erhöht. Privathaushalte müssen seit Donnerstag 40 Prozent mehr bezahlen. Zum 1. Mai 2016 und zum 1. Mai 2017 sind Aufschläge von jeweils 20 Prozent geplant.

Zuletzt war Kiew finanziell am Tropf von Moskau gehangen, das seine Hilfen nach der Entmachtung des prorussischen Staatschefs Viktor Janukowitsch aber kappte. Außerdem stellte der russische Energieriese Gazprom für seine Gaslieferungen Nachforderungen in Höhe von 2,2 Milliarden Dollar an die Ukraine.

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