Ukraine

Ukrainerinnen droht auf Flucht sexuelle Ausbeutung

Am Tag der Invasion stieg das Interesse an pornografischem Material, das Ukrainerinnen zeigt, explosionsartig. NGOs warnen vor Gefahren für Frauen.

Heute Redaktion
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Eine ukrainische Frau schaut aus dem Fenster eines Busses in der Nähe des polnischen Grenzübergangs in Korczowa.
Eine ukrainische Frau schaut aus dem Fenster eines Busses in der Nähe des polnischen Grenzübergangs in Korczowa.
Visar Kryeziu / AP / picturedesk.com

In den frühen Morgenstunden des 24. Februar begann die russische Armee mit einer Invasion der Ukraine an mehreren Fronten. Nachdem der Fortschritt der Angreifer zu stagnieren begann, hat das russische Militär seine Attacken verstärkt und vermehrt Zivilisten getroffen. Seit Beginn der Kampfhandlungen sind laut Daten der Vereinten Nationen über eine Million Menschen auf der Flucht. Sie versuchen, die umkämpften Gebiete und das Land zu verlassen.

 Aktuelle Informationen zum Ukraine-Krieg findest du hier >>

Während sich europäische Länder darauf vorbereiten, Flüchtlinge aufzunehmen, wartet auf dem Weg eine weitere Gefahr: Schlepper haben sich bereits in Stellung gebracht, um die Not der Fliehenden auszunutzen. Weil die Ukraine alle Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren für den Kriegsdienst mobilisiert hat, sind Frauen und Kinder oft auf sich allein gestellt und es droht ihnen unter anderem sexuelle Ausbeutung.

"Es ist traurig, aber leider nicht neu"

Mit der Situation in den Grenzgebieten zur Ukraine vertraut ist Irene Hirzel vom Beratungs- und Schulungszentrum gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung "ACT212". "Es ist traurig, aber leider nicht neu", sagt sie. Menschenhandel sei ein großes Business, das von Kriegen befeuert werde. "Wenn Menschen fliehen müssen, sind sie in einer vulnerablen Situation und werden Ziel von Schleppern. Diese wollen Geld verdienen und interessieren sich nicht für die Menschen, nur für den Gewinn", so Hirzel.

Die Menschenhändler befriedigen damit eine Nachfrage. Am Tag der Invasion sind die Google-Suchen nach "Ukrainian girls" massiv angestiegen und bleiben seither hoch. Das gleiche Phänomen ist laut Hirzel auf Pornoseiten zu beobachten. Fälle von Ukrainerinnen, die in die Fänge von Menschenhändlern gerieten, seien schon nach der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 gemeldet worden.

Weil Männer zwischen 18 und 60 Jahren das Land nicht verlassen dürfen, sind viele Ukrainerinnen auf sich alleine gestellt.
Weil Männer zwischen 18 und 60 Jahren das Land nicht verlassen dürfen, sind viele Ukrainerinnen auf sich alleine gestellt.
REUTERS

"Zahlt nichts, wir helfen gratis"

"Am Anfang haben sie noch Geld. Aber wenn das weg ist, kommt die Verzweiflung", erklärt Hirzel. Auf diesen Moment würden die Schlepper warten und genau dann andere "Verdienstmöglichkeiten" vorschlagen, die in einer Ausbeutungssituation enden können. Um das zu verhindern, seien Partner von "ACT212" in Moldawien im Einsatz. "Sie tragen Schilder wo drauf steht, 'Zahlt nichts, wir helfen gratis'", sagt Hirzel.

Die Bevölkerung helfe, wo sie könne. Die 3,6 Millionen Menschen des "ärmsten Landes von Europa" seien mit den knapp 100.000 ukrainischen Flüchtlingen aber bald überfordert. "Sie zeigen im Angesicht der Situation eine überwältigende Solidarität", betont Hirzel.

Frauen und Mädchen überproportional gefährdet

"Der Konflikt hat bereits großen Einfluss auf die Sicherheit der zivilen Bevölkerung, vor allem von Frauen und Mädchen, die einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind", sagt Pramila Patten. Sie ist Sondergesandte der Vereinten Nationen für sexuelle Gewalt in Konflikten. In einer Verlautbarung der UN zeigte sie sich bereits am 28. Februar besorgt über die sich "schnell verschlechternde Situation" in der Ukraine.

Die humanitäre Lage sei bereits prekär und tausende weitere Familien könnten zur Flucht gezwungen werden, wenn der Konflikt weitergehe. Damit steige das Risiko von sexueller Gewalt und Ausbeutung, so Patten. Frauen und Mädchen seien überproportional gefährdet.

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    Feuerwehrleute im Löscheinsatz im ukrainischen Mega-AKW Saporischschja am 4. März 2022. 
    Feuerwehrleute im Löscheinsatz im ukrainischen Mega-AKW Saporischschja am 4. März 2022.
    State Emergency Services of Ukraine/Handout via REUTERS