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Ulrich Seidl ging bei Berlinale leer aus

Heute Redaktion
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Filme aus Osteuropa waren am Samstag die großen Gewinner der 63. Berlinale. Der Goldene Bär wurde erstmals nach Rumänien vergeben. Die Österreicher Ulrich Seidl und Melanie Lenz gingen leer aus.

Insgesamt fünf der 19 diesjährigen Wettbewerbsfilme kamen aus Osteuropa. Sie erzählten alle von Menschen in schwierigsten, teils elenden Lebenssituationen. Die Jury unter Vorsitz des chinesischen Regisseurs Wong Kar Wai ("In The Mood For Love") zeichnete mit dem Hauptpreis Calin Peter Netzers Drama "Die Stellung des Kindes" ("Pozitia Copilului") aus - eine mit Krimi-Elementen inszenierte Geschichte über Schuld, Verantwortung und Korruption, die zu den Favoriten des Festivals zählte.

Seidl und Lenz blieben"bärenlos"

Außenseiterchancen waren dem österreichischen Beitrag "Paradies: Hoffnung" von Ulrich Seidl eingeräumt worden. Vor allem seiner Hauptdarstellerin Melanie Lenz hatten Experten gute Chancen auf einen Silbernen Bären zugesprochen. Lenz spielt im letzten Teil der "Paradies"-Trilogie" die 13-jährige Melanie, die von ihre Mutter in ein Diätcamp geschickt wird.

Gleich zwei Preise holte der halbdokumentarische Film "Eine Episode aus dem Leben eines Metallsammlers" ("Epizoda u zivotu beraca zeljeza") von Oscar-Preisträger Danis Tanovic ("No Man's Land") aus Bosnien-Herzegowina. Der Film erhielt den Großen Preis der Jury, eine besonders begehrte Auszeichnung. Tanovics Hauptdarsteller Nazif Mujic nahm außerdem den Silbernen Bären als bester Schauspieler entgegen. Der Roma spielt in dem Film zusammen mit seiner Frau und den Kindern eine reale Episode aus dem harten, ärmlichen Leben der Familie nach.

Einen Silbernen Bären für die beste Kamera erhielt Aziz Zhambakiyev für seine streng komponierten Bilder im kasachischen Adoleszenz-Drama "Harmony Lessons" ("Uroki Garmonii") von Regisseur Emir Baigazin - eine Studie über Gewalt an einem dörflichen Gymnasium.

Gewinner-Film ist Mutter-Sohn Drama

Der Gewinnerfilm "Die Stellung des Kindes" ("Pozitia Copilului") analysiert eine schwierige Mutter-Sohn-Beziehung. Nachdem ihr Sohn mit dem Auto ein Kind überfahren und getötet hat, versucht die reiche Cornelia (Luminita Gheorghiu), ihn mit allen Mitteln vor Strafe zu bewahren. Sie will Polizisten und Richter, ja sogar die in Armut lebende Familie des Opfers bestechen. Über eine persönliche Tragödie erzählt Netzer die Tragödie einer Gesellschaft, die alle Menschlichkeit an Geld- und Machtgier verkauft.

Der als heißer Bären-Favorit gehandelte iranische Film "Geschlossener Vorhang" ("Pardé") des verfolgten iranischen Regisseurs Jafar Panahi und seines Kollegen Kamboziya Partovi holte immerhin den Silbernen Bären für das beste Drehbuch. "Das Aufhalten eines Künstlers und eines Denkens war niemals möglich", sagte Partovi. Panahi, der sich offen zur Opposition im Iran bekennt, hat in seinem Heimatland Arbeitsverbot.

Sehr zurecht als beste Schauspielerin geehrt wurde die Chilenin Paulina García für ihre Rolle als "Gloria" in Sebastián Lelios gleichnamigen Film. Leicht, aber dennoch mit Tiefgang erzählt die Tragikomödie von einer Frau Ende 50, die noch einmal von der großen Liebe träumt - sie hat einen holperigen Weg zu neuem Selbstwertgefühl vor sich. Der Film ist eine gelungene, gefühlvolle Gratwanderung zwischen Komik und Tragik, Lebenslust und Melancholie.

Überraschung beim Regiepreis

Überraschend war die Entscheidung der Jury, in der auch der deutsche Regisseur Andreas Dresen ("Halt auf freier Strecke") saß, in der Kategorie Regie. Dort holte der US-Amerikaner David Gordon Green die Trophäe für seine ziemlich harmlose Tragikomödie "Prince Avalanche", die von der Ziellosigkeit satter westlicher Menschen in den 1980er Jahren erzählt.

APA