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Ultimatum an Ukraine "völliger Blödsinn"

Heute Redaktion
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Bild: Alexei Nikolsky (RIA Novosti Kremlin Press Service)

Die russische Schwarzmeerflotte dementiert, der Ukraine ein Ultimatum auf der Krim gestellt zu haben. Zuvor war die Meldung kursiert, dass Russland das ukrainische Militär angreift, wenn die Soldaten nicht bis Dienstag um 4 Uhr MEZ die Waffen niederlegen. Trotz der Beteuerungen sollen sich schon 50.000 russische Soldaten auf der Krim befinden.

"Das ist völliger Blödsinn", sagte ein Stabsvertreter der russischen Schwarzmeerflotte am Montagabend gegenüber der Agentur Interfax über ein mögliches Ultimatum. Es gebe seit Tagen und mehrfach Behauptungen über angeblich geplante gewaltsame Handlungen gegen "unsere ukrainischen Kollegen".

Das will in der Ukraine niemand so recht glauben. An der russischen Küste gegenüber der Halbinsel stehen gepanzerte Fahrzeuge. Kampfflieger sind in der Nacht auf Montag in den Luftraum über dem Schwarzen Meer eingedrungen. Insgesamt sind in den vergangenen 24 Stunden zehn Kampfhubschrauber und acht Truppentransportflugzeuge auf der Halbinsel gelandet, vier Kriegsschiffe der Schwarzmeerflotte kreuzen vor Sewastopol. Die Russen zeigen mit der Stärke.

 

Zusätzlich zu den russischen Militärs kommen Überläufer. Rund 6.000 Angehörige der ukrainischen Streitkräfte sollen in den vergangenen Tagen auf der Krim übergelaufen sein. Zuletzt hat ein Stützpunkt mit rund 800 Soldaten und 45 MiG-Kampfjets die Seiten gewechselt. Davor haben sich Einheiten von Küstenwache und Flugabwehr losgesagt. Sie alle wollen jetzt der neuen prorussischen Führung auf der Krim dienen.

Regierungsgebäude in Donezk besetzt

Rund 300 prorussische Demonstranten haben am Montag die Regionalverwaltung der ostukrainischen Stadt Donezk im Osten der Ukraine erstürmt. Nach einer Kundgebung von bis zu 4.000 Demonstranten schlug ein Teil von ihnen Fensterscheiben ein, drang in das Gebäude ein und besetzte mehrere Etagen. Am Dach weht eine russische Flagge. Die Menschen vor dem Komplex riefen in Richtung des russischen Präsidenten "Putin komm!".

Staatspleite droht

Die neue prowestliche Regierung der Ukraine in Kiew hat mittlerweile einen Sparkurs angekündigt. Drastische Einschnitte im Haushalt sind geplant, insgesamt sollen die Ausgaben um 14 bis 16 Prozent gesenkt werden. Eine Zahlungsunfähigkeit des Landes droht.

Österreich hilft mit 60.000 Euro

Das Innenministerium wird 60.000 Euro Hilfe für die Notfallmedizin in der Ukraine bereitstellen. Dabei geht es um die Abdeckung von Versorgungsengpässen. Vor allem Medikamente wie Antibiotika, Infusions- und Schmerzmittel werden derzeit auf Hilfs-Lkw geladen. Sie sollen spätestens am Donnerstag die Stadt Lemberg erreichen. ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner befürchtet "größere Migrationsbewegungen".

Am Nachmittag beraten die EU-Außenminister bei einer Sondersitzung, was zu tun ist. Der UNO-Menschenrechtsrat beschäftigt sich mit der Situation. Und die OSZE wird Beobachter ins Krisenland schicken. Ein EU-Sondergipfel der Staats- und Regierungschef wird noch diese Woche stattfinden, wahrscheinlich am Donnerstag.

Lesen Sie weiter: Die Ereignisse in der Chronologie

Die Entwicklung in der Ukraine hält die Welt seit Tagen in Atem. Im folgenden ein chronologischer Überblick über der Ereignisse der vergangenen eineinhalb Wochen.

Donnerstag, 20. Februar:

Sicherheitskräfte eröffnen in Kiew das Feuer auf Demonstranten. Fast 80 Menschen werden getötet. Die Europäische Union beschließt individuelle Sanktionen gegen Verantwortliche für die Gewalt. Der deutsche, der polnische und der französische Außenminister beginnen eine Vermittlungsmission.

Freitag, 21. Februar:

Auf Vermittlung der drei europäischen Außenminister und eines russischen Abgesandten unterzeichnen die Oppositionsführer und Präsident Viktor Janukowitsch eine Vereinbarung, die eine Präsidentschaftswahl bis Ende des Jahres vorsieht. Das Parlament beschließt die Rückkehr zur Verfassung des Jahres 2004 mit weniger Rechten für den Staatschef.

Samstag, 22. Februar:

Das Parlament enthebt Janukowitsch des Amtes und setzt für den 25. Mai eine vorgezogene Wahl an. Janukowitsch reist von Kiew in den russischsprachigen Osten der Ukraine, wo er seine Machtbasis hat, und taucht unter. Das Parlament wählt Alexander Turtschinow, ein Vertrauter der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko. zu seinem Vorsitzenden. Zudem verfügen die Abgeordneten die sofortige Freilassung Timoschenkos. Sie reist nach Kiew und ruft die Demonstranten auf dem Maidan zur Fortsetzung des Protests auf.

Sonntag, 23. Februar:

Das Parlament wählt Turtschinow zum Übergangspräsidenten. Die USA und der Internationale Währungsfonds (IWF) stellen Finanzhilfen in Aussicht.

Montag, 24. Februar:

Die Übergangsregierung beziffert den Finanzbedarf der Ukraine auf 35 Milliarden Dollar (25,5 Milliarden Euro).

Dienstag, 25. Februar:

In der Ukraine wird der nach Russland geflohene Janukowitsch wegen "Massenmords" gesucht. Der Oppositionspolitiker Boxweltmeister Vitali Klitschko erklärt seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl.

Mittwoch, 26. Februar:

Der proeuropäische Politiker Arseni Jazenjuk wird vom Maidan-Rat als Chef der Übergangsregierung nominiert. Kiew beantragt einen internationalen Haftbefehl gegen Janukowitsch. Putin ordnet eine gewaltige Militärübung an der Grenze zur Ukraine an. Auf der Krim kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern der neuen Führung in Kiew.

Donnerstag, 27. Februar:

Prorussische Milizionäre besetzen den Regierungssitz und das Parlament in der Krim-Hauptstadt Simferopol. Jazenjuk wird als Regierungschef vom Parlament bestätigt.

Freitag, 28. Februar:

Bewaffnete in Uniformen ohne nationale Erkennungszeichen übernehmen die Kontrolle über zwei Flughäfen auf der Krim. Nach Angaben Kiews landen 2000 russische Soldaten auf einem Luftwaffenstützpunkt auf der Halbinsel. US-Präsident Barack Obama droht Moskau mit ernsten Konsequenzen, sollte die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine verletzt werden. Janukowitsch bekräftigt bei einer Pressekonferenz im westrussischen Rostow am Don seinen Anspruch auf das Präsidentenamt.

Samstag, 1. März:

Das Oberhaus des russischen Parlaments stimmt Putins Antrag zur Entsendung von Truppen in die Ukraine zu. Auf der Krim umstellen dutzende Bewaffnete das Regionalparlament. Kiew beschuldigt Russland, inzwischen 6000 Soldaten und 30 Panzerfahrzeuge auf die Halbinsel verlegt zu haben. Ein Referendum über den künftigen Status der autonomen Teilrepublik wird auf den 30. März vorverlegt. Die ukrainische Armee wird angesichts eines drohenden russischen Militäreinsatzes in Alarmbereitschaft versetzt. Obama wirft Putin am Telefon vor, er habe das Völkerrecht verletzt.

Sonntag, 2. März:

Die Ukraine mobilisiert alle Reservisten, Übergangsregierungschef Arseni Jazenjuk wirft Moskau eine "Kriegserklärung" vor. Prorussische Milizen setzen ukrainische Soldaten auf der Krim in ihren Kasernen fest. Der gerade ernannte ukrainische Marinechef läuft in das Lager der prorussischen Regionalregierung der Krim über.

Die G-7-Staaten legen die Vorbereitungen für den für Juni geplanten G-8-Gipfel in Sotschi auf Eis. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel wirft Putin am Telefonat einen Verstoß gegen das Völkerrecht vor. Putin akzeptiert Merkels Vorschlag zu einem Dialog mit einer "Kontaktgruppe".

Montag, 3. März:

Nach Angaben des ukrainischen Grenzschutzes setzt Russland die Verlegung von Truppen auf die Krim ungebremst fort. Die USA verlangen die sofortige Entsendung von OSZE-Beobachtern. Russlands Börsen und der Rubel brechen ein. Die EU-Außenminister ringen in Brüssel um eine gemeinsame Position zu der Krise.