Österreich

Hebammen warnen: Frauen "unzureichend versorgt"

Das Hebammengremium Wien schlägt Alarm: Die Geburtshilfe sei unterfinanziert, Hebammen enorm überlastet und Kreißsäle chronisch unterbesetzt.

Heute Redaktion
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Immer mehr Hebammen würden in nahezu ständig unterbesetzten Kreißsälen arbeiten und seien einem Arbeitsdruck ausgesetzt, der "ungesunde Ausmaße annehmen könne", gibt Marianne Mayer, Leiterin der Landesgeschäftsstelle Wien des Österreichischen Hebammengremiums, am Mittwoch in einer Aussendung zu bedenken.

Ihrer Ansicht nach seien die Bedingungen unzumutbar – sowohl für die gebärenden Frauen als auch für die Hebammen. Eine einzelne Hebamme betreue inzwischen bis zu fünf Gebärende gleichzeitig.

Unzureichende Betreuung

"Hebammen im Kreißsaal sind es gewöhnt, mit Unvorhergesehenem umzugehen. Sie bewahren die Ruhe und vermitteln Sicherheit und Vertrauen, die für die Frau und das Baby während der Geburt so wichtig sind. Wenn Hebammen jedoch gleichzeitig für mehrere Gebärende zuständig sind, dann können sie diese Aufgabe nicht so gut erfüllen, wie es wichtig wäre und jeder Frau und jedem Baby in Österreich auch zusteht", argumentiert Mayer.

Verantwortlich für die Zustände seien die Ökonomisierung der Geburtshilfe und Einsparungen beim Personal, gleichzeitig gebe es zu wenige Ausbildungsplätze. Mayer fordert zusätzliche FH-Studiengänge für Wien. Zurzeit startet jedes Jahr ein Hebammen-Studiengang mit 30 Studienplätzen an der FH Campus Wien. Laut Mayer sollte das Angebot in den kommenden Jahren verdoppelt werden.

Ein großer Cochrane Bericht aus dem Jahr 2015 vergleicht Hebammen geleitete Eins-zu-eins-Betreuung mit anderen Modellen der Schwangerenbetreuung und kommt zu dem Ergebnis, dass Eins-zu-eins-Betreuung durch Hebammen zahlreiche Vorteile für Mütter und Babys bringt und keine negativen Auswirkungen hat - im Vergleich mit Betreuungsmodellen, bei denen Ärzte die Leitung haben oder die Leitung zwischen Ärzten und Hebammen geteilt wird.

Der Cochrane Report nennt als wesentliche Vorteile die geringeren Raten an Epiduralanästhesie, Dammschnitten und Interventionen während der Geburt, außerdem ein geringeres Frühgeburtsrisiko.

Nicht nur Wien-weites Problem

Nicht nur die Bundeshauptstadt hat einen Hebammenmangel zu beklagen, auch in der Steiermark gibt es zu wenige Geburtshelfer, vorwiegend, weil zu wenige Ausbildungsplätze vorhanden seien.

In der steirischen Hauptstadt hat sich die Politik nun dem Problem angenommen. Grüne und FPÖ machen Druck. Im Zuge der Beantwortung einer Anfrage an VP-Wissenschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl ging hervor, dass es seit 2006 2.749 Bewerbungen für den FH-Studiengang gab. Aufgenommen wurden aber nur 148 Interessenten. Bisher gebe es aus diesem Zeitraum 100 Absolventen. Seit 2013 gibt es nur noch alle zwei Jahre einen Studiengang mit 20 Plätzen, während es früher noch jedes Jahr 15 Plätze waren.

Handlungsbedarf besteht

Gerade weil Geburten im häuslichen Umfeld immer beliebter werden – inzwischen werden laut Statistik Austria pro Jahr rund 900 Babys bzw. fünf Prozent zuhause geboren – wird das Thema wohl noch weiter an Bedeutung gewinnen.

Zahlreiche Studien belegen, dass sich Frauen eine Eins-zu-eins-Betreuung wünschen würden – also eine (wenn möglich gleichbleibende) Fachperson, die sie in der Schwangerschaft, bei der Geburt und in den ersten Monaten danach betreut. Auch aus medizinischer Sicht führe dies zu den besten Ergebnissen: PDA (Epiduralanästhesien) und Episiotomien (Dammschnitte) sind bei Eins-zu-eins-Betreuung deutlich seltener, das Risiko einer Frühgeburt ist geringer. (ek)

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