Österreich

Urteil: Todesschuss in Wiener Kaserne war Mord

Heute Redaktion
Teilen

Jener 22-Jährige, der in einer Kaserne in Wien einen Soldaten mit einem Kopfschuss getötet hatte, ist am Donnerstag wegen Mordes schuldig gesprochen worden.

Der Schütze Ali Ü. sprach bis zuletzt von einem entsetzlichen Unfall, der Staatsanwalt von einer "Wahnsinnstat". Am Wiener Landesgericht wollte der 22-jährige Angeklagte heute die Geschworenen davon überzeugen, dass er seinen Kameraden Ismail M. (20) nicht vorsätzlich mit einem Sturmgewehr erschossen hat.

Das ist ihm (knapp) nicht gelungen. Fünf der acht Laienrichter sahen die Sachlage wie der Staatsanwalt - und fällten einen Schuldspruch wegen Mordes.

Das Strafmaß legte dann der Berufsrichter-Senat fest: Ali Ü. muss 15 Jahre ins Gefängnis. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, weil der Verteidiger von Ali Ü. umgehend volle Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet hat. Der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab. Die Opferfamilie bekommt 41.000 Euro zugesprochen.

Ein vermeintlicher Kronzeuge hatte sich vergangene Woche selbst entzaubert. Ali Ü soll ihm hinter Gittern einen Mord aus gekränktem Stolz gestanden haben. Doch der Ex-Häftling lieferte mit Grippeschutzmaske einen wirren Auftritt und wollte die Story zudem an Medien verkaufen.

Aufregung um Video

Am heutigen zweiten Verhandlungstag sorgte ein Video, das der Verteidiger des Schützen, Manfred Arbacher-Stöger, gerne gesehen hätte, für Aufregung: Am Tatort gibt es nämlich sechs Überwachungskameras.

Doch der Clip, der zeigen sollte, dass sich Ali Ü. dort nicht nervös auf einen Mordanschlag vorbereitet oder sein Gewehr repetiert hatte, existiert trotzdem nicht. Denn: Die Bilder können vom Heer nur "live" angesehen, nicht aber gespeichert werden.

Rückblick

Wie berichtet war es im Oktober in Wien zu dem tödlichen Schuss gekommen. Dem späteren Schützen soll das Gewehr runtergefallen sein, dann wollte er mit seinem Kameraden eine Zigarette rauchen – da löste sich der Schuss. Der 20-Jährige wurde im Kopfbereich getroffen, war sofort tot. Der Todesschütze beteuert, sich an den genauen Tatablauf nicht mehr erinnern zu können.

Acht Monate nach der Tat wurde Ali Ü. nun des Mordes schuldig gesprochen. Er erhielt eine Haftstrafe von 15 Jahren. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Mehr zu dem Thema

"Ich will dem Täter in die Augen schauen"

Toter Soldat: Gutachter soll Schützen gedrängt haben

Toter Soldat: Schwester glaubt nicht an Unfall

Rekrut erschossen: "Blut klebt an meinen Händen"

Hinter dieser Decke kam es zum Todesschuss (red)