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US-Moderator: "So etwas habe ich noch nie durchgemacht"

Chris Wallace, der Moderator der Trump/Biden-Debatte, ist enttäuscht. Viele meinten, er habe die Kontrolle über das Streitgespräch verloren.

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Chris Wallace moderierte Chaos-Duell zwischen Trump und Biden.
Chris Wallace moderierte Chaos-Duell zwischen Trump und Biden.
picturedesk.com

"Ich bin nur traurig, wie das gelaufen ist." Der "Fox News"-Moderator Chris Wallace, der am Dienstagabend die Wahlkampf-Debatte zwischen Donald Trump und Joe Biden leitete, ist unzufrieden und enttäuscht. Bei einem geordneteren Ablauf hätte es "ein viel nützlicherer Abend" werden können, sagte er am Mittwoch der "New York Times".

"Ich bin ein Profi. So etwas habe ich noch nie durchgemacht", sagte er in dem Interview. Wallace meinte weiter: "Ich hätte mir nie träumen lassen, dass es so aus dem Ruder laufen würde." Auf die Frage, was er gefühlt habe, als er die Kandidaten zu weniger Unterbrechungen aufforderte, antwortete der Moderator: "Verzweiflung."

    Chris Wallace moderierte Chaos-Duell zwischen Trump und Biden.
    Chris Wallace moderierte Chaos-Duell zwischen Trump und Biden.
    picturedesk.com

    Er habe vor der Debatte den Anspruch gehabt, so unsichtbar wie möglich zu sein. "Nur widerwillig will man an den Punkt gelangen, wo man sich selbst immer wieder einbringen muss", so Wallace. "Erst beginnt es mit einem ‹Bitte unterbrechen Sie nicht›, dann ‹Bitte halten Sie sich an die Regeln› und schließlich kommt man an den Punkt, wo man denkt: ‹Das dient dem Land gar nicht›. Das sind schwierige Schritte – in Echtzeit und auf einer Bühne."

    Kritik, er habe schon sehr früh in der Debatte die Kontrolle verloren, nahm der 72-Jährige an: "Ich glaube nicht, dass ich je Kontrolle hatte." Ihm sei nicht klar gewesen, "dass das die Strategie des Präsidenten sein würde, nicht nur für den Beginn der Debatte, sondern für die gesamte Debatte", sagte Wallace. Während der Debatte habe er gedacht: "Ich bin ein Profi. So etwas habe ich noch nie durchgemacht."

    Den Kandidaten das Mikrofon abdrehen

    Wallace sprach sich gegen Vorschläge aus, den Moderatoren bei den nächsten Debatten zu ermöglichen, den Kandidaten die Mikrofone abzudrehen. «Praktisch hätte der Präsident, selbst wenn sein Mikrofon abgeschaltet gewesen wäre, weiterhin unterbrechen können», sagte er. Ein solcher Schritt könne außerdem Konsequenzen haben. «Zu viele Menschen vergessen, dass diese beiden Kandidaten die Unterstützung von Dutzenden Millionen Amerikanern haben.»

    Die TV-Debatte am Dienstagabend in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio war die erste zwischen Trump (74) und Biden (77). Zwei weitere Debatten sind für den 15. Oktober in Miami (Florida) und am 22. Oktober in Nashville (Tennessee) geplant.

    Wallace riet den Moderatoren der nächsten Debatten – Steve Scully vom Sender C-Span und Kristen Welker vom Sender NBC – zu einer schnelleren Reaktion, als es bei ihm der Fall war. "Ich hatte diese Vorwarnung nicht." Wallace kommt zwar vom Trump-freundlichen Fernsehsender Fox News, ist aber als unabhängig respektiert.

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