Österreich

"Ich will 2018 alles besser machen"

Heute Redaktion
Teilen

So lautet der Neujahrsvorsatz von Wiens Grünen-Chefin Vassilakou. Am Plan: ein Klima-Gipfel, ein Mietrechts-Volksbegehren und Wien als Trutzburg gegen Schwarz-Blau.

"Heute": Kommt zu Herrn Hirschenhauser der Krampus oder der Nikolaus?

Vassilakou: "Was wir beide gebrauchen können, ist der Besuch vom Heiligen Geist. (Kichern) Der Heilige Geist ist in dem Fall nichts anderes als die Erleuchtung."

"Heute": Wenn Sie einen Brief ans Christkind schreiben, was steht drinnen?

Vassilakou: "Briefe ans Christkind habe ich nie geschrieben, aber ich habe einen Neujahrsvorsatz: Alles besser machen im nächsten Jahr – was angesichts des Jahres 2017 nicht sehr schwer werden wird."

"Heute": Kommendes Jahr soll sich nicht nur bei den Grunen viel ändern, sondern auch bei der SPÖ. Wer soll's denn werden? Schieder oder Ludwig?

Picture

Vassilakou: "Ich kenne beide sehr gut."

"Heute": Können Sie beide in drei Worten charakterisieren?

Vassilakou: Nein, das mache ich nicht. Ich möchte mich nicht in den SPÖ-internen Wahlkampf einmischen. Ich schätze es auch sehr, dass die SPÖ sich in unseren internen Klärungsprozess nicht einmischt."



"Heute":
Und egal was herauskommt, das ist fur Sie der Arbeitsauftrag, die Koalition weiterzufuhren?

Vassilakou: "Fur mich zählt das Regierungsubereinkommen. Ich erwarte von demjenigen, der Michael Häupl nachfolgt, dieselbe Handschlagqualität, die auch er all die Jahre an den Tag gelegt hat. Ich bin offen dafur, dass man sich gemeinsam Gedanken macht, was man zusätzlich angehen kann. Aber ich wurde dringend davon abraten, die bestehende Regierungsvereinbarung aufzumachen.

Und mit Blick darauf, dass es nur mehr wenige Tage dauert, bis eine schwarz-blaue Bundesregierung ihre Arbeit aufnimmt, und wir alle Hände voll zu tun haben werden, um

die sozialen Errungenschaften Wiens zu verteidigen: Es ist mir sehr wichtig festzuhalten, dass die Mindestsicherung und damit der Wiener Weg niemanden im Stich lässt, der Unterstutzung braucht – eine rot-grune Errungenschaft, die ich nicht angetastet sehen will. Sozialabbau wird mit Wien nicht möglich sein."

"Heute": Wie verfahren die Grunen unter Ihrer Fuhrung nächstes Jahr mit dem Projekt Lobautunnel?

Vassilakou: "Klar ist, dass das Gericht derzeit immer noch berät, aber man rechnet mit einer Entscheidung im ersten Halbjahr 2018.



"Heute":
Wie werden Sie sich verhalten, wenn das Gericht fur den Tunnel entscheidet?

Vassilakou: „Ich möchte festhalten, dass nicht nicht die Stadt Wien die Entscheidung trifft, wie es mit diesem Projekt weitergeht, sondern das Gericht. Und wie sich die Grunen

verhalten werden, wird die Mehrheit der Grunen entscheiden. Allerdings bleibt meine Skepsis aufrecht. Die Lobau ist ein Nationalpark, und ein kilometerlanger Autobahntunnel

unter einem Nationalpark - und in weiterer Folge auch 60 Meter unter der Donau - ist ein gefährliches Projekt. Nicht nur im Sinne des Umweltschutzes und des Naturschutzes, sondern auch ökonomisch ist es ein ziemlich gefährliches Unterfangen. Ich furchte das endet in einem Milliardengrab.



"Heute":
Welche Pläne haben Sie als Stadträtin nächstes Jahr?"

Vassilakou: "Das nächste Jahr bringt viel mit sich. Allen voran möchte ich die Stadtplanung zu den Burgerinnen und Burgern bringen. Mit dem Projekt ‚Mobiles Rathaus' werden wir

durch die Bezirke touren – mit dem Ziel, die Burger und Burgerinnen vor Ort zu erreichen und uber die Zukunftsprojekte der Stadt zu diskutieren. Das halte ich fur sehr wichtig, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass viele Burger die Stadtplanung in der Vergangenheit als etwas Bedrohliches erlebt haben. Ich finde, wenn Menschen unzufrieden sind, dann soll man diese Unzufriedenheit wahrnehmen und auch einmal etwas anders machen. Und das tun wir hiermit.

Daruberhinaus möchte ich das Volksbegehren fur ein faires Mietrecht, das vom Burgermeister, Stadtrat Ludwig und mir angekundigt worden ist, verwirklichen. Die schwarz-blauen Regierungsverhandlungen nehmen mir die Hoffnung, dass diese

Bundesregierung plant, etwas gegen die davon galoppierenden Mieten oder die extremen Preissteigerungen bei Wohnungen zu unternehmen. Umso wichtiger ist es, dass sich Wien an die Spitze einer Bewegung setzt, Druck aufbaut und mit den Burgerinnen und Burgern gemeinsam erreicht, dass wir das Mietrecht in Österreich reformieren. Nur so können wir sicher stellen, dass sich Menschen - insbesondere junge Familien - das Wohnen weiterhin leisten können.

Und drittens: Ich habe den Dieselskandal nicht vergessen. Jetzt gilt es, gemeinsam mit den anderen Parteien hier im Haus zu diskutieren, welche Konsequenzen wir daraus ziehen wollen.

Denn wenn es um die Luft geht, die wir alle einatmen, dann braucht es ein gemeinsames Projekt - uber die Parteigrenzen hinweg. Ich will nicht, dass die Wiener Luft uns und unsere Kinder krank macht.

"Heute": Haben Sie schon Ideen?

Vassilakou: "Ideen habe ich, Ideen haben Experten, Ideen hat ubrigens auch die Opposition. Nicht zuletzt wird im Fruhjahr die Machbarkeitsstudie zu den Umweltzonen kommen. Die lege ich dann auf den Tisch und wir können diskutieren. Aber ich kann nur betonen: Auch Ideen der Opposition sind willkommen. Ziel ist, die Abgase in unserer Stadt zu reduzieren.

"Heute": Ein Wiener Klimagipfel?

Vassilakou: „Ja! Umso dringender vor dem Hintergrund, dass wir eine Bundesregierung bekommen, bei der das Motto ‚Aluhut statt Wissenschaft' lautet." Schlussendlich ist gerade in diesem sehr wichtigen Zukunftsthema der Stadt Gemeinsamkeit gefragt. Da bin ich bei Arnold Schwarzenegger, der vor Kurzem gesagt

hat: ‚Es gibt keine konservative Luft, es gibt aber auch keine liberale Luft, es gibt kein konservatives Wasser und kein liberales Wasser. Es gibt nur unsere Luft, es gibt nur unser Wasser, es gibt nur unsere Zukunft.' Insbesondere Umweltthemen treffen jeden. Sie treffen den Armen und den Reichen, sie treffen die Blauen, die Grunen und die Roten und die Schwarzen. Deswegen können wir

das nur gemeinsam angehen."

"Heute": Wollen Sie etwas zur chinesischen Rad-Schwemme sagen?

Vassilakou: Auf alle Fälle braucht es eine Lösung. Daran wird auch gearbeitet. Ein Blick in andere Städte ist immer hilfreich. Ich halte zum Beispiel das Entrichten einer Gebuhr pro Rad fur den Betreiber fur einen guten Weg."

"Heute": Glauben Sie, sind die Wiener zu blöd, dass sie das nutzen können?

Vassilakou: "Alle Städte sind mit demselben Problem konfrontiert: Räder zur freien Entnahme zu haben, ist grundsätzlich eine gute Idee, bedeutet aber, dass eine wirklich

gute Logistik dahinter nötig ist. Das Problem in diesem Fall ist, dass diese gute Logistik nicht da ist. So kann es nicht funktionieren."

"Heute": Wie geht es den Grunen im Bund? Sie haben angekundigt, Sie werden eine Rolle einnehmen.

Vassilakou: "Was ich nach der Wahl gesagt habe, gilt weiterhin: Wien ist die größte Landesorganisation mit den meisten Ressourcen. Das heißt, Werner Kogler hat die volle Unterstutzung seitens Wien und arbeitet derzeit fleißig an einem Manifest fur die

Neupositionierung der Grunen, andererseits aber auch an der Klärung der Finanzen."

"Heute": Das schreibt Herr Kogler alleine?

Vassilakou: "An diesem Manifest werden sich viele einbringen, ich auch, aber als eine von vielen."

"Heute": Kann das funktionieren? Wien als Trutzburg gegen alle anderen?

Vassilakou: "Es muss funktionieren. Schließlich ist der Klebstoff hier in Wien der soziale Zusammenhalt. Das Wissen, dass wir eine Stadt sind, in der man keine existentielle Angst vor der Verarmung haben muss. Eine Stadt, in der sich niemand furchten muss, auf der Straße zu landen. Das gilt es wirklich mit allen Mitteln zu verteidigen. Denn ist die soziale Sicherheit in Wien vernichtet, ist auch der soziale Zusammenhalt vernichtet."

"Heute": Soll Wien das alleine stemmen? Gibt es nicht ein paar Bundesländer, die mithelfen?

Vassilakou: "Auf alle Fälle kann man mit der Unterstutzung der grunen Kolleginnen und Kollegen aus den Bundesländern rechnen. Wesentlich finde ich aber in der jetzigen Situation, wie sich die ÖVP in den Bundesländern positionieren wird. Denn Sebastian Kurz ist 31 Jahre alt, die Politik, die er mit der FPÖ gemeinsam macht bzw. die sich abzeichnet, ist die eines 131-Jährigen. Also besteht meine Hoffnung, dass die Kräfte in der ÖVP, die ihre christlich-sozialen Wurzeln nicht verloren haben, darauf schauen, dass der Kahlschlag nicht kommt. Dass diese Regierung nicht innerhalb von vier bis funf Jahren alles

vernichtet, wofur Generationen davor jahrzehntelang gearbeitet haben." (ck)

;