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Velazquez-Schau: Königin eröffnete Ausstellung

Heute Redaktion
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Im Kunsthistorischen Museum wird derzeit die größte und wichtigste Ausstellung des Herbstes gezeigt. Am Dienstag, den 28.10, startete die Diego Velazquez-Ausstellung im Kunsthistorischen Museum. Es ist die erste im deutschsprachigen Raum und extra dafür kam auch Königin Letizia von Spanien - ihre erste Solo-Auslandsreise.

 

Besonders berühmt sind die Porträts, die Diego Rodriguez de Silva y Velazquez (1599-1660) als Hofmaler von Habsburger-König Philipp IV. in Madrid anfertigte. Einige davon - vornehmlich von Infantinnen und Infanten - kamen schon vor langer Zeit nach Wien. Die Bilder waren für die Wiener Herrscherfamilien bestimmt. Damit sollten Heiraten innerhalb der Dynastie angebahnt werden.

Bei der Ausstellung werden die zwölf Velazquez-Werke im Besitz des Kunsthistorische Museums gezeigt. Dazu kommen Leihgaben von überall auf der Welt. Die meisten wurden aus dem Prado in Madrid, der National Gallery aus London und den Boston Museum of Fine Arts vorsichtig nach Wien transportiert.

"Velazquez", Ausstellung im Kunsthistorischen Museum Wien,

28. Oktober bis 15. Februar 2015,

tgl. außer Mo. 10-18 Uhr, Do. 10-21 Uhr,

Diese Highlights bietet die Ausstellung - siehe nächste Seite

Die Porträts von Velazquez sind Spiegel des wirtschaftlichen und politischen Niedergangs Spaniens in jener Epoche. Als der junge Maler am Hof des jungen Königs anheuerte, stand die Beschneidung des höfischen Luxus immensen Ausgaben für Kriege und Repräsentation nach außen krass gegenüber. Schlichtheit bei gleichzeitiger Würde strahlt Velazquez' Porträt von dem ganz in schwarz gekleideten, vor seinem Schreibtisch stehenden Philipp aus jenen Tagen aus.

Als sich die Lage in den 1630er Jahren zwischenzeitlich zum Positiven änderte, schlagen auch die Ornate der Herrscherfamilie, der Beamten und Höflinge und Hofzwerge ins Prächtige um. In "nüchterner Prosa" naturalistischer Prägung, welche die Direktorin der KHM-Gemäldegalerie, Sylvia Ferino-Pagden, dem aus Sevilla gebürtigen Hofmaler nachsagt, setzt Velazquez trotz der idealistischen Darstellungsweise, welche die Epoche allgemein beherrscht, das kurzfristige Aufblühen künstlerisch unter Verwendung teils markanter Farben um. Statt Staatsdienst werden nun wieder Status und Macht auf die Leinwand gebracht, was auch Velazquez' Stil trotz dessen Bindung als angestellter Kunsthandwerker an die Verhältnisse und den Geschmack am Hof aufleben lässt.

Velazques - "Transfer" zum Papst nach Rom

Doch die 40er Jahre des 17. Jahrhunderts, in denen eine Krise für Spanien die nächste jagte, verdammten den Meister dann zum fast gänzlichen Nichtstun als Maler in seiner Heimat. Ein Glück für Velazquez und die Nachwelt, dass er nach Italien entsandt wurde, um für eine Neuausstattung der königlichen Paläste zu sorgen und kein Wunder, dass er eigentlich dortbleiben wollte. Hier entfaltete Velazquez wieder eine rege Tätigkeit. Papst Innozenz X. höchstpersönlich stand ihm Modell - das entstandene Gemälde eines kühlen Kirchenfürsten ist ein Höhepunkt seines Schaffens, das Francis Bacon zahlreich variieren sollte.

DER Blockbuster von Velazquez: "Las Meninas" (Die Hoffräulein)

Dem setzte Velazquez, der sich in seiner Lehr- und Frühzeit in Sevilla und auch später noch religiösen Sujets und Alltagsszenen gewidmet hatte, mit "Las Meninas" (Die Hoffräulein) von 1656 noch etwas drauf: Auf großem Format wagte er das Experiment eines Gruppenporträts und machte zugleich die Malerei an sich zum Thema. Die Hofszenerie mit Infantin Margarita im Zentrum und dem im Spiegel reflektierten elterlichen Königspaar, wirft ein Schlaglicht auf die damals prekäre Lage der Monarchie, weil es keinen männlichen Thronerben gab. Zugleich setzt sich der Maler bei der Arbeit selbst ins Bild, das sich heute im Madrider Prado befindet. Damit hatte er, als er auf dem Höhepunkt seines Schaffens und seiner Hofkarriere, vier Jahre später an einer Fieberkrankheit starb, eines der am häufigsten (nicht kommerziell) reproduzierten und am heftigsten diskutierten Gemälde der abendländischen Kunstgeschichte erschaffen.

Kuratorin Sylvia Ferino-Pagden im Interview über die Velazquez-Ausstellung - bitte umblättern

Kuratorin Ferino-Pagden über Velazquez im KHM: "Berührend, erschütternd, schön und großartig".  "Es war sicherlich die schwierigste Ausstellung", aber "meine Freude lässt mich alle Mühen vergessen"

Für die "Velazquez"-Schau kommen sieben Gemälde aus dem Prado und Hauptwerke wie die "Rokeby Venus" aus der National Gallery nach Wien. Kuratorin und Direktorin der Gemäldegalerie im Kunsthistorischen Museum, Sylvia Ferino-Pagden, plauderte eine Woche vor der Eröffnung beim Auspacken von Transportkisten mit wertvollster Fracht über das Riesen-Projekt.

Frage: Frau Dr. Ferino-Pagden, was macht diese Velazquez-Ausstellung so besonders?

Sylvia Ferino-Pagden: Es ist die erste, die je angedacht wurde für Wien, das Kunsthistorische Museum und den deutschen Sprachraum ganz allgemein. Dabei hat ja Wien eigentlich numerisch die größte Anzahl von Velazquez-Gemälden außerhalb des Prado. Wir hatten einmal 14, jetzt sind es zwölf. Zwei wurden abgegeben.

Frage: Wem verdankt das Kunsthistorische Museum den Umstand dieses großen Velazquez-Bestandes?

Ferino-Pagden: Den engen dynastischen Beziehungen, die im späten 15. Jahrhundert mit Maximilian I. beginnen, der seine beiden Kinder an spanische Königskinder in einer Doppel-Allianz verheiratet. Aus der Hochzeit Philipps des Schönen mit Johanna der Wahnsinnigen entstammen dann Karl V. und Ferdinand I., und damit beginnt diese fast zweihundert Jahre dauernde enge dynastische Heiratsbeziehung.

Frage: Nach welchem Konzept wurden die Bestände des Kunsthistorische Museums für diese Ausstellung ergänzt?

Ferino-Pagden: Mein großes Ziel war es, über das große dynastische Porträt hinaus Velazquez in seiner Gesamt-Entfaltung zu zeigen. Das dynastische Porträt bildet weiter den zentralen Bereich, weil Velazquez ja als Hofmaler die Porträts des Königs und der königlichen Familie prägen und gestalten und damit das Image des Herrschers glaubhaft vermitteln sollte. Aber darüber hinaus hat Velazquez ja natürlich auch von früh an andere Gemälde gemalt, und darin kommt ganz besonders seine einzigartige Sicht auf die Welt der Dinge zum Ausdruck. Darum wollte ich in einer ersten Sektion seinen künstlerischen Beginn in der andalusischen Stadt Sevilla zeigen. Sevilla war damals die bedeutendste Handelsstadt der mediterranen Welt.

Frage: Geht die Ausstellung auch in die andere Richtung, d.h. beschäftigt sie sich auch mit der Weiterwirkung, der Rezeption, die ja erst viel später in dem Ausmaß eingesetzt hat, wie wir sie heute kennen?

Ferino-Pagden: Gar nicht. Ich bringe überhaupt keine Rezeption des 19. und 20. Jahrhunderts. Wir haben weder Impressionisten noch Picasso noch Salvador Dali. Wir bleiben im Rahmen der Alten Meister. Das Konzept hat drei Sektionen: Das dynastische Porträt bildet die zentrale Sektion, seine Zeit in Sevilla, also die Bilder, die dazu führen, dass er überhaupt Hofmaler wird, die zweite. Und in einer letzten Sektion zeigen wir die Bilder, die er von sich aus malt, in denen seine Fantasie groß zum Ausdruck kommt. Da können wir sehen, wie modern er an die Sache herangeht, wie er sich unvorbelastet von dem großen Package der traditionellen Malerei, der Allegorie, der Anhäufung mit reichen Dingen, direkt auf den Menschen, auf die Situation, auf die Darstellung, also auf das, was er zeigen will, konzentriert. Das war für mich ein großes Anliegen. Darin kommt zum Ausdruck, dass er zu den ganz Großen gehört, die sich auf das konzentrieren, was die condition humaine eigentlich ausmacht. Das ist berührend, erschütternd, schön und großartig.

Frage: Im Katalog-Vorwort schreiben Sie, dass auch die Versicherungswerte Einfluss auf die Konzeption der Ausstellung genommen haben.

Ferino-Pagden: Als erster Schock kam ein Versicherungswert über 150 Mio. Euro für ein einziges Bild, da brauche ich gar nicht mehr weiter reden. Die Staatshaftung deckt nur einen gewissen Anteil.

Frage: Sie beschließen mit dieser Ausstellung ihre 25-jährige Tätigkeit an diesem Museum. Ist der Abschluss auch gleichzeitig der Höhepunkt?

Ferino-Pagden: Es war sicherlich die schwierigste Ausstellung. Velazquez kann man ja nicht so einfach machen, es bedarf erst eines Grundstocks, auf dem man aufbauen kann. Trotzdem sind wir heute in einer Zeit, in der ich ein klares wissenschaftliches Konzept wahrscheinlich gar nicht mehr durchziehen kann, weil ich bei den konkreten Fragestellungen nicht mehr damit rechnen kann, auch wirklich die dafür benötigten Werke zu bekommen. Das war eine der Frustrationen. Der noch größere Frust war der, Werke, die ich endlich zugesichert bekam, absagen zu müssen, weil sie zu teuer waren. Es ist trotzdem erhebend, jetzt zu sehen, wie sich eine Kiste nach der anderen auftut, und es kommen diese Wunderdinge heraus. Meine Freude lässt mich alle Mühen vergessen.

(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)

"Velazquez", Ausstellung im Kunsthistorischen Museum Wien,

28. Oktober bis 15. Februar 2015,

tgl. außer Mo. 10-18 Uhr, Do. 10-21 Uhr,