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Vergewaltigung– "Nüchtern hätte ich das nie zugelassen"

"Nüchtern hätte ich das nie zugelassen." Ob es eine Vergewaltigung war oder einvernehmlicher Sex, wird am Schweizer-Gericht geklärt. 

Eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten drohen dem Täter.
Eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten drohen dem Täter.
Getty Images

Es ist festzuhalten, dass es verwerflich ist, wenn sich ein fast nüchterner Mann auf sexuelle Handlungen mit einer massiv alkoholisierten Frau einlässt – kriminell, wenn er sie erzwingt. Aber war es eine Vergewaltigung? Diese Frage muss das Strafgericht Basel-Stadt in Bezug auf das angeklagte Sexualdelikt am Lohweg beantworten.

Aussagen unterscheiden sich

Am Dienstag wurden das mutmaßliche Opfer, eine junge Frau, und der Beschuldigte, ein 20-jähriger Mann, befragt. Er habe nur ein Bier getrunken, sagte er. Sie hatte 1,29 Promille im Blut. Ihm erschien sie "normal". Sie sagt, sie sei nur körperlich da gewesen, "mit dem Kopf schon weg". Auf der Tanzfläche des Balz Clubs kam es zu ersten sexuellen Handlungen zwischen den beiden. Er sagt einvernehmlich, sie sagt: "Nüchtern hätte ich das nie zugelassen." Beide bestätigen die Handlungen, auch wenn sich ihre Aussagen teilweise unterscheiden.

"Seine Aussagen sind widersprüchlich, ihre Aussagen sind lückenhaft."

Alkoholisiert und unter Schock

Im Zentrum der Verhandlung steht aber, was darauf folgte. Der Beschuldigte gab zu Protokoll, dass sie zusammen den Club verließen und sie Sex mit ihm wollte, er aber nicht mit ihr. Beide hätten sich selber befriedigt. Sie hingegen sagt, es sei zur Penetration gekommen, er habe sie vergewaltigt. Seine Aussagen sind teilweise widersprüchlich, stehen aber hinter einer Übersetzungswand. Ihre Aussagen sind lückenhaft, sie war aber schwer alkoholisiert und möglicherweise unter Schock.

Anschuldigungen

Selten wird in einem Verfahren so sehr auf die Vorgeschichte eingegangen, die wenig bis keine Aussagekraft zum eigentlichen Tatvorwurf hat. Es bot sich an, weil vieles davon, was sich im Club abgespielt hat, von Überwachungskameras aufgezeichnet wurde. Er hat sich mehreren Frauen genähert, teilweise aufdringlich. Aber nichts davon ist angeklagt. Auch sie hatte mehrere sexuelle Kontakte mit anderen Männern, offenbar einvernehmlich. Ungeachtet dessen kann man daraus nicht schließen, ob der Beschuldigte das mutmaßliche Opfer später vergewaltigt hat.

"Ihn interessierte nicht, was die Frauen wollten oder nicht wollten, waren die Frauen alkoholisiert, hätten sie für ihn "dankbare Opfer" dargestellt."

DNA-Spuren als Beweis?

"Es ist kein einfacher Fall", gab die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer zu. Am Ende stellte sie aber Spermaspuren auf den Kleidern der Frau und eine DNA-Spur des Beschuldigten in ihrem Genitalbereich fest. "Ihn interessierte nicht, was die Frauen wollten oder nicht wollten", sagte sie. Waren sie alkoholisiert, hätten sie für ihn "dankbare Opfer" dargestellt. Am Ende hätte er die "schlechte Verfassung des Opfers schamlos ausgenutzt". Es habe dort aber jede andere Frau treffen können.

Freiheitsstrafe von 24 Monaten

Die Staatsanwaltschaft forderte eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten für die Vergewaltigung. Zudem solle der afghanische Staatsangehörige für acht Jahre des Landes verwiesen werden. Ob eine Ausschaffung in das inzwischen wieder von den Taliban regierte Land durchgeführt werden könne, müsse die Vollzugsbehörde entscheiden. Die Opfervertreterin schloss sich der Forderung der Staatsanwaltschaft an und verlangte eine Genugtuung von 12.000 Franken.

Entschädigung

Die Verteidigerin führte ins Feld, dass sich die Frau an den aufgezeichneten sexuellen Handlungen aktiv beteiligt habe. Für eine Vergewaltigung gebe es aber keine Beweise. Auch das rechtsmedizinische Gutachten stufe eine Penetration als unwahrscheinlichen Grund für das geringe Verletzungsbild ein. Ihr Mandant sei freizusprechen. Für die ausgestandene Haft von sechs Monaten, "die er als Schweizer wohl nicht hätte absitzen müssen", verlangte sie eine Entschädigung von rund 37.000 Euro. Die Urteilsverkündung ist für Freitag angesetzt.

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