Österreich

So wenig Verdächtige sind tatsächlich schuldig

Heute Redaktion
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Bild: Sabine Hertel

Die Kriminalstatistik mag zwar eindrücklich und beunruhigend sein - wie viele Verdächtige aber tatsächlich verurteilt werden, zeigt eine andere Auswertung.

Jedes Halbjahr gibt die Polizei bekannt, wie viele Amtshandlungen sie durchgeführt hat, wie viele Anzeigen gemacht wurden und wie viele Tatverdächtige es gegeben hat. Da sind nicht nur Schuldige, sondern auch Unschuldige dabei.

Denn die Polizei richtet nicht darüber, ob jemand wirklich eine Straftat begangen hat oder nicht. Das ist Aufgabe des Gerichts, das dazu die Verurteilungsstatistik bekannt gibt.

So viele Straftaten, so viele Männer

28.286 Menschen wurden im Jahr 2017 rechtskräftig verurteilt. Verurteilungen gab es 30.746, bestraft wurden insgesamt 49.049 Delikte. Das heißt: Manche Straftäter standen mehrmals vor Gericht, einige Prozesse behandelten mehrere Delikte gleichzeitig.

Im Vergleich dazu die Polizei-Statistik: Hier war von 510.536 Anzeigen die Rede. Bei einer "Aufklärungsquote" von 50,1 Prozent ergab das satte 270.630 Tatverdächtige.

85,5 Prozent der Verurteilten sind Männer, zum Tatzeitpunkt waren die meisten Verurteilten Erwachsene über 21 Jahre. Mehr als die Hälfte (57,7 Prozent) Österreicher. Das heißt auch, dass der Rest (42,3 Prozent), ausländische Staatsbürger sind. Im Vergleich zur Bevölkerung also stark vertreten.

Verurteilte Ausländer

Wer sind die verurteilten ausländischen Staatsbürger, die im Vorjahr vor Österreichs Richtern standen?

Christian Pilnacek, Sektionschef für Strafrecht im Innenministerium, nennt gegenüber "Ö1" Details: "Den meisten Anteil haben Täter und Verurteilte aus EU-Mitgliedsstaaten mit knapp 14,3 Prozent. Wir haben aus dem ehemaligen Jugoslawien knapp acht Prozent, dann Türkei mit 3,3 Prozent."

Das heißt, die 42,3 Prozent ausländische Verurteilte setzen sich wie folgt aus den einzelnen Staaten zusammen: 14,3 Prozent aus EU-Mitgliedsstaaten - ein Drittel der ausländischen Verurteilten. Knapp 8 Prozent aus dem ehemaligen Jugoslawien, 3,3 Prozent aus der Türkei und etwa 16,7 Prozent "Sonstige". Ergibt zusammengerechnet: 42,3 Prozent Ausländer.

Was waren die Verbrechen?

Die Verbrechen, für die die meisten Angeklagten verurteilt wurden, waren Vermögensdelikte. 31 Prozent der Verurteilten haben ein solches begangen. Was ist das? Darunter versteht man etwa Sachbeschädigung, Diebstahl, Einbruch und Raub, Veruntreuung, Erpressung, Betrug, Untreue, Versicherungsmissbrauch, Schwarzarbeit, Geldwäsche oder Hehlerei.

An zweiter Stelle der Verurteilungsstatistik standen strafbare Handlungen gegen das Suchtmittelgesetz (18,5 Prozent). Dann Täter, die eine Straftat gegen Leib und Leben begangen haben, mit 17,1 Prozent. Darunter fallen etwa Mord, Totschlag, fahrlässige Tötung, Körperverletzung, Raufhandel oder unterlassene Hilfeleistung.

Wegen einer Sexualstraftat (z.B. Vergewaltigung, Nötigung, sexueller Missbrauch, Zuhälterei, Prostitution und Vermittlung von Sex mit Minderjährigen) angeklagt und auch verurteilt wurden im vergangenen Jahr vergleichweise wenige. Sie schlagen mit 2,4 Prozent zu Buche. Dies ist in etwa derselbe Wert wie im Jahr davor (2016).

Die Statistik zeigt einen leichten Rückgang von Vermögens- und Gewaltdelikten im Verlgeich zum Jahr 2016.

Die Strafen

Und wie sind die Strafen ausgefallen? Fast zwei Drittel (65,1 Prozent) der Verurteilten bekamen eine Freiheitsstrafe, über ein Drittel kam aber mit einer bedingten davon. 28,8 Prozent der Verurteilten mussten tatsächlich "sitzen" gehen.

Im absoluten Zahlen: 8.839 Menschen mussten 2017 ins Gefängnis. Davon 8.178 Männer und 661 Frauen.



Am zweitöftesten bekamen die Straftäter eine Geldstrafe, 28,3 Prozent der Verurteilungen endeten damit. Der Rest entfiel auf teilbedingte Strafen (unbedingte Geld- plus bedingte Haftstrafe, 3,8 Prozent) und "Sonstige" (2,6 Prozent).

Straftaten der Ausländer

Wie sieht der Anteil der ausländischen Verurteilten in den einzelnen Kategorien aus? Auch das beantwortet Pilnacek gegenüber "Ö1": Der Ausländeranteil bei Eigentums- und Suchtmitteldelikten ist höher als an den Gesamtverurteilungen. Hier gibt es also häufiger ausländische Täter.

Geringer als der Durchschnitt sind die ausländischen Verurteilten in Sachen Sexualdelikte und Straftaten an Leib und Leben: "Bei den Sexualdelikten ist die Anzahl der Verurteilungen gegen ausländische Täter ziemlich gering, der liegt bei knapp 26 Prozent [aller Sexualstraftaten]. Bei Leib und Leben liegt der Anteil der Ausländer auch niedriger, bei 35,3 Prozent [aller Straftaten gegen Leib und Leben]", so Pilnacek.

Heißt im Umkehrschluss: 74 Prozent der verurteilten Sexualstraftäter sind Österreicher. Für 64,7 Prozent der Straftaten gegen Leib und Leben wurden Österreicher verurteilt.

(red)

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