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Verwirrung um Snowden-Flucht aus Moskau

Heute Redaktion
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Bild: Screenshot YouTube

Die Flucht des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden gestaltet sich immer mehr wie in einem Agentenfilm. Den ursprünglich an Medien und Öffentlichkeit avisierten Flug von Moskau nach Havanna hat der "Whistleblower" rund um das US-Spionageprogramm PRISM Montagmittag offenbar nicht genommen.

Die Flucht des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden gestaltet sich immer mehr wie in einem Agentenfilm. Den ursprünglich an Medien und Öffentlichkeit avisierten Flug von Moskau nach Havanna hat der "Whistleblower" rund um das US-Spionageprogramm PRISM Montagmittag offenbar nicht genommen.

Snowden habe Russland inzwischen verlassen, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax. Der 30-jährige IT-Spezialist, der auf der Flucht vor der US-Justiz ist, sei allerdings offenbar an Bord eines anderen Flugzeuges gegangen, meldete Interfax unter Berufung auf Sicherheitskreise. Nach Angaben von Wikileaks-Gründer Julian Assange ist Snowden wohlauf und in Sicherheit.

Snowden hatte sich am Montagvormittag noch im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo aufgehalten. Der Aeroflot-Flug von Moskau mit der Nummer SU150 sollte um 12.05 Uhr (MESZ) starten und um 0.45 Uhr in Havanna landen.

USA forderte von Russland Auslieferung

Die US-Regierung hat Russland deshalb aufgefordert, den Enthüller des US-Spähprogramms PRISM umgehend auszuliefern. "Wir erwarten, dass die russische Regierung alle verfügbaren Optionen prüft, um Herrn Snowden in die USA zurückzuschicken", teilte das Weiße Haus mit. Zwischen den USA und Russland habe es in jüngster Zeit eine "intensivierte Zusammenarbeit" in Fragen der Rechtsstaatlichkeit gegeben, die fortgesetzt werden müsse.

Russland schien der Appell aber kalt zu lassen. Dort sah man absolut keinen Grund, den in Moskau zwischengelandeten früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden festzunehmen und in die USA auszuliefern. "Die Amerikaner können nichts fordern. Wir können ihn übergeben - oder wir können ihn nicht übergeben", sagte der Menschenrechtsbeauftragte der russischen Regierung, Wladimir Lukin, der Agentur Interfax am Montag.

China taktierte

Nicht Hongkong, sondern China hat nach Informationen der "New York Times" am Ende über die Ausreise des früheren US-Geheimdienstzuarbeiters Edward Snowden aus Hongkong entschieden. Peking habe sich damit aus der Zwickmühle befreien wollen, das Verhältnis zu den USA nicht zu sehr zu belasten und gleichzeitig den Informanten nicht an die Amerikaner auszuliefern, schreibt das Blatt unter Berufung auf ungenannte Experten.

Snowden hat die weltumspannende Ausforschung des Internets und der Telekommunikation durch amerikanische und britische Geheimdienste öffentlich gemacht. Die USA wollen ihn dafür wegen Geheimnisverrats vor Gericht bringen.

Einen Antrag der USA, den US-Bürger festzunehmen, wies Hongkong wegen Formfehlern zurück. Snowden versucht nun, über einen Asylantrag in Ecuador Schutz vor der Strafverfolgung zu finden. Hongkong ließ Snowden aber am Sonntag nach Moskau ausreisen. Der 30-Jährige habe ein Ticket für einen Flug von Moskau nach Havanna gebucht, hieß es aus Kreisen der russischen Fluggesellschaft Aeroflot. Kuba gab an, nichts davon zu wissen.

Strategische Entscheidung Chinas

In China genieße der 30-Jährige große Sympathien, weil er die Doppelzüngigkeit der USA aufzeige, die China der Datenspionage bezichtigen. Wichtiger seien China aber langfristig die Beziehungen zu den USA, sagte ein Informant der "New York Times". Mitarbeiter westlicher Geheimdienste sagten der Zeitung, die Chinesen hätten wahrscheinlich die Daten von vier Laptops kopiert, die Snowden nach Hongkong mitgebracht habe.

Der Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom erklärte unterdessen, dass Deutschlands Nachrichtendienste bereits seit längerem über das Ausspähen von Internet- und Telefonverbindungen durch Geheimdienste der USA und Großbritanniens Bescheid wüssten. Dem Computerexperten Snowden riet Schmidt-Eenboom von einem Exil in Ecuador ab. Snowden wäre in China sicherer gewesen, wo ihn die dortigen Geheimdienste hätten schützen können. Auf dem amerikanischen Kontinent müsse Snowden hingegen damit rechnen, von den USA entführt zu werden, so der Experte.