Österreich

Verzweiflung im Westen, Angst entlang der Donau

Heute Redaktion
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Während Tirol und Vorarlberg nach dem Wetter-Chaos langsam aufatmen können, spitzt sich die Lage am Montag an der Donau weiter zu. Die Pegelstände sollen den ganzen Tag über kontinuierlich steigen. In manchen Ortsteilen wurde Zivilschutzalarm ausgelöst, seit Sonntagabend gelten die Gemeinden und Bezirke an der Donau als Katastrophengebiet. Das oberösterreichische Machland zittert, hier hat der Wasserstand bereits bedrohliche Ausmaße erreicht.

Hochwasser und kein Ende in Sicht - so könnte man die prekäre Situation in einigen österreichischen Bundesländern am Montag beschreiben. Während in Tirol die Aufräumarbeiten begonnen haben und in Salzburg nach einem ersten Durchatmen die Schäden sichtbar wurden, herrschten in Ober- und Niederösterreich Hoffen und Bangen.

Denn die Pegel der großen Flüsse - vor allem Inn und Donau - waren weiter im Steigen. Zahlreiche Städte standen unter Wasser. Insgesamt waren österreichweit 18.900 Einsatzkräfte der Feuerwehren, 1.400 Rotkreuz-Mitarbeiter und 800 Soldaten des Bundesheeres im Katastropheneinsatz.

Das Hochwasser forderte auch ein zweites Todesopfer. Nachdem bereits am Samstag in Salzburg ein Mann bei Aufräumarbeiten ums Leben gekommen war, wurde in Mäder in Vorarlberg ein seit Sonntag abgängiger 58-Jähriger tot aufgefunden. Das Bundesheer setzte in den Hochwassergebieten 24 Hubschrauber für Erkundungs- und Evakuierungsflüge ein. Das Hochwasser zog am Montagmittag auch eine Sperre der Donau für den Schiffsverkehr nach sich. Zahlreiche Spendenkonten wurden eingerichtet.

Rund 2.800 Feuerwehrleute und 270 Bundesheersoldaten waren in Niederösterreich im Dauereinsatz. Bis Montagabend wurden rund 1,2 Millionen Sandsäcke als Schutz vor Hochwasser verlegt. Vor allem in der Wachau hatte sich die Situation in den letzten Stunden zugespitzt, sagte Mathias Fischer vom Landesfeuerwehrkommando: „Emmersdorf, die Ortschaften in der Wachau, Spitz, Dürnstein oder Weißenkirchen werden zurzeit intensiv beobachtet. Die Hochwasserschutzbauten erleben da ihre Feuertaufe.“ Die Höhe der Hochwasserschutzwände beträgt 11,15 Meter - Montagnachmittag stand der Pegel der Donau bei 10,10 Meter. An der Donau würden "die Dämme halten", sagte der Sprecher.

In Melk nahm die Bevölkerung die Überflutung der Altstadt relativ gelassen, während man den Einwohnern von Krems-Stein empfahl, "Hab und Gut aus den unteren Geschossen in Sicherheit zu bringen". Zudem wurden Vorbereitungsmaßnahmen für eine mögliche Evakuierung getroffen. In der Tourismusschule HLF am Langenloiser Berg stünde ein Lager für 200 Personen zur Verfügung, informierte die Stadt. Zu Evakuierungen kam es in Korneuburg. 15 Bewohner mussten eine Siedlung verlassen, zuvor war eine ältere Frau per Zille geborgen worden. In Kritzendorf in der Gemeinde Klosterneuburg mussten am Montag laut Fischer insgesamt zwölf Personen per Zille aus der überfluteten Strombadsiedlung gerettet werden. Die Hochwassereinsätze der Feuerwehr in Niederösterreich erreichten am Montag auch den Bezirk Bruck a.d. Leitha.

In Oberösterreich stand vor allem die Gegend um Schärding, wo ein Flutopfer reanimiert werden musste, im Brennpunkt. 500 Menschen wurden evakuiert. Laut Hydrografischem Dienst werde sich die Hochwassersituation in Oberösterreich erst Dienstagnachmittag entspannen. "Niemand hat gedacht, dass das Wasser so hoch wird", berichtete der fassungslose Schärdinger Bürgermeister Franz Angerer (V). "Ich habe heute um 5.00 Uhr früh Dinge gesehen, die mir das Herz zerbrochen haben." Der Höhepunkt sei jedoch erreicht, man erwarte in den kommenden Stunden einen leichten Rückgang, sagte ein Mitarbeiter des Hydrografischen Dienstes.

Im Machland, das beim Jahrhunderthochwasser 2002 schwer getroffen worden war, hoffte man, dass die Wassermassen nicht über die Dammkrone klettern würden. Laut dem OÖ-Landeshauptmann Josef Pühringer (V) wurden den Voraussagen zu geringe Parameter zugrunde gelegt. "Die Prognose war falsch", sagte er nach der ersten Sitzung des Landeskrisenkoordinationsgremiums. Überaus dramatisch war die Situation auch im benachbarten Passau (D). Weite Teile der Alt- und Innenstadt versanken in den Fluten von Donau und Inn. Evakuiert werden musste auch die Justizvollzugsanstalt Passau, ein Häftling wurde vorzeitig entlassen.

Wasserrettung mit Booten unterwegs  

In Tirol und Salzburg konnte am Montag bereits mit den Aufräumarbeiten begonnen werden. Im Tiroler Unterland bot sich den Einsatzkräften ein verheerendes Bild, die Schäden waren zum Teil enorm - insbesondere im arg getroffenen Ort Kössen im Bezirk Kitzbühel. Zumindest konnte dort die Stromversorgung bis Mittag weitgehend wieder hergestellt werden. An die 100 Hangrutschungen und Muren wurden verzeichnet, berichtete Marcel Innerkofler, Leiter des Landeswarnzentrale. Die Wasserrettung hatte Boote aus allen Teilen des Landes für das Katastrophengebiet zusammengezogen. Laut Verteidigungsministerium standen bereits 160 Soldaten im Raum Sankt Johann und Kössen im Einsatz, rund 200 sollen morgen dazu kommen.

Auch in Salzburg waren die Aufräumarbeiten am Montag voll im Gange. "Die Lage entspannt sich langsam, von einem Normalzustand sind wir aber noch weit entfernt", so Norbert Altenhofer vom Referat Katastrophenschutz des Landes. "Die Durchfeuchtung des Bodens ist so massiv, das selbst kleine Niederschläge reichen, um Hangrutschungen und Murenabgänge auszulösen." Neben rund 2.200 Mann der Feuerwehren standen den ganzen Montag über auch 330 Berufssoldaten im Assistenzeinsatz. Einsatzkräfte waren entlang der Flüsse damit beschäftigt, unterspülte Bereiche abzusichern oder Schäden zu beheben. In der Stadt Salzburg musste etwa eine vom Wasser freigelegte Gasleitung mit Seilen an Bäumen abgesichert werden. Ein massives Problem stellen laut Altenhofer derzeit auch die meisten Wildbachsperren im Katastrophengebiet dar. "Diese sind so mit Schutt und Holz gefüllt, dass eine Zusatzgefährdung besteht, wenn diese nicht rasch ausgeräumt werden." Experten der Wildbach-und Lawinenverbauung seien derzeit dabei, die notwendigen Arbeiten in die Wege zu leiten.

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