Niederösterreich

Volksanwaltschaft will Jugendstrafanstalt überdenken

Volksanwältin Schwarz schlägt vor, dass man jungen Straftätern die Verbüßung der Haft auch auf bestehenden Jugendabteilungen ermöglicht.

Erich Wessely
Häfen in Gerasdorf
Häfen in Gerasdorf
Bild: Daniel Schaler

Die Jugendstrafanstalt Gerasdorf (Bez. Neunkirchen) ist derzeit das einzige österreichische Gefängnis für männliche Jugendliche und junge Erwachsene. Dieses Konzept sollte man überdenken, regte Volksanwältin Gaby Schwarz (ÖVP) am Montag vor Journalistinnen und Journalisten an. Bei der Präsentation des heurigen Wahrnehmungsberichts der Volksanwaltschaft zum Thema "Jugend in Haft" machte sich Schwarz auch für rasche Änderungen im Maßnahmenvollzug speziell für Jugendliche stark.

In die Justizanstalt (JA) Gerasdorf werden grundsätzlich sämtliche Straftäter im Alter bis zu 21 Jahren verlegt, nachdem ihr Urteil in Rechtskraft erwachsen ist und sie klassifiziert worden sind. Glücklich sei dort keiner, hieß es bei einer Pressekonferenz der Volksanwaltschaft am Montagnachmittag. Die Generaldirektion für den Strafvollzug werde mit Anträgen auf Verlegung in andere Gefängnisse "überschwemmt". Grund: Insassen, die aus entfernteren Bundesländern stammen, "leiden besonders darunter, wenn sie keinen Kontakt zu ihren Familien haben und von ihren Wurzeln abgeschnitten sind", erläuterte Schwarz. Am Wochenende gebe es in Gerasdorf keine Besuchszeiten, so dass in Beschäftigung stehende Eltern de facto Urlaub nehmen müssten, um ihre inhaftierten Söhne zu sehen. Auch das Rauchverbot macht den Insassen zu schaffen. Seither wird dem Wahrnehmungsbericht der Volksanwaltschaft zufolge dort "alles geraucht - nur keine Zigaretten". Die Inhaftierten würden Fensterdichtungen in Zeitungspapier wickeln und das rauchen.

Beibehalten sozialer Netze

Schwarz und ihre auf den Strafvollzug spezialisierten Experten Peter Kastner und Manuela Albl schlagen vor, dass man jungen Straftätern aus den westlichen und südlichen Bundesländern die Verbüßung ihrer Strafen in bestehenden Jugendabteilungen in Gefängnissen nahe ihrer Wohnorte möglich machen sollte. Das würde ihnen das Beibehalten ihrer familiären und sozialen Netze erleichtern und die Resozialisierungschancen erhöhen. Umgekehrt könnte Gerasdorf dann für erwachsene Straftäter genutzt werden. Gerasdorf sei derzeit nur zur Hälfte ausgelastet, während die Kapazitäten anderer Justizanstalten erschöpft sind. "Eisenstadt geht über. Da liegen die Leute auf Matratzen am Boden", sagte Peter Kastner, stellvertretender Geschäftsbereichsleiter bei der Volksanwaltschaft.

Was die Haftbedingungen betrifft, "gibt es besondere Konzepte für Jugendliche am Papier. Die können nur nicht gelebt werden", monierte Reinhard Klaushofer, Leiter der für den Justizbereich zuständigen Bundeskommission der Volksanwaltschaft. Das betrifft die haftbegleitende therapeutische und soziale Versorgung, aber auch Ausbildungs- und Freizeitangebote. In der JA Innsbruck habe es vor zwei Jahren einen Wasserschaden in der Turnhalle gegeben, der bis heute nicht behoben wurde, erklärte Klaushofer.

Maßnahmenvollzug: "Viel Luft nach oben"

Ein besonderes Augenmerk will Volksanwältin Schwarz auf den Maßnahmenvollzug richten. Da gebe es "viel Luft nach oben". Obwohl bei jugendlichen Delinquenten Haft grundsätzlich vermieden werden sollte, waren bei einem Besuch der Volksanwaltschaft Anfang August von 63 in Gerasdorf untergebrachten Insassen fast ein Drittel - nämlich 19 - als zwar zurechnungsfähige, aber infolge ihrer Persönlichkeitsstruktur als gefährlich eingestufte Burschen und junge Männer im Maßnahmenvollzug untergebracht (§ 21 Abs 2 StGB). Nach Verbüßung der konkret über sie verhängten Freiheitsstrafe wurden sie weiter zeitlich unbefristet angehalten, wobei die so genannte Anlasstat - das Delikt, für das sie verurteilt worden waren - in einigen Fällen eine gefährliche Drohung war, wie es bei der Pressekonferenz hieß. Wann diese Jugendlichen und jungen Erwachsenen wieder auf freien Fuß kommen, war für sie unabsehbar. Das hängt von einem psychiatrischen Gutachten ab, das gemäß einer gesetzlichen Bestimmung jährlich einzuholen ist.

"Es ist zu überlegen, wie sinnvoll diese Art der Unterbringung für Jugendliche ist", stellte Schwarz fest. Das Konzept des Maßnahmenvollzug gehöre speziell für diese Gruppe überdacht. Die Volksanwaltschaft regt jedenfalls eine zeitliche Begrenzung und eine Beschränkung auf schwere Straftaten an, zudem sollte alle sechs Monate geprüft werden, ob die weitere Anhaltung noch geboten ist.

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    Sven Hoppe / dpa / picturedesk.com