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Volkstheater-Chefin Badora zieht Schlussstrich

Heute Redaktion
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Fehlende Kommunikation, keine finanzielle Planungssicherheit, suboptimale Auslastung – Anna Badora zieht die Konsequenzen und verlässt das Haus mit Vertragsende.

"Seit meinem Antritt 2015 habe ich meine Aufgabe am Wiener Volkstheater mit großer Leidenschaft erfüllt. Da sich durch verschiedene Umstände die Situation für das Volkstheater geändert hat, und da ich diese Umstände nicht weiter ignorieren kann, weil sie auf unsere Arbeitsbedingungen unmittelbar Einfluss haben, werde ich mich nicht für eine zweite Amtszeit bewerben. So ist ohne ein Minimum an finanzieller Planungssicherheit, ohne auch nur die geringste Kommunikationsmöglichkeit mit den Verantwortlichen im Bund ein solches wichtiges Haus nicht zu führen", begründet Volkstheater-Intendantin Anna Badora ihre Entscheidung am Dienstag (etwas kryptisch).

Für 2018 war (längst überfällige) Sanierung geplant

Dieser Schritt war zu befürchten. Seit ihrem Amstantritt 2015 kämpfte Badora nicht nur darum, dem Haus ein "entsprechendes zeitgenössisches Profil zu geben, neue Formate zu etablieren und neue Bevölkerungsschichten für das Theater zu erschließen" – sondern schlicht um einfach auch um Geld. Das wäre dringend nötig, um die längst überfällige Generalsanierung des Hauses endlich voranzutreiben. Vor wenigen Monaten sah es noch so aus, als wäre diese auf Schiene: Vorgesehen waren neben der Modernisierung der Bühnentechnik und Sanitäranlagen auch u.a. ein neues Café im Erdgeschoß, eine neue Zentralgarderobe, eine neue Seitenbühne und eine neue Klimaanlage. Ein Lift (direkt zur Roten Bar) hätte eingebaut, Beleuchtung und Akustik optimiert werden sollen. Auch außen hätte das Volkstheater ein Facelift bekommen sollen: Die Dachkonstruktion über dem Bühnentrakt sollte angehoben werden, um mehr Platz für die Büros zu schaffen. Abschluss der Arbeiten: die Fassade.

Verschiebung bedeutete auch Abschlagszahlungen

Die Gesamtkosten bezifferte Cay Stefan Urbanek, der kaufmännische Direktor, mit 27,5 Millionen Euro. Jeweils zwölf Millionen wollten Bund und Stadt zur Verfügung stellen, das Volkstheater sagte zu, "Eigenmittel" in der Höhe von 3,5 Millionen Euro beizutragen. Die Arbeiten hätten im Mai 2018 beginnen sollen – doch dann kam alles anders. Die Sanierung wurde wegen der (offenbar) explodierenden Kosten abgesagt bzw. auf 2019 verschoben, das von Mitte April bis Mitte Juni und von Mitte August bis Mitte Oktober als Ersatzlocation gebuchte Odeon Theater storniert. Hier sind nun saftige Abschlagszahlungen fällig.

Badora: "Verspreche bis 2020 anregendes, aufregendes Theater"

Bis zu ihrem Abgang will die einstige Chefin des Grazer Schauspielhauses ihrem Kurs aber treu bleiben. "Gesellschaftsvertrag und Stiftungszweck des Volkstheaters verlangen wörtlich, zeitgenössische Theaterliteratur, davon insbesondere die österreichische Theaterliteratur, zu pflegen, bei den Spielplänen eine tolerante und humane Gesinnung zu vermitteln und den Schwerpunkt auf Aufklärung und Anregung durch gesellschaftspolitische Themen zu setzen. Diesem Ziel fühle ich mich nach wie vor verpflichtet", so Badora. "Ich verspreche dem Publikum in diesem Sinne spannendes, anregendes, aufregendes Theater."

Kaup-Hasler bedauert "Schwierigkeiten"

Auch Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler reagiert auf die Bekanntgabe: "Intendantin Anna Badora hat sich stets für das Volkstheater eingesetzt. Mit ihrem Ensemble hat sie für das Haus gekämpft und wird es auch die nächsten Jahre tun. Davon bin ich überzeugt. Vor ihrer Leistung und ihrer Entscheidung, ihren Vertrag nach Ende der Laufzeit nicht verlängern zu wollen, habe ich größten Respekt." Und: "Ich kenne Anna Badora persönlich und weiß um ihre Leistungen für das Schauspielhaus in Graz und ihr großes Engagement für das Volkstheater in Wien. Es tut mir leid, wenn sie in Wien mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert war, die die Umsetzung ihrer Visionen beeinträchtigt haben", so Kaup-Hasler weiter. Badora habe sich der Herausforderung gestellt, das Volkstheater unter schwierigen Bedingungen zu übernehmen und dessen Sanierung in die Wege zu leiten. "Für diesen Schritt und ihren Mut gebührt Badora großer Dank und Wertschätzung."

Künftige Neuausrichtung muss Thema werden

Der Schritt bewegt nun zumindest die Verantwortlichen, sich mit der zukünftigen Ausrichtung des Hauses zu befassen. "Wir müssen darüber nachdenken, welche Rolle dieses Theater mit seiner besonderen Geschichte und seiner Lage in einer sehr reichen Theaterstadt haben sollte, um eine einzigartige Stellung zu bekleiden", so Kaup-Hasler.

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