In der letzten Sitzung des Nationalrats vor der Weihnachtspause und dem neuen Jahr war die Stimmung aufgeheizt – es kam zu einem Eklat. Denn neben einer bereits angespannten EU-Stunde – "Heute" berichtete – stand auch die Aufhebung der Immunität dreier FPÖ-Abgeordneten im Zentrum.
In einem Redebeitrag beschwerte sich ÖVP-Abgeordneter Wolfgang Gerstl dabei über den freiheitlichen Nationalratspräsidenten Walter Rosenkranz. Immerhin seien die Auslieferungsanträge, "auf komische Art und Weise im Büro des Nationalratspräsidenten liegengeblieben".
Das werfe ein schlechtes Licht auf die Tätigkeit des Nationalratspräsidenten. Eine öffentliche Stellungnahme Rosenkranz blieb bislang ausständig, aus der Präsidiale hieß es letzte Woche nur, dass er sich erklärt habe.
Rosenkranz leitete zu diesem Zeitpunkt die Sitzung und meldete sich zu Wort. Der Nationalratspräsident erteilte Gerstl für die Formulierung "scheinheilig" einen Ordnungsruf und ergänzte, dass sich alles in einem Gerichtsverfahren zeigen werde.
Im Anschluss richtete er sich direkt an Gerstl und sagte: "Ich werde Sie einladen, sich bei mir zu entschuldigen."
Das sorgte für reichlich Tumulte in den Reihen der Volkspartei. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker sei "fassungslos" gewesen, dass ein Nationalratspräsident einem Abgeordneten mit einem gerichtlichen Verfahren drohe. "Mit dem Amtsverständnis ist das unvereinbar", donnerte Stocker.
Immerhin sei jeder Abgeordnete in der Ausübung seines Amtes von der Immunität umfasst. "Sie haben unser Vertrauen verloren", schloss Stocker. Brisant, denn die ÖVP hatte Rosenkranz zur Mehrheit im Parlament verholfen. Bei der Wahl hieß es zudem, dass man den Freiheitlichen einen "Vertrauensvorschuss" gebe. Dieser dürfte nun nach eineinhalb Monate aufgebraucht sein.
Tatsächlich drohte Rosenkranz ÖVP-Abgeordneten Gerstl aber nicht mit einem Verfahren. Der Nationalratspräsident fühlte sich missverstanden: "Es geht um rein medienrechtliche Verfahren, die mit Gerstl nichts zu tun haben."