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"Vox Lux" zeigt die fertige Figur hinter dem Superstar

Ein Anschlagopfer wird zum Superstar. Natalie Portman lässt uns unsere Erwartungen an Prominente hinterfragen.

Heute Redaktion
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Als ein Mitschüler ihrer High School wild um sich zu schießen beginnt, wird Celeste (Raffey Cassidy) in den Hals getroffen. Sie überlebt als einzige ihrer Klasse das Massaker a la Columbine. Frisch aus dem Spital entlassen, singt sie in ihrer Kirche einen selbstkomponierten Song über die Tragödie – und landet einen Hit.

Der Song ist der Startschuss für ihre Pop-Karriere. Mit ihrer Schwester (Stacy Martin) und ihrem neuen Manager (Jude Law) fliegt sie als junger Teenager erst nach Europa und schließlich als Superstar an die Spitze der Charts.

Jahre später, Celeste (Natalie Portman) ist inzwischen über 30 und hat eine Tochter im Teenageralter (wieder Raffey Cassidy), eröffnen Terroristen an einem Strand in Kroatien das Feuer auf Badegäste. Ihre Identität verschleiern die Schützen mit Masken, wie sie Celestes Tänzer tragen.

Celeste ist kurz vor ihrem Stadiontour-Auftakt. Ihr erstes Konzert soll sie nach langer Zeit wieder in ihren Heimatort führen. Die Öffentlichkeit will, dass das einstige Anschlagsopfer sich wegen des Anschlags in Kroatien rechtfertigt.

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"Vox Lux" (lat.: Die Stimme des Lichts) zeigt das Leben eines Superstars mit verschobenem Fokus. Ein Erzähler und mit einer Handkamera gedrehte "Homevideo"-Einschübe verstärken den Effekt. Der Erfolg von dem so viele träumen, wirkt gruselig. Ohne je ein richtiges Leben kennengelernt zu haben, hat sie jede Bodenhaftung verloren.

Hinte der Glitzerfassade ist Celeste statt eines Idols und einer Lichtgestalt eine fertige Figur. Egal ob auf die Fragen ihrer Tochter zu ihrem Privatleben oder die Fragen der Journalisten zum Anschlag, eine klare Antwort ist aus Celeste nicht herauszubekommen. Wird ihr eine Situation zu viel, reagiert sie aggressiv, lässt den Rockstar raushängen oder beginnt zu weinen, zerfließt in Selbstmitleid, greift zu Alkohol oder Drogen.

Auf der Bühne versteckt sich Celeste hinter Glitzer-Make-up und Kostümen. Pop mag sie, weil man über diese Musik nicht zu viel nachdenken muss.

Wenn man der instabilen Persönlichkeit zuschaut, wie sie ihr Leben nicht auf die Reihe bekommt, kann man nicht verstehen, wie irgendjemand ihr nacheifern will. Aber Fans, Medien und Gesellschaft verlangen von Celeste, dass sie die Rolle eines Vorbilds, einer moralischen Instanz einnimmt.

Hier setzt Regisseur Brady Corbet ("Childhood of a Leader") an. Niemand würde einen Installateur um eine Operation bitten. Warum also wird eine Sängerin, die keine Ahnung vom wirklichen Leben hat, gefragt, was sich Terroristen denken, wenn sie auf Unschuldige ballern?

Einen Anschlag zu überleben macht eine Person zum Opfer. Nicht zum Guru, Vordenker oder zum guten Menschen.

Die Welt will zu Stars aufschauen, ohne jedoch hinter die Fassade aus Glitzer blicken zu können. Sie schaut zu jemandem auf, der am Boden liegt. Benebelt durch Alkohol und Drogen manchmal sogar buchstäblich.

Natalie Portman singt ihren Hit "Wrapped Up" auf der Bühne

Jude Law, Natalie Portman und Sia waren am Film als ausführende Produzenten beteiligt, Sia hat für Portman auch die meisten der Songs geschrieben. Die Hauptdarstellerin beeindruckt mit ihrem Gesang.

Portman als Superstar und Law als ihr Manager machen ihre Sache gut, trotzdem treibt der Film ruderlos dahin, so wie Celeste durch ihr Leben.

"Vox Lux" ist durchaus sehenswert, aber es bleibt das Gefühl, dass sich die Macher ein ambitioniertes Ziel gesetzt haben, das sie nicht erreichen. Dass da eine Message sein sollte, die beim Publikum nicht ankommt.

Vox Lux läuft ab 25. Juli 2019 in Österreichs Kinos.