Im Windschatten der Ibiza-Affäre und wenige Stunden vor der Abwahl von Sebastian Kurz als Kanzler war die ÖVP 2019 bei der EU-Wahl noch auf 34,6 Prozent gesegelt. Fünf Jahre später wehte gestern ein "Wind of Change" durchs Land. Die Ergebnisse:
Der erste Sieg bei einem nationalen Urnengang löste bei der FPÖ am Sonntag einen Jubelsturm aus. Er fiel mit 25,5 Prozent zwar niedriger aus, als es die Umfragen nahegelegt hatten, dennoch legten die Blauen um 8,3 Prozent zu und sind im EU-Parlament künftig mit sechs Mandataren vertreten. Er sei "demütig und dankbar", freute sich Spitzenkandidat Harald Vilimsky im "Heute"-Gespräch. Die Österreicher hätten "ein klares Zeichen gesetzt, dass sie einen ehrlichen Wunsch nach einer positiven Veränderung mit der FPÖ haben."
Die Kanzlerpartei stürzte zwar um 9,9 Prozentpunkte ab, konnte sich aber vor der SPÖ den zweiten Platz sichern. Entsprechend erleichtert reagierte Generalsekretär Christian Stocker. Man sei quasi "von der Nulllinie gestartet", die Aufholjagd sei daher gelungen. Eine Obmanndebatte werde es nicht geben. Im Herbst wolle man das Kanzleramt gegen Herbert Kickl verteidigen.
Beim ersten nationalen Urnengang unter Neo-Parteichef Andreas Babler ging es für die SPÖ nach unten; die Roten kamen bei nur noch 23,3 Prozent und hinter der ÖVP zu liegen. "Wenn wir Dritter sind, sind wir nicht zufrieden", so Parteimanager Klaus Seltenheim.
Die Ökos verloren infolge der Schilling-Affäre zwar deutlich, blieben mit 10,9 Prozent aber zweistellig und sind künftig mit Lena Schilling und Thomas Waitz in Brüssel vertreten.
Auch wenn die pinken Bäume nicht in den Himmel schossen, ging es mit "einer pro-europäischen Vision" nach oben. Neos stellen künftig zwei Mandatare. "Ich freue mich wahnsinnig, dass wir zweistellig geworden sind", bejubelte Parteichefin Beate Meinl-Reisinger das pinke Ergebnis. Für Herbst erhofft sie sich eine "positive Vision".
KPÖ und DNA verfehlten den Einzug ins EU-Parlament.
Darum gibt es aktuell zwei unterschiedliche Ergebnisse
Derzeit kursieren zwei verschiedene Ergebnisse, die beide für sich genommen richtig sind, nichts an den Mandatsverteilungen ändern, aber psychologisch wertvoll sind.
Das Innenministerium hat ein vorläufiges Ergebnis veröffentlicht, bei dem aber noch rund 109.000 Wahlkarten fehlen. Dabei handelt es sich um jene, die zur Stimmabgabe mittels Briefwahl verwendet worden sind und nicht bereits von den örtlichen Wahlbehörden am Sonntag ausgewertet wurden. Demnach kommt die FPÖ auf 25,7, die ÖVP auf 24,7, die SPÖ auf 23,2, die Grünen auf 10,7 und NEOS auf 9,9 Prozent.
Der ORF etwa hat aber bereits ein Ergebnis inklusive Wahlkartenprognose veröffentlicht. In diesem, das auch näher am Endergebnis liegen dürfte, kommt die FPÖ auf 25,5 Prozent, die ÖVP auf 24,7, SPÖ 23,3, Grüne 10,9 und NEOS auf 10,1 Prozent.
Lediglich 55,8 Prozent nahmen teil.