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Wanda: "Waren von einer Siegessicherheit beseelt"

Heute Redaktion
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Am Ende sind wir nur eine Rockband, meinen Wanda. Dazwischen aber für so viele so viel mehr. Am 6.10. kommt die neue CD – ein Gespräch über Musik und ein Leben, das ihr einzig wahres ist

"Heute": Seit Wochen dreht ihr Runden im Promo-Karussell? Welche Frage könnt ihr mittlerweile nicht mehr hören?

Marco Michael Wanda: Wir antworten immer, so gut wir können. Ist ja Teil des Berufs. Und da ich das lieber mache, als alles andere auf der Welt, würde ich mich darüber lieber nicht beklagen wollen. Der Lohn ist viel zu groß, die Dankbarkeit der Menschen.

"Heute": Fünf Jahre Wanda. Ist das Anlass, Grund, Legitimation für eine kleine Zwischenbilanz?



Marco: Naja, die fünf Jahre waren lange genug, um auszuloten, ob wir zurückrudern wollen. Hätte ja sein könne, dass es dem einen oder anderen zu viel ist. Aber nein. Wenn eine Bilanz, dann diese: Wir lieben es heute umso mehr, kennen uns auch besser aus und können mit diesen heftigen Gefühlen besser umgehen.

"Heute": Viele Amore auf der einen Seite – und auf der anderen?

Marco: Eigentlich nur das. Musik zu machen, ist ein unglaublicher Endorphinsauger. Man ist so high, dass es im Umkehrschluss natürlich dann auch wieder eine Zeit braucht, bis man alles wieder aufgeladen hat.

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"Heute": Wie ist die Gefühlspalette nach einem Hammerkonzert?


Manuel Poppe: Körperlich ist es erschöpfend. Man ist verschwitzt, müde. Aber mental kräftigt das schon enorm. Man muss dann halt mal eine Nacht durchschlafen.

Marco: Direkt nach der Show geht dann ja gleich der Schmäh los, weil anders kann man diese Wucht an Emotionen eh nicht nehmen und nicht verkraften. Bilanz: Es gibt gar nichts schlechtes daran, dieses Leben zu führen. Ist das Leben, dass wir immer wollten. Das einzige.



"Heute": Was würdet ihr tun, wenn ihr dieses Leben nicht leben dürftet?


Manuel: Plan B ist die größe Gefahr für Plan A. Es gilt, ihn unter allen Umständen zu vermeiden.

"Heute": Ich dachte, das Schlimmste für Wanda sei Langeweile?

Manuel: Ja, Langeweile ist überhaupt das Schlimmste im Leben. Da passiert ja gar nichts. Da hat man ja nichts.

Marco: Mit Plan B wären wir außerdem nie so weit gekommen. Das, was wir hier machen, ist wie für einen Gangster-Rapper der HipHop. Es hat uns ein besseres Leben ermöglicht. Ich will nichts tun, was dieses Leben gefährdet. Wir waren schon beseelt von einer gewissen Siegessicherheit. Die Lieder, die ich schreibe, sind Klassiker. Das war uns allen schon vor drei Jahren klar.

Manuel: Ich hab schon mit 13, als ich begonnen habe, Gitarre zu spielen, gewusst, dass ich mit 30 mit meinem besten Freund auf der großen Bühne vor Tausende Menschen stehen werde. Da war einfach eine innere Sicherheit. Das Bild war noch nicht ausdefiniert, aber es war klar genug, um keinen akademischen Bildungsweg einzuschlagen.

Marco: Jetzt haben wir aber eh einen Titel: "Beste Rockband Österreichs".

"Heute": Und laut Musikexpress sid ihr „die vielleicht letzte wichtige Rock'n'Roll-Band unserer Generation"…

Manuel: Ja, aber das "vielleicht" kann man jetzt streichen.

Marco: Hoffentlich sind wir nicht die letzte, es sollten sich noch viel mehr Bands bilden hier.

Manuel: Es wäre auch schön, wenn Kulturschaffende in Österreich mal ihre Miete davon zahlen könnten. Das wäre eine Idealvorstellung.

"Heute": Marco, du magst es nicht gerne, wenn man euch auf eure Kreativität reduziert. Es geht bei dem, was ihr tut, auch um sehr viel Arbeit… Aber ganz ehrlich: Es gibt so viele Menschen, die hart arbeiten und trotzdem irgendwo herumtümpeln.

Marco: Das wir eine gewissen Fähigkeit haben, okay. Aber es steht mir nicht zu, zu beurteilen, warum der eine Erfolg hat und der andere nicht. Aber mir gefällt's nicht, die Kreativität als etwas hochzustilisieren, das nur in Blüte steht, wenn es bezahlt ist. Basteln ist kreativ, so viel Menschen schreiben Gedichte und wollen auch gar nicht, dass sie veröffentlicht werden. Es steht mir nicht zu, über Kreativität zu urteilen. Und ob sie tatsächlich nur verifizierbar ist über Erfolg.

Manuel: Kreativität, Arbeit – den größten Teil unserer Glücks schulden wir aber ohnehin unserem Publikum. Jede CD und jede Karte, die gekauft wird, schenkt uns dieses Leben. Wir sind stolz auf das, was wir erreicht haben. Aber dieser Stolz ist eher ein demütiges Gefühl.

Marco: Irgendwann, wenn man das macht, nach dem 300.0000 Publikumsgast, der in Ekstase dahinschmilzt, kann man das nicht mehr mit sich in Verbindung bringen. Es ist unmöglich, zu glauben, dass das mit uns zusammenhängt. Wir bedienen also ein Gefühl, das schon da ist. Die Menschen sind leidenschaftlich, die Menschen wollen ihre Angst verlieren. Und vielleicht sind wir für ein paar Tage im Jahr der Grund für die Menschen, so zu sein, wie sie sein wollen.

Manuel: Aber am Ende sind wir immer noch eine Rockband. Und viele dürften auf eine Rockband gewartet haben.

Marco: Ich schreibe diese Lieder so gut wie ich kann, aber ohenhin nur, um mich vor John Lennon zu rechtfertigen. Mein Maßstab ist John Lennon. Das ist der einzige Mensch, der etwas von meiner tieferen Arbeit versteht.

"Heute": Die Vorabsingle des Albums, "0043", wurde von vielen Medien als Beginn der "neuen Wanda" interpretiert. Melancholischer, unaufgeregter…

Marco: Dieser Song klingt vielleicht deutlicher so. Aber dieses Sehnsüchtige war immer schon Teil unserer Musik. „Stehengelassene Weinflaschen", etwa, ist auch zutiefst melancholisch. Ich sehe diesbezüglich auch nicht so eine große Entwicklung in unserer Arbeit. Vielleicht kommt das außen so an. Aber wir kennen unsere Musik ja schon länger, als die anderen. Es war immer schon Teil von uns, hat sich nur nicht richtig angefühlt bis jetzt, das auch so zu zeigen. Mit den ersten beiden Alben war es einfach schön, den Leuten eine Rockband zurückzugeben, die sich nicht hatten. Uns gibt's eh nur, weil ich selber keine Rockband gefunden habe, die mich beeindruckt. Weil alle sind tot sind …

Manuel: Oder alt oder aufgelöst…

"Heute": Was habt ihr in den letzten zwei Jahren so gemacht, außer Musik?

Marco: Nicht viel. Man muss sich ja voll auf das einlassen. Sich gemeinsam mit fremden Menschen diesen extremen Gefüheln auszusetzen. Menschen, die man eigentlich nicht kenn, aber für 1,5 Stunden das Gefühlt hat, es sind die besten Freunde. Dann sofort schlafen gehen und fit zu sein für die nächsten Gesichter, die lachen und Spaß haben wollen. Das ist ein ewiger Kreislauf, einer, aus dem ich aber nie aussteigen will. Ich bin geboren für diesen Job und er kostet mich kaum Kraft. Und wenn mich die Kraft verlässt, trinke ich ein Bier.

Manuel: Ich habe zwei Kazenbabys bei mir einziehen lassen, Lola und Caruso. Die haben eine sehr beruhigende antidepressive Wirkung. Die beschützen mich.

Marco: Achja, und was immer geht: "Columbo" schauen.



"Heute": Habt ihr euch die "Stones" angeschaut?


Marco: Nein, da hatten wir zu tun. Hätte sie mir aber auch gar nicht angeschaut, ich bin ganz klar "Beatles".

"Heute": Was verbindet mit euch mit Italien, außer Marcos Verwandte?

Marco: Meine Verwandte, das waren alles in den Hügeln über Bologna lebende Säufer, die Zieharmonika spielend durch die Tavernen gezogen sind. So wurde mir das erzählt von meiner Mama.



"Heute": Ist das eine Legende?


Marco: Naja, vielleicht ein bisschen. Aber sie sind halt alle schon tot. Ich war einmal als Kind bei ihnen. Meine Erinnerung: 20 Familienmitgleider am Tisch, die ich nicht gesehen habe, weil 15 dampfende Töpfe am Tisch standen.

"Niente"-Tour 2018

07.04.2018, Wiener Stadthalle

14.04.2018, Dogana Innsbruck

19.05.2018, Kasematten Graz

HIER gibt's Tickets für die Konzerte