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Wanda-Frontmann: Sex regt die Kreativität an

Heute Redaktion
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Marco Michael Wanda, Sänger und Texter der Band "Wanda" gab dem "Red Bulletin" ein Interview (erscheint am 8. März), in dem er teilweise brisante Kreativitäts-Tipps gibt. Außerdem verrät er, wo er gelernt hat, solche Texte zu schreiben und wie man es schafft, Kritik nicht zu persönlich zu nehmen.

Marco Michael Wanda, Sänger und Texter der Band "Wanda" gab dem "" ein Interview (erscheint am 8. März), in dem er teilweise brisante Kreativitäts-Tipps gibt. Außerdem verrät er, wo er gelernt hat, solche Texte zu schreiben und wie man es schafft, Kritik nicht zu persönlich zu nehmen.

The Red Bulletin: Marco, Ihre Band wird im gesamten deutschen Sprachraum für Lieder gefeiert, deren Texte Sie schreiben. Was machen Sie, wenn Ihnen einmal nichts mehr einfällt?

Marco Michael Wanda: Sie meinen Schreibblockaden? Die gibt es immer wieder. Meistens sitze ich sie einfach aus.

RB: Was macht Sie so sicher?

MMW: Dass ich mein Handwerk gelernt habe. Bevor ich anfing, Lieder zu schreiben, bin ich jahrelang durch Wien gezogen und habe interessanten Leuten zugehört: Schriftstellern, Jazzmusikern, Betrunkenen, Taxifahrern. Ich habe meine Seele mit ihren Geschichten aufgeladen und so meine Sprache als Liedermacher gefunden. Wenn ich heute einen Song schreibe, rufe ich diese Sprache ab.

RB:  Mit Ihrer Art, Geschichten zu erzählen, sind Sie extrem erfolgreich. Auf Ihren Konzerten tanzen Künstler neben Geschäftsleuten, egal ob Sie in Vorarlberg oder Berlin spielen. Wie erreichen Sie so ein großes Publikum?

MMW: Mit Ehrlichkeit. Unsere Herzen stehen offen, sobald wir die Bühne betreten. Die Leute merken das. Wir haben uns als Band unsere Mission lange überlegt. Wanda grenzen niemanden aus: Die Künstler und Geschäftsleute können gemeinsam an der hemmungslosen Rock-’n’-Roll-Party teilhaben.

RB: Sie sagten vorher, dass Sie mehrere Jahre gebraucht haben, um das Liederschreiben zu lernen. Wir wollen heute über Rezepte sprechen, mit denen man Kreativität ganz spontan anregen…

MMW: Drogen müssen auf die Liste.

RB: Ein verstaubtes Klischee. Finden Sie nicht?

MMW: Es schadet jedenfalls nicht, Grenzen überschritten zu haben. Und zurückzukommen. Und dann darüber zu schreiben. Das ist auch eine Erfahrung.

RB: Nehmen wir an, es sind gerade keine Drogen da: Wie kann man Kreativität spontan anregen?

MMW: Es hilft, sich an guten Beispielen zu orientieren. Ein Song. Ein Buch. Ein Gemälde. Man kann diese Beispiele als Sprungbretter nutzen und sich auf ein Niveau federn, auf dem es sich leichter arbeiten lässt. Als ich die Lieder für Wanda schrieb, habe ich zum Beispiel oft die Beatles gehört.

RB: Hilft die Sprungbrett-Methode auch bei kreativen Aufgaben im Alltag? Wenn ich eine PowerPoint-Präsentation erstellen muss? Oder einen Geschäftsbericht für meinen Chef schreiben?

MMW: Klar. Man kann sich für alles in Stimmung bringen. Beim Schreiben. Beim Ostereiermalen. Man kann sich auch in Stimmung ficken!

RB: Wunderbar. Aber was ist, wenn ich mich von den Beispielen eingeschüchtert fühle? Weil ich niemals so kreativ werde wie die Beatles?

MMW: Sie müssen aufhören, Kreativität zu bewundern! Das ist ganz wichtig. Hört auf zu staunen!

RB: Wie meinen Sie das?

MMW: Kreativität an sich hat nichts mit Hochkultur zu tun. Sie kommt aus dem Volk. Handwerk ist kreativ. Tassen anmalen. Decken häkeln. Kreativität ist das Natürlichste überhaupt. Jeder Mensch kann kreativ sein.

RB: Aber nicht jeder kann Lieder schreiben wie John Lennon und Paul McCartney. Oder Opern komponieren wie Mozart.

MMW: Sie würden staunen, wie hart Mozart an sich gearbeitet hat, um gut zu werden. Er hat sogar Konzerte abgebrochen, wenn ihm etwas Neues eingefallen ist. Er sagte zu seinem Publikum: „Sie können jetzt gehen. Ich muss komponieren.“ Hart arbeiten ist viel wichtiger als Kreativität.

RB: Was ist, wenn ich mit meiner PowerPoint-Präsentation trotzdem scheitere?

MMW: Es ist gut, einmal gescheitert zu sein. Sonst gewinnt die Arbeit nicht an Dringlichkeit.

RB: Als erfolgreicher Künstler sagt sich das leicht. Woran sind Sie gescheitert?

MMW: Ich bin oft und hart kritisiert worden. Von meinem Vater zum Beispiel. Ich habe ihn einen meiner ersten Prosatexte lesen lassen, noch bevor ich mit dem Liederschreiben anfing. Er hat sich eine Woche mit dem Text beschäftigt. Dann teilte er mir sein Urteil mit: „Der Text ist scheiße.“

RB: Hatte er recht?

MMW: Im ersten Moment dachte ich nein. Ich war furchtbar wütend. Ein paar Tage später las ich den Text noch einmal mit fremden Augen. Da bemerkte ich dessen Schwäche: Man konnte ihn nicht nachfühlen. Mein Vater hatte also recht.

RB: Was haben Sie aus seiner Kritik gelernt?

MMW: Dass man wenig Zeit hat, um gut zu werden. Man muss Niederlagen schneller wegstecken. Das unterscheidet erfolglose von erfolgreichen Kreativen.

RB: Wie schaffe ich es, negative Kritik nicht persönlich zu nehmen?

MMW: Lass dir ein paar Eier wachsen.

RB: Fassen wir zusammen: Ich lasse mich inspirieren, kopiere selbstbewusst von meinen Idolen, arbeite hart an meiner PowerPoint-Präsentation und nehme Kritik nicht persönlich. Wie erkenne ich am Ende, ob das Ergebnis gut ist?

MMW: Indem Sie schauen, ob es den Leuten gefällt. Es muss ein gesundes Verhältnis zwischen Zuspruch und Qualität geben. Wenn einer sagt: „Oh, ihr versteht mich alle nicht, aber schaut her: Hier ist ein Einzelner, der mich versteht!“, ist das falsch. Es muss genau umgekehrt sein.

Copyright TEXT: The Red Bulletin, Andreas Rottenschlager

Wie Wanda mit seiner Musik sogar schon einmal ein geschiedenes Ehepaar versöhnt hat, lesen Sie in der kompletten Geschichte in der aktuellen Ausgabe des „The Red Bulletin“ und auf www.redbulletin.com.