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Warum drehen wir durch, wenn Facebook ausfällt?

Kaum sind Facebook und Co. offline, sind wir verunsichert und regen uns auf. Doch warum eigentlich?

Heute Redaktion
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Facebook, Instagram, Snapchat und Co. sind ein wichtiger Teil unseres Alltags geworden. Wir nutzen die verschiedenen Social-Media-Plattformen meist täglich und verlassen uns darauf, dass sie einwandfrei funktionieren. Doch wenn diese ausfallen – sei es auch nur für eine kurze Zeit –, regen wir uns auf.

Keine Entzugserscheinung

Laut Social-Media-Experte Philippe Wampfler gibt es zwei Gründe, warum wir uns aufregen: "Die Plattformen haben erstens eine wichtige Kommunikationsfunktion im Sozialleben junger Menschen." Bei einem Unterbrechung könnten Botschaften nicht richtig platziert und wahrgenommen werden. "Zweitens gehören die Plattformen zur zentralen Infrastruktur, auf die man sich verlässt. Fallen sie aus, verunsichert das." Viele würden sich dann Fragen stellen wie: "Bin ich als Einziger betroffen, wie lange dauert der Unterbrechung wohl und woran liegt es?"

Unsere heftige Reaktion sei nicht auf eine Entzugserscheinung zurückzuführen, sondern ganz verständlich, wie Wampfler erklärt: "Erwachsene ärgern sich auch, wenn das Telefon oder Internet nicht funktioniert oder sie die Zeitung nicht erhalten."

"Bedürfnisse werden nicht gestillt"

Auch für den Medienpsychologen Stefan Caduff ist unsere Reaktion auf die Ausfälle nachvollziehbar: "Die Plattformen haben nun einmal einen hohen Stellenwert bei jungen Menschen." Durch Social Media werde das Gefühl von Verbundenheit empfunden. Auch würden die Kanäle zur Orientierung an andere Personen dienen. "Wenn die Plattformen ausfallen, können wir unsere Bedürfnisse nicht stillen. Das wiederum führt dazu, dass wir es nicht aushalten und dann 'durchdrehen'."

Caduff betont, dass nicht alle jungen Menschen so heftig auf einen Ausfall von Social-Media-Plattformen reagieren. "Das, was sie brauchen, können sie bereits im richtigen Leben gut abdecken. Ihre Abhängigkeit von den Plattformen ist tiefer." Damit auch andere nicht so heftig reagieren, empfiehlt der Medienpsychologe, genau diese Abhängigkeit so tief wie möglich zu halten. "Geht raus, knüpft und pflegt Kontakte und holt eure Bestätigung auch offline."

Menschen finden Wege

Falls Social-Media-Plattformen allesamt für eine längere Zeit ausfallen sollten, sind sich beide Experten einig, dass Menschen sich gut an die veränderten Bedingungen anpassen könnten und Wege zur Kommunikation finden. Wampfler: "Vermutlich telefonieren wir wieder mehr oder schreiben eher SMS. Es ist nichts Schlimmes, dass wir Menschen uns an Kommunikationsformen gewöhnen, sondern absolut erwartbar."

Auch Caduff ist überzeugt, dass wir den Ausfall aller Social-Media-Plattformen nur in der ersten Phase schlimm finden würden. "Der innerliche Druck würde sich in den nächsten Tagen und Wochen lösen und wir würden uns umorientieren. Vielleicht führt es dazu, dass wir neue Plattformen finden oder dass wir vermehrt offline unser Kommunikationsbedürfnis befriedigen."

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(qll)