Wirtschaft

Warum Österreicher auf den Schweizer Pass pfeifen

Heute Redaktion
Teilen
Ein Schweizer Reisepass. Symbolfoto
Ein Schweizer Reisepass. Symbolfoto
Bild: picturedesk.com

Neue Zahlen zeigen, welche Nationalitäten am häufigsten den Schweizer Pass erhalten. Der geringe Anteil an Österreichern irritiert die Eidgenossen. Eine Erklärung.

Wer seit zehn Jahren in der Schweiz wohnt und über eine C-Bewilligung verfügt, kann ein Gesuch um Einbürgerung stellen. Erstmals legen nun die Eidgenössische Migrationskommission und die Uni Genf detaillierte Zahlen zur lokalen Einbürgerungspraxis vor. Dabei zeigt sich auch, bei welchen Nationalitäten das Schweizer Bürgerrecht besonders beliebt ist – und welche lieber verzichten.

Diese acht Nationen verfügen über die höchsten Anteile an eingebürgerten Personen (Zahlen in Prozent):

Spitzenreiter sind dabei die Russen, wie die Daten für 2011 bis 2017 zeigen. 10,3 Prozent der in der Schweiz wohnhaften Russen ließen sich laut der standardisierten Einbürgerungsquote ordentlich einbürgern.

Diese standardisierte Quote geht von einer Standardbevölkerung aus, um Unterschiede zwischen den Nationalitäten beim Alter, dem Geburtsort und der Aufenthaltsdauer aufzuheben.

Österreicher wollen nicht

Eine geringe standardisierte Einbürgerungsquote von 1,2 Prozent findet man hingegen bei den Italienern, der größten ausländischen Gemeinschaft in der Schweiz. Am wenigsten lassen sich mit einer Quote von 0.7 Prozent Österreicher einbürgern.

Diese acht Nationen verfügen über die geringsten Anteile an eingebürgerten Personen (Zahlen in Prozent):



Vorteile dank Schweizer Pass

Allgemein sind die Einbürgerungsquoten bei denjenigen Gruppen am höchsten, deren Sprache und Kultur sich stark von der Schweiz unterscheidet. Somit führen nach den Russen die Iraker (6,0 Prozent) und Inder (4,1 Prozent) das Ranking an.

Geringe Quoten findet man vor allem bei den Schweizer Nachbarländern. Laut Philippe Wanner, Professor für Demografie an der Universität Genf, gibt es dafür zwei Hauptgründe. "Erstens sind internationale Reisen für Nicht-EU-Bürger mit einem Schweizer Pass erleichtert möglich. Zweitens ist für Menschen aus anderen Kulturkreisen die Einbürgerung ein Mittel zur besseren Integration und Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt."

SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann sieht das kritisch: "Es ist problematisch, wenn Ausländer bei der Einbürgerung nur auf ihre eigenen Vorteile bedacht sind und die Integrationswille in den Hintergrund gerät". Deshalb müsse genau hingeschaut werden, ob die Einbürgerungskandidaten auch bereit sind, ihre Bürgerpflicht wahrzunehmen.

Rückkehr ins Heimatland ein Thema

Pascale Steiner von der Eidgenössischen Migrationskommission sieht das anders: "Wenn eine Person etwa bessere Chancen am Arbeitsmarkt erhält, kann sie wiederum mehr Steuern zahlen, was der ganzen Gesellschaft zugute kommt." Außerdem gebe es noch andere wichtige Gründe für ein Einbürgerungsgesuch. Laut Steiner lebt eine Demokratie davon, dass möglichst viele Bürger mitentscheiden können.

Für den Einbürgerungswillen sei auch entscheidend, ob Pläne einer allfälligen Rückkehr ins Herkunftsland bestehen. Laut Wanner bestehen auch hier systematische Unterschiede zwischen den Nationalitäten: "EU-Bürger sind nicht an die Schweiz als Wohnort gebunden. Hingegen kommen Staatsangehörige von Nicht-EU-Ländern oft dauerhaft in die Schweiz, etwa weil die politische oder ökonomische Situation im Heimatland schwierig ist. Die Beantragung eines Schweizer Passes ist somit ein logischer Schritt."

Statistische Methoden

In der Schweiz werden die rohen Einbürgerungsquoten berechnet, indem die Anzahl der Einbürgerungen durch die Zahl der entsprechenden Ausländergruppe dividiert wird.

Standardisierte Quoten dienen in diesem Fall dazu, verschiedene Nationalitäten oder Städte vergleichbar zu machen. Somit geht man bei den standardisierten Quoten davon aus, dass die Bevölkerungsgruppen aller Nationalitäten bezüglich Alter, Geburtsort und Aufenthaltsdauer in der Schweiz gleich aufgebaut sind.

Die hier besprochenen Einbürgerungsquoten beziehen sich nur auf die ordentlichen Einbürgerungen. Nicht Teil der Analyse ist die erleichterte Einbürgerung, von der insbesondere ausländische Ehepartner oder Kinder von Schweizern profitieren. Allein der Bund ist dann für den Entscheid zuständig.