Wolfsblog

Warum Wölfe heulen und Hunde bellen

(Wöchentliche Kolumne von Kurt Kotrschal – Wolfsexperte, Verhaltensforscher und Biologe.)

Teilen
Der Wolfsblog von Kurt Kotrschal - jede Woche neu, nur hier bei "HeuteTierisch".
Der Wolfsblog von Kurt Kotrschal - jede Woche neu, nur hier bei "HeuteTierisch".
iStock

Wölfe heulen und Hunde bellen – hauptsächlich. Auch Wölfe bellen, aber nur wenn sie einem Nachbarn drohen, dem sie nicht mögen. Und manchmal heulen auch Hunde, etwa wenn sie als Welpen von ihren Geschwistern getrennt wurden. Genetisch noch wolfsähnliche Hunde wie Huskies oder Malamute heulen noch mehr, als sie bellen. Und die Hunde am Wolfsforschungszentrum, die in den Gehegen neben den Wölfen leben, heulen genauso viel wie sie bellen, obwohl sie Mischlinge aus modernen Hunderassen sind. Sie lassen sich eben von ihren Wolfsnachbarn anstecken. 

Alle Hunde stammen von Wölfen ab und ähneln ihren Ahnen noch
stark in ihrem Willen zur Zusammenarbeit und ihrem gesamten Verhalten –
außer im Bellen. Fragt sich natürlich, warum sie das tun.

Was Wolfsgeheul bedeutet  

Bei Wölfen ist es immer noch nicht ganz klar, warum sie heulen und was sie sich damit mitteilen. Meist beginnt ein erfahrenes Weibchen und alle Mitglieder im Rudel stimmen mit ein, oft auch die Nachbarrudel. Heulen bedeutet also einerseits, zusammenzugehören und andererseits teilt man den Nachbarn mit, dass man da ist. Wenn wir einen Wolf zu einem Leinenspaziergang aus dem Gehege nehmen, dann lösen wir damit zuverlässig Heulen aus. Es dient also dem Zusammenhalt des Rudels, aber auch der Revierabgrenzung.  Und wie Menschen einander an der Stimme erkennen, können das Wölfe und Hunde auch.

Warum Hunde nicht beim Heulen geblieben sind 

Untersuchungen deuten darauf hin, dass Bellen als Anpassung an ein Zusammenleben mit Menschen entstand. Fast alle Besucher des Wolfsforschungszentrums sind fasziniert, wenn die Wölfe heulen. Aber fragt man die Leute, was die Wölfe damit sagen wollen, bekommt man meist nur ein ratloses Achselzucken. Das geht auch uns nicht anders, die bereits seit über einem Jahrzehnt mit diesen Wölfen leben und arbeiten.

Im Gegensatz dazu erkennen selbst Leute, die keine Hunde halten, am Bellen ganz gut, ob sich ein Hund einsam fühlt, ob er drohend etwas verteidigt, oder ob er spielen will. Aus dem Gebell eines Hundes erkennt man viel besser, wie er drauf ist, während Heulen schwer zu deuten ist. Bellen ist also wahrscheinlich als Anpassung an ein Leben mit Menschen
entstanden, weil wir es besser verstehen können, als das Heulen.

Warum sich anstrengen, wenn es auch einfacher geht?

Außerdem ist Bellen energetisch „billiger“ als Heulen. Sitzt man inmitten heulender Wölfe, dann klingelt es in den Ohren, so laut ist es. Tatsächlich trägt es über viele Kilometer und Wölfe müssen sich anstrengen, einen solchen Schalldruck zu erzeugen. Das ist beim Bellen nicht nötig, denn der Mensch oder der Hund, dem das Bellen gilt, befindet sich meist gleich um die Ecke. Die „Sprache“ der Wölfe richtet sich also an die Artgenossen, während die Hunde über 30 000 Jahre eine Bellsprache entwickelten, die wir Menschen gut verstehen und mit der sie sich auch untereinander verständigen.

+++ Der Wolfsblog von Kurt Kotrschal. Jede Woche neu, nur hier bei "HeuteTierisch" +++