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"Was man Kindern vorlebt ist ganz entscheidend"

In Zeiten von Homeoffice & Distance-Learning pfeifen viele Eltern schon aus dem letzten Loch. Knigge-Coach Christine Unger hat hier ein paar Tipps.

Christine Kaltenecker
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Homeoffice & Distance-Learning. Eltern und Kinder stoßen hier manchmal an ihre Grenzen
Homeoffice & Distance-Learning. Eltern und Kinder stoßen hier manchmal an ihre Grenzen
iStock©fizkes

Kindererziehung ist vermutlich das Schwierigste, das ein erwachsener Mensch zu meistern hat. Eine Zauberformel gibt es nicht und auch noch so viele Ratgeber können zwar Hilfestellung, aber niemals die absolute Vorgabe sein. Auch die Herangehensweise ist komplett subjektiv und unterschiedlich. Während einige Kurse besuchen, verlassen sich andere komplett auf ihren Instinkt. Das Ziel? Einen "anständigen" Menschen heranzuziehen, der in unserer Gesellschaft akzeptiert wird und bestehen kann. In manchen Fällen suchen sich Eltern aber dann doch gerne Rat und besuchen Knigge-Coach Christine Unger in Wien. "Heute.at" war mit ihr im Gespräch.

Kinder lernen von den Eltern

"Soll ich einfach mal loslegen?" wurde unsere Redakteurin beim Anruf von Frau Unger gleich mal gefragt. Frau Unger selbst wurde sehr streng in einem zweisprachigen Haushalt erzogen und auch wenn sie selbst dann einiges bei ihrem eigenen Sohn anders gemacht hat, so ist sie sicher, dass die vorgelebte Disziplin ihrer Eltern eine durchaus positive Wirkung hatte. "Kinder brauchen in erster Linie immer Liebe, aber danach kommen auch die Grenzen", sagt sie. Je kleiner das Kind, desto schwieriger ist es natürlich ihm etwas intellektuell zu erklären. "Hier spielt das unbewusste Handeln der Eltern eine entscheidende Rolle", so Unger, "Kinder saugen das vorgelebte Tun wie ein Schwamm auf". Salopp gesagt, spielen Eltern nicht mit dem Essen, tun es auch meist die Kinder nicht. Lassen Mama und Papa sich gegenseitig immer brav ausreden, so fallen sich auch Kinder meistens nicht ins Wort.

Knigge-Seminare für Kinder ab neun

"Alles sollte Schritt für Schritt, proportional zum Alter des Kindes passieren", erklärt der Knigge-Coach, "wenn ein Kleinkind bereits die Gabel halten kann, kann man schon langsam mit den Tischmanieren beginnen." Bei ihren "Benimm-Seminaren" für Kinder ab neun Jahren versucht sie spielerisch den Kids die "Etikette" zu erklären und den Respekt vor den Mitmenschen zu schärfen. Hier zeigen sich auch ganz klar die Unterschiede, aus welcher Gesellschaftsschicht die Kinder kommen. "Wenn Papa in gehobener Position arbeitet und sich aufgrund dessen bestimmte Benimm-Regeln aneignen musste, überträgt sich das auch auf das Kind."

Auf unsere Frage, ob man die eigene Erziehung automatisch auch auf das Kind anwendet, sagt sie: "Kommt darauf an, wie positiv oder negativ man die eigene Erziehung empfunden hat. Wenn man in einem 'kalten' Haushalt aufgewachsen ist, wird man vermutlich sein eigenes Kind mit Liebe nahezu überschütten wollen. Meistens ist es aber eine Mischung aus anerzogenen Mustern und Prinzipien, die einem selbst wichtig sind." Bei mehreren Kindern muss man auch die Gabe besitzen, sich auf jedes Kind individuell einzustellen. Was bei "Maxi" klappt, ist vielleicht für "Nadja" zu rau, da sie sensibler ist. 

"Alle Eltern im Homeoffice haben meinen größten Respekt."

Der Benimm oder die Umgangsformen sollten aber immer der Herzensbildung untergeordnet werden. "Die Herzensbildung hat immer Priorität, um das generelle Vertrauen und Selbstbewusstsein des Kindes zu schüren", so Unger. "Dann ist es auch viel einfacher dem Kind gewisse Grenzen aufzuzeigen, da es ja im Herzen weiß, dass man nur das Beste im Sinn hat." Christine Unger meint aber auch: "Eltern sind auch nur Menschen, deshalb ist die Erziehungsmethode nicht unabänderlich gleich und jeder macht Fehler." Gerade Eltern, die jetzt aufgrund des Lockdowns im Homeoffice sitzen und 1-3 Kinder zu betreuen haben, haben Ungers größten Respekt. "Das ist eine riesige Herausforderung, die berufliche Leistung zu bringen und sich zeitgleich - vielleicht bei wenig Platz im Eigenheim - um die Kinder kümmern zu müssen", so Unger.

Abschließend sagt Christine Unger noch: "Eigentlich ist es gar nicht so schwierig die Kids nach dem Motto 'Benimm ist in' zu erziehen, wenn man ihnen erklärt, dass sich auch Erwachsene an Regeln halten müssen und wir doch alle ein schönes 'Miteinander' haben möchten".