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Weichen für Hypo-U-Ausschuss sind gestellt

Heute Redaktion
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FPÖ, Grüne und NEOS brachten bei der Sondersitzung des Nationalrats am Mittwoch einen gemeinsamen Antrag ein. Sie wollen nicht nur die Notverstaatlichung der Hypo und die zuvor gewährten öffentlichen Finanzhilfen, sondern auch die exorbitanten Haftungsübernahmen durch das Land Kärnten und das nachfolgende Krisenmanagement der Regierung unter die Lupe nehmen. Nun muss sich noch der Geschäftsordnungsausschuss des Hohen Hauses damit befassen - hat er keine Bedenken, steht einem Start des U-Ausschusses nichts mehr im Weg.

Vor der Zuweisung des Antrags an den Ausschuss hat die Opposition im Rahmen einer Dringlichen Anfrage der FPÖ an Bundeskanzler Werner Faymann nochmals die Notwendigkeit eines Hypo-Untersuchungsausschusses bekräftigt. SPÖ und ÖVP seien nicht imstande gewesen, zwischen den Partikularinteressen in ihrem Umfeld und dem Interesse Österreichs zu unterscheiden, machte etwa FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache geltend. Grünen-Finanzsprecher Werner Kogler sprach von einer Serie von Fehlern rund um die Hypo Alpe Adria, erster Sündenfall ist seiner Meinung nach das Abdrehen des Banken-Untersuchungsausschusses im Jahr 2007 gewesen.

Als gute Grundlage für den Untersuchungsausschuss wertet die Opposition den Bericht der vom ehemaligen Finanzminister Michael Spindelegger eingesetzten Untersuchungskommission unter der Leitung von Irmgard Griss. Jetzt gehe es darum, die politische Verantwortung zu klären, hob NEOS-Klubchef Matthias Strolz hervor. FPÖ-Budgetsprecher Elmar Podgorschek will vor allem wissen, inwieweit das System für das Hypo-Desaster verantwortlich ist oder ob es auch individuelles Versagen gab. Als ein Ziel des Untersuchungsausschusses sieht er es außerdem, den Schaden für die Steuerzahler zu minimieren.

Seitens des Team Stronach sicherte Klubchefin Kathrin Nachbaur eine konstruktive Unterstützung des Untersuchungsausschusses zu. Auch SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder und ÖVP-Budgetsprecherin Gabriele Tamandl werteten den U-Ausschuss als grundsätzlich sinnvoll.

52 Prüfkapitel

Insgesamt wollen FPÖ, Grüne und NEOS im Hypo-Untersuchungsausschuss 52 Prüfkapitel unter die Lupe nehmen.

So soll im Zusammenhang mit den Haftungsübernahmen durch das Land Kärnten unter anderem geklärt werden, ob die mit der Bankenaufsicht betrauten Behörden in den Jahren 2000 bis 2008 ihren Kontrollaufgaben nachkamen
Untersucht werden soll auch, welche Informationen die Geldwäschemeldestelle im Bundeskriminalamt hatte
Gegenstand der Ermittlungen soll auch sein, inwieweit die Finanzmarktaufsicht (FMA), die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) und das Finanzministerium für die negative wirtschaftliche Entwicklung der Hypo Group Alpe-Adria in diesen Jahren Mitverantwortung tragen.
Weitere Untersuchungspunkte betreffen die allfällige Mitwirkung von Bundesbehörden am Verkauf von Hypo-Anteilen an die Bayerische Landesbank (BayernLB), die Tätigkeit der österreichischen Bundesfinanzierungsagentur, die Beurteilung der Lage durch den Staatsschuldenausschuss und etwaige Auswirkungen der Entwicklung der Hypo Alpe Adria auf die Finanzausgleichsverhandlungen 2001 und 2005.
Auch beim zweiten Untersuchungsabschnitt, der Phase der öffentlichen Hilfe und der Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria, 2008 bis 2009, wird es gemäß dem Oppositionsverlangen um die Wahrnehmung der Kontrolltätigkeit der zuständigen Behörden und die generelle Verantwortung des Finanzministeriums und der Oesterreichischen Nationalbank gehen.
Außerdem will man die Hintergründe für die Gewährung von Partizipationskapital durch den Bund im Jahr 2008 und für die Einstufung der Bank als systemrelevant klären sowie sämtliche Vorgänge rund um die Notverstaatlichung der Bank durchleuchten.
Im Konkreten interessiert die Opposition etwa, ob es irgendeine Art der Einflussnahme auf die OeNB bzw. die FMA bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Bank 2008 gab, wie die Verhandlungen mit der BayernLB vorbereitet wurden, welche konkreten Verhandlungsstrategien das Finanzministerium verfolgte und ob Alternativen zur Verstaatlichung der Bank ins Auge gefasst wurden.
Der dritte Untersuchungsabschnitt ist den Handlungen und Unterlassungen ab dem Zeitpunkt der Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria gewidmet und mit 25 Unterpunkten der umfassendste der drei Prüfkomplexe.
So sollen etwa die Tätigkeit der vom Finanzministerium bestellten Staatskommissäre, die Verantwortung für die jahrelange Verschleppung einer Entscheidung über die Zukunft der Bank, die auf EU-Ebene gesetzten Schritte, die Kontakte und Verhandlungen mit Vertretern der BayernLB und mit dem Freistaat Bayern und die Arbeit der "CSI Hypo" und der "SOKO Hypo" untersucht werden.
Außerdem will die Opposition herausfinden, welchen Kenntnisstand OeNB und FMA über die Gläubigerstruktur der öffentlich besicherten Anleihen der Hypo hatten, welchen Einfluss die Regierung und andere Bundesorgane auf die Geschäftsführung der Hypo nahmen, warum sich die Regierung schließlich für die Errichtung einer Abwicklungseinheit entschied und ob es rund um diese Entscheidung auffällige Kapitalmarktbewegungen im Bereich der Hypo-Anleihen bzw. den Verdacht auf Insidergeschäfte gab.
Weitere Punkte betreffen die Analyse möglicher Alternativszenarien zur Abwicklungseinheit, die Höhe der Beraterkosten und etwaige Einflussnahmen von außen auf die Bundesregierung.

Versagen der Aufsichtsbehörden?

In allen drei Untersuchungsabschnitten geht es außerdem um die Frage, welcher finanzielle Schaden für die Republik Österreich entstanden ist, etwa durch ein mögliches Versagen der Aufsichtsbehörden, durch den Erwerb der Hypo, durch das Verschleppen der Entscheidung über die Zukunft der Hypo und durch die Entscheidung gegen eine Insolvenz der Bank.
Insgesamt hat es in der Zweiten Republik bisher 20 parlamentarische Untersuchungsausschüsse gegeben. Der jüngste befasste sich mit diversen Korruptionsvorwürfen, etwa rund um den Buwog-Verkauf und die Telekom. Er wurde im Oktober 2011 eingesetzt und ein Jahr später unter heftigem Protest der Opposition wieder aufgelöst. Als Reaktion auf die Ergebnisse dieses U-Ausschusses haben die ParlamentarierInnen ein Transparenzpaket geschnürt, das unter anderem verschärfte gesetzliche Bestimmungen gegen Korruption, klare Regeln für Parteispenden, die Einführung eines Lobbyistenregisters, die Offenlegung von Medienkooperationen und Inseraten öffentlicher Stellen sowie mehr Transparenz bei den Nebeneinkünften von Abgeordneten brachte.

Erstmals wurde die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria (und weiterer Banken) übrigens im Oktober 2012 beantragt, und zwar vom damals noch im Nationalrat vertretenen BZÖ. Das Begehren blieb allerdings ebenso in der Minderheit wie 19 weitere Anläufe der Opposition in der vergangenen und dieser Legislaturperiode. Druck gemacht hat auch die Bevölkerung: Zwei Hypo-Petitionen und eine Bürgerinitiative erhielten deutlich mehr als 200.000 elektronische Unterstützungserklärungen.