Österreich

"Weiß unsere Politik wirklich so wenig von der Praxis?"

Schuldirektor Glattauer gibt Noten. Heute: "Weiß unsere Politik wirklich so wenig von der Praxis? Ist es egal wie das Fußvolk den Alltag bewältigt?"

Niki Glattauer
Teilen
Jeden Montag gibt Schuldirektor Niki Glattauer in <em>"Heute"</em> Noten.
Jeden Montag gibt Schuldirektor Niki Glattauer in "Heute" Noten.
Sabine Hertel

"Weiß unsere Politik wirklich so wenig…

Passend zur traurigen Lage hier in drei Teilen der verzweifelte Hilferuf einer Wiener Volksschullehrerin (Name und Schule bekannt): "Ich bin Klassenlehrerin von 21 Kindern, davon hat ein Kind österreichische Wurzeln, bei drei Kindern ist immerhin ein Elternteil aus Österreich, alle anderen sind Zuwandererkinder aus zehn Nationen. Im Jänner wurden mir von einem Tag auf den anderen drei neue Kinder mit extrem unterschiedlicher Herkunft (Afghanistan, Ghana, Bosnien) und ohne Deutschkenntnisse in die Klasse gesetzt.

Eigentlich sollten sie in einer Deutschförderklasse aufgefangen werden. Diese gibt es aber nicht mehr, da ja verschiedene Gruppen und Klassen aufgrund von Covid-19 nicht durchmischt werden dürfen/sollen. Daher sitzen diese Kinder jetzt in meinem Unterricht. Und das in einer dritten Klasse, wo ich beginne, die Schüler auf die Zeit nach der Volksschule vorzubereiten und diese meine volle Zuwendung brauchen." (Fortsetzung unten)

Note: Nicht genügend

Glattauer gibt Noten
Niki Glattauer war 25 Jahre Lehrer und Schuldirektor in Wien. Er hat bisher 13 Bücher veröffentlicht, alle zum Thema Schule wurden Bestseller. Jeden Montag vergibt er in einer Kolumne für "Heute" Schulnoten.
Alle seine Artikel findest Du hier.

…von der Praxis? Oder ist es allen egal,…

"Es war auch nicht klar, auf welchem Niveau sich die drei Kinder in Mathematik befinden. So musste das abgeklärt und nachgearbeitet werden (angefangen mit Einmaleins, Zahlenraumbestimmung etc.). Die Teamlehrerinnen, die stundenweise zugeteilt wurden, um Fördermaßnahmen vorzunehmen, werden wegen der vielen Krankenstände ständig zum Supplieren abgezogen, und so stehe ich alleine in der Klasse und jongliere mich durch den Vormittag. Da ich bereits 60+ bin, kostet mich das alles viel mehr Kraft als in jungen Jahren, und ich bin bereits völlig erschöpft.

Ich frage mich, warum Kinder, die später sowieso wegziehen werden, da ihre Eltern in der UNO arbeiten bzw. Diplomatenstatus haben, wirklich mühsam in eine 3. Klasse integriert werden müssen, Deutschförderung bekommen und all unsere Ressourcen und Kräfte aufbrauchen, anstatt in Sammelklassen für Diplomaten- und UNO-Kindern unterrichtet zu werden." (Fortsetzung unten)

Note: Nicht genügend

…wie das Fußvolk den Alltag bewältigt?"

"Weiß unsere Politik wirklich so wenig von der Praxis oder ist es allen, die unsere Gesetze machen, egal, wie das breite Fußvolk den Alltag bewältigt? In den Medien liest und hört man immer nur, wie gut alles funktioniert. Es hat aber noch keiner dieser Verantwortlichen in eine Klasse hineingeschaut oder selbst einmal wenigstens eine Woche ausprobiert, wie das alles zu bewerkstelligen ist. Stattdessen kommt zu all den bisherigen und ohnehin sehr aufwendigen Tätigkeiten immer mehr Administration dazu: Kompetenzraster, regelmäßiges Eintragen in schlecht funktionierende digitale Programme, Listen über Listen etc. Ja, es funktioniert. Aber nur, weil wir Lehrerinnen und Lehrer uns immer mehr aufhalsen lassen und im vorauseilenden Gehorsam zu allem brav 'Ja, das schaffen wir' sagen." Dem ist nichts hinzuzufügen.

Note: Nicht genügend
1/64
Gehe zur Galerie
    <strong>26.04.2024: Barometer-Beben! Neue Konkurrenz für FP-Chef Kickl.</strong> Enges Rennen im April-Barometer von <em>"Heute"</em>: Vier Parteichefs haben exakt dieselben Zustimmungswerte. <a data-li-document-ref="120033420" href="https://www.heute.at/s/barometer-beben-neue-konkurrenz-fuer-fp-chef-kickl-120033420">Bier-Chef Wlazny wird auf Platz 1 ausgewiesen &gt;&gt;&gt;</a><a data-li-document-ref="120033251" href="https://www.heute.at/s/kein-auto-kein-haus-so-lebt-rene-benko-120033251"></a>
    26.04.2024: Barometer-Beben! Neue Konkurrenz für FP-Chef Kickl. Enges Rennen im April-Barometer von "Heute": Vier Parteichefs haben exakt dieselben Zustimmungswerte. Bier-Chef Wlazny wird auf Platz 1 ausgewiesen >>>
    Denise Auer, Helmut Graf