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Weitere Vorwürfe gegen Polizei wegen Bakary J.

Heute Redaktion
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Im Fall Bakary J. gibt es nach einem Bericht des Wiener Stadtmagazins Falter neue schwere Vorwürfe gegen die Spitzen der Wiener Polizei. So soll eine Beamtin den Frühpensionsbescheid für einen der verurteilten Polizisten (43) unterfertigt haben, obwohl sie mit diesem eine Beziehung gehabt haben soll, was ein Befangenheitsgrund gewesen wäre.

Im Fall Bakary J. gibt es nach einem Bericht des Wiener Stadtmagazins Falter neue schwere Vorwürfe gegen die Spitzen der Wiener Polizei. So soll eine Beamtin den Frühpensionsbescheid für einen der verurteilten Polizisten (43) unterfertigt haben, obwohl sie mit diesem eine Beziehung gehabt haben soll, was ein Befangenheitsgrund gewesen wäre.

Dabei soll sie ein Gutachten der Versicherungsanstalt (BVA) öffentlich Bediensteter übergangen haben, in dem die Verwendung des Beamten im Innendienst empfohlen wurde. Aufklärungswürdig erscheint in diesem Fall die Rolle von Polizeipräsident Gerhard Pürstl, denn laut Falter erstellte die Beschuldigte den Bescheid "im Auftrag" des Polizeipräsidenten. Die Wiener Polizei gab zunächst keine Stellungnahme ab.

"Die Frühpensionierung und ihre Umstände werden überprüft", sagte dazu am Dienstag der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck. Das Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) wurde eingeschaltet. Bei der Staatsanwaltschaft Wien ist bereits ein Verfahren anhängig, wie ihr Sprecher Thomas Vecsey bestätigte. Als Beschuldigte werden dabei der frühpensionierte Polizist und die Bescheiderstellerin geführt, die Verdachtsmomente lauten laut Falter auf schweren Pensionsbetrug und Amtsmissbrauch.

Die Vorgeschichte im Fall Bakary J.

Im April 2006 fuhren drei Polizisten den aus Gambia stammenden Schubhäftling Bakary J. in eine Lagerhalle, nachdem er sich gegen seine Abschiebung aus Österreich gewehrt hatte, und folterten ihn dort. Ein vierter Polizist öffnete ihnen die Tür und verscheuchte einen Zeugen. Alle vier wurden zu bedingten Haftstrafen verurteilt, nur der vierte nach Zahlung einer Geldstrafe letztlich im Polizeidienst belassen.

Die beiden jetzt Beschuldigten haben bisher - teils über Anwälte - zurückgewiesen, ein intimes Verhältnis miteinander zu haben. Dem Falter liegen nach eigenen Angaben aber Mails der beiden vor, die das Gegenteil belegen würden. Den Verdacht auf Pensionsbetrug legt dem Bericht zufolge nicht nur das offenbar übergangene Gutachten der BVA nahe. Die Beamtin hätte über den wahren Gesundheitszustand des Polizisten Bescheid wissen müssen. Pürstl hat laut dem Wochenmagazin die Pensionierung bewilligt.

Verantwortung bei der Polizei  

Dass der Frühpensionierung ein Erlass des Innenministeriums zugrunde liegt, wie laut Falter von einem Sprecher der Wiener Polizei erklärt wurde, dementierte Grundböck. Es gebe für die Pensionsbescheide eine Vorlagepflicht gegenüber dem Ministerium, das den Akt auf Vollständigkeit und Schlüssigkeit prüfe. Die inhaltliche Verantwortung liege bei der Wiener Polizei, die auch die Diskrepanz zwischen BVA-Gutachten und Beschluss hätte erkennen müssen.

Doch nicht nur der zukünftige Landespolizeipräsident steht in der Kritik, auch einer der beiden designierten Landesvizepolizeipräsidenten: Karl Mahrer befürwortete heuer die Bewerbung des vierten im Fall Bakary J. verurteilten Beamten für einen sogenannten Dienstführenden-Kurs, der ihm den Aufstieg in die mittlere Führungsebene ermöglicht hätte.

Eignung soll nicht gegeben gewesen sein

Laut Grundböck hielt das Innenministerium die persönliche Eignung des Beamten aufgrund seiner straf- und disziplinarrechtlichen Verurteilung nicht für gegeben. Hier habe es einen "Auffassungsunterschied" mit Landespolizeikommandant Mahrer gegeben. Das Auswahlverfahren für die geeigneten Personen für Führungskurse obliege letztlich dem Ministerium.

Unter Berufung auf einen entsprechenden Mailverkehr berichtete der Falter, dass sich Mahrer sehr für den betreffenden Polizisten verwendete. Der Fall sei demnach schon so lange her, die Bewährungsstrafe bald getilgt und der Genannte habe sich "als Leistungsträger profiliert".

Lesen Sie weiter: Das sagt die Wiener Polizei zu dem Fall "Grundsätzlich ist zu sagen: Seit der ersten Minute, seit uns der Fall bekannt ist, hat die Polizeiführung unmissverständlich gesagt, dass das untragbar ist und wir solche Beamte nicht brauchen": So reagierte der Sprecher der Wiener Polizei, Johann Golob, am Dienstag auf die in Zusammenhang mit dem Fall Bakary J. erhobenen Vorwürfe gegen Spitzenbeamte der Exekutive in der Bundeshauptstadt.

Zur Rolle der Beamtin, die den Pensionsbescheid für einen der an der Folterung des gambischen Schubhäftlings beteiligten Polizisten erstellt hat, meinte Golob: "Ihre Rolle ist nicht eine gestaltende, sondern sie hat über Aufträge gehandelt." Aufgrund eines Gutachtens der Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten (BVA), in dem die Verwendung im Innendienst empfohlen wurde, habe es beim Landespolizeikommando eine Arbeitsplatzüberprüfung gegeben, mit dem Ergebnis, dass für den 43-jährigen Polizisten kein Posten vorhanden gewesen sei. "Dann ist die Entscheidung gefallen, das Ruhestandsverfahren einzuleiten", sagte Golob. Auf Nachfrage betonte er, dass das Innenministerium diese Entscheidung getroffen habe.

Zur Kritik an Landespolizeikommandant Karl Mahrer, der die Bewerbung für den Dienstführenden-Kurs des vierten verurteilten Beamten befürwortet habe, sagte Golob: "Das ist eine prinzipielle Frage, ob man einen Beamten Jahre nach dem Fall in aller Hinkunft von einem Führungskräftekurs ausschließen soll." Der Betreffende sei verurteilt worden, weil er nicht gegen die eigenen Kollegen eingeschritten sei. Er werde nur mehr im Innendienst verwendet, und es hätte auch bei der Zulassung zum Kurs die Einschränkung gegolten, dass er weiter nur im Innendienst ohne Parteienverkehr tätig sei.

Innenministerium weist Aussagen zurück

Das Innenministerium hat am Nachmittag die Darstellung der Bundespolizeidirektion Wien erneut zurückgewiesen, wonach die Entscheidung für das Ruhestandsverfahren vom Ressort gekommen sei. "Die inhaltliche Entscheidung ist Sache der dienstführenden Behörde, also der Bundespolizeidirektion Wien." Es gebe gegenüber dem Ministerium nur eine Vorlagepflicht, um die Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Aktes zu gewährleisten