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Wegen Schleierpflicht sagt Schach-Weltmeisterin ab

Saudi-Arabien ist dieser Tage Gastgeber für ein hochkarätiges Schachturnier. Einige der bedeutendsten Spieler sagten den Event jedoch ab.

Heute Redaktion
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Schach-Doppelweltmeisterin Anna Musytschuk.
Schach-Doppelweltmeisterin Anna Musytschuk.
Bild: Screenshot Facebook

In der saudi-arabischen Hauptstadt Riad findet seit Dienstag das Schachturnier Rapid and Blitz statt. Die Schnellschach-Weltmeisterschaft ist für die Spieler eines der wichtigsten Turniere im Jahr und dieses Mal winken besonders hohe Preisgelder. Kronprinz Mohammed bin Salman hat sich mit 1,5 Millionen Dollar beteiligt. So großzügig war bisher kein Gastgeber. Trotzdem fehlen einige der großen Namen beim diesjährigen Event, wie der "Independent" berichtet.

So gab etwa die ukrainische Schach-Doppelweltmeisterin Anna Musytschuk via Facebook bekannt, wegen der strengen Vorschriften für Frauen im Königreich nicht am Turnier teilnehmen zu wollen. Frauen müssen in Saudi-Arabien mit einer Abaya von Kopf bis Fuß verschleiert sein und dürfen nicht ohne männliche Begleitung in die Öffentlichkeit.

Ich verliere meinen Weltmeistertitel

"In ein paar Tagen werde ich meine beiden Weltmeistertitel verlieren. Und das nur, weil ich mich entschieden habe, nicht nach Saudi-Arabien zu reisen. Nicht nach deren Regeln zu spielen, keine Abaya zu tragen, nicht nur in Begleitung rauszugehen und mich insgesamt nicht wie eine Kreatur zweiter Klasse zu fühlen", schrieb die 27-jährige Musytschuk.

"Grundlegende Menschenrechte nicht geachtet"

Der Verband erklärte, das Tragen des traditionell islamischen Kopftuches sei für Spielerinnen während der Partien nicht nötig. Es reiche, wenn Frauen in zugeknöpften weißen Blusen erscheinen würden. Die Abaya müsse nur getragen werden, wenn Frauen den Veranstaltungsort verließen.

Schon vor mehreren Wochen hatte auch der Schach-Großmeister Hikaru Nakamura aus den USA seine Teilnahme abgesagt — aus ähnlichen Gründen. "Ein Schachturnier in einem Land auszutragen, in dem grundlegende Menschenrechte nicht geachtet werden, ist grausam", schrieb Nakamura auf Twitter.

Israelis ausgeschlossen

Musytschuk und Nakamura sind nicht die einzigen Schachmeister, die am Rapid and Blitz 2017 nicht anwesend sein werden: Saudi-Arabien weigerte sich etwa, sieben israelischen Spielern Visa für das bis Samstag dauernde Turnier auszustellen. Als Begründung für die Entscheidung gab Fatimah S. Baeshen, Sprecherin des saudischen Botschafters in den USA, die fehlenden diplomatischen Beziehungen zwischen den Ländern an.

Auch Spielern aus dem Iran und dem Golfstaat Katar wollte Saudi-Arabien zunächst keine Einreiseerlaubnis erteilen, lenkte laut Fide jedoch später ein.

Kein Schach für Muslime

Muslimen ist das Schachspiel eigentlich seit fast zwei Jahren durch eine Fatwa verboten: Großmufti Abdelasis al-Sheikh hatte das Spiel zur Sünde erklärt. Schach führe etwa zu "Zeitverlust und könne Rivalitäten zwischen Spielern" verursachen.

Dass der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman sich darum bemüht hat, das Schachturnier im Land austragen zu lassen, wird als weiteres Zeichen seines Modernisierungskurses im ultrakonservativen Königreich gedeutet. Und da die Weltmeisterschaften im Schnell- und Blitzschach für Männer und Frauen (4 Turniere) sehr schwer unterzubringen sind für den Weltschachbund Fide, kamen Kronprinz bin Salman und Saudi-Arabien gerade recht. Im vorigen Jahr sprang Katar kurzfristig ein.

Vor kurzem hatte Saudi-Arabien angekündigt, sich im kommenden Jahr dem Tourismus zu öffnen. In den vergangenen Monaten wurde darüberhinaus die Aufhebung des Fahrverbots für Frauen ab Juni kommenden Jahres beschlossen, außerdem wurde das Kinoverbot aufgehoben.

(red)

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